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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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ich so ruhig ich konnte. »Ich war an eurem Altar.«
    »Wer dem Kreuz nicht folgt, muss den wahren Tod sterben«, rief Gamma.
    »Aber er folgt dem Kreuz«, sagte Alpha. »Er hat im Saal gebetet.«
    »Das kann nicht sein«, sagte Zed. »Die Fünf Dutzend und Zehn beten dort, und er gehört nicht zu den Fünf Dutzend und Zehn.«
    »Wir haben schon vorher gewusst, dass er nicht zu den Fünf Dutzend und Zehn gehört«, sagte Alpha mit leicht gerunzelter Stirn, während er über das Konzept der Vergangenheit nachdachte.
    »Er gehört nicht zur Kruziform«, sagte Delta-Zwei.
    »Wer nicht zur Kruziform gehört, muss den wahren Tod sterben«, sagte Beta.
    »Er folgt dem Kreuz«, sagte Alpha. »Kann er nicht zur Kruziform gehörig werden?«
    Ein Aufschrei wurde laut. Im allgemeinen Wirrwarr und Gedränge wehrte ich mich gegen die Hände, aber sie ließen nicht locker.
    »Er gehört nicht zu den Fünf Dutzend und Zehn und nicht zur Kruziform«, sagte Beta, die sich jetzt mehr verwirrt denn
feindselig anhörte. »Wie kann es sein, dass er nicht den wahren Tod sterben soll? Wir müssen die Steine nehmen und seine Kehle aufschlitzen, damit das Blut herausfließt, bis das Herz stillsteht. Er gehört nicht zur Kruziform.«
    »Er folgt dem Kreuz«, sagte Alpha. »Kann er nicht zur Kruziform gehörig werden?«
    Dieses Mal wurde die Frage mit Schweigen beantwortet.
    »Er folgt dem Kreuz und hat im Saal der Kruziform gebetet«, sagte Alpha. »Er darf den wahren Tod nicht sterben.«
    »Alle sterben den wahren Tod«, sagte ein Bikura, den ich nicht erkannte. Meine Arme taten weh, weil ich das Kruzifix immer noch über den Kopf hielt. »Außer den Fünf Dutzend und Zehn«, schloss der anonyme Bikura.
    »Weil sie dem Kreuz gefolgt sind, in dem Saal gebetet haben und zur Kruziform gehörig wurden«, sagte Alpha. »Muss dann nicht auch er zur Kruziform gehörig werden?«
    Ich stand da, hielt fest das kalte Metall des kleinen Kreuzes umklammert und wartete auf ihr Urteil. Ich hatte Angst vor dem Sterben, aber der größere Teil meines Verstands schien beinahe unbeteiligt zu sein. Das Schlimme war, dass ich die Nachricht von der Basilika nicht dem ungläubigen Universum kundtun konnte.
    »Kommt, wir werden darüber reden«, sagte Beta zu der Gruppe, dann zerrten sie mich mit sich, als sie schweigend ins Dorf zurückkehrten.
    Sie haben mich in meiner Hütte eingesperrt. Ich hatte keine Gelegenheit, nach dem Jagdstrahler zu greifen; einige haben mich festgehalten, während andere den größten Teil meines Besitzes aus der Hütte entfernten. Sie haben mir meine Kleidung weggenommen und mir dafür eines ihrer groben Gewänder gebracht, um mich zu bedecken.
    Je länger ich hier sitze, desto wütender und ängstlicher werde ich. Sie haben mein Komlog mitgenommen, den Scanner,
Discs, Chips – alles. Ich habe eine ungeöffnete Kiste mit medizinischen Diagnosegeräten am alten Lagerplatz stehen, aber damit kann ich das Wunder in der Kluft nicht im Bild festhalten. Wenn sie zerstören, was sie mitgenommen haben – und mich anschließend ermorden –, existieren keine Aufzeichnungen mehr von der Basilika.
    Wenn ich eine Waffe hätte, könnte ich die Wachen töten und …
    Großer Gott, was denke ich da? Edouard, was soll ich nur tun?
    Und selbst wenn ich dies überlebe – es nach Keats zurück schaffe – eine Rückreise ins Netz arrangiere – wer würde mir glauben? – nach neunjähriger Abwesenheit von Pacem aufgrund der Zeitschuld des Sprungs – nur ein alter Mann, der mit denselben Lügen zurückkehrt, deretwegen er verbannt wurde.
    Lieber Gott, wenn sie die Daten zerstören, sollen sie auch mir ein Ende bereiten.
     
    TAG 110:
    Nach drei Tagen haben sie über mein Schicksal entschieden.
    Zed und der andere, den ich als Theta-Primus bezeichne, kamen kurz nach Mittag, um mich zu holen. Ich blinzelte, als sie mich ins Licht hinausführten. Die Fünf Dutzend und Zehn standen in einem großen Halbkreis beim Klippenrand. Ich rechnete damit, dass sie mich in den Abgrund werfen würden. Dann bemerkte ich das Feuer.
    Ich hatte angenommen, die Bikura wären so primitiv, dass sie die Kunst des Feuermachens verlernt hatten. Sie wärmten sich nicht mit Feuer, ihre Hütten waren immer dunkel. Und ich habe sie nie eine Mahlzeit kochen oder braten sehen, nicht einmal den seltenen Kadaver eines Baumaffen. Aber jetzt brannte das Feuer lichterloh, und sie waren die einzigen,
die es entfacht haben konnten. Ich sah nach, was den Flammen Nahrung gab.
    Sie

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