Die Hyperion-Gesänge
schwankte einen Moment lang, bis er in der simulierten Schwerkraft auf die Füße kam, und ging vorsichtig zum Flügel. Dort blieb er einen Augenblick stehen
und sah zum Balkonfenster hinaus auf den schwarzen Himmel und das noch gleißende Rund des Planeten, der hinter ihnen zurückblieb. »Vielleicht nicht«, sagte er. »Vielleicht nicht.«
38
Heute kamen wir in das sumpfige Ödland, in dem ich die Campagna erkannte – und um das zu feiern, hatte ich einen erneuten Hustenanfall, der damit endete, dass ich wieder Blut erbrach. Viel mehr Blut.
Leigh Hunt ist außer sich vor Sorge und Hilflosigkeit, und nachdem er während des Anfalls meine Schultern gehalten und mir geholfen hat, meine Kleidung mit einem im nahen Bach befeuchteten Tuch zu säubern, fragt er: »Was kann ich tun?«
»Blumen auf den Feldern pflücken«, keuche ich. »Das hat Joseph Severn getan.«
Er wendet sich wütend ab und merkt nicht, dass ich selbst in einem erschöpften, fiebrigen Zustand nur die Wahrheit sage.
Der kleine Wagen und das müde Pferd schleppen sich mit mehr schmerzhaftem Holterdipolter als zuvor durch die Campagna. Am Spätnachmittag sehen wir Skelette von Pferden am Wegesrand, dann die Ruinen eines alten Gasthauses, dann die eindrucksvollere Ruine eines von Moos überwucherten Viadukts, und schließlich Pfosten, an die weiße Stöcke genagelt zu sein scheinen.
»Was, um alles in der Welt, ist das?«, fragt Hunt, dem die Ironie dieses uralten Brauchs entgeht.
»Die Gebeine von Banditen«, antworte ich wahrheitsgemäß.
Hunt sieht mich an, als wäre mein Verstand der Krankheit erlegen. Vielleicht ist es so.
Später lassen wir die Sumpflandschaft der Campagna hinter uns und erblicken flüchtig etwas Rotes, das sich weit draußen auf den Feldern bewegt.
»Was ist das?«, verlangt Hunt eifrig und voller Hoffnung zu wissen. Ich weiß, er rechnet damit, jeden Moment Menschen zu sehen – und einen Augenblick später ein funktionierendes Farcasterportal.
»Ein Kardinal«, sage ich, was wieder die Wahrheit ist. »Er schießt Vögel.«
Hunt klinkt sich in sein armes, verkrüppeltes Komlog ein. »Ein Kardinal ist ein Vogel«, sagt er.
Ich nicke und sehe nach Westen, aber das Rot ist fort. »Aber auch ein Geistlicher«, sage ich. »Wir nähern uns Rom, wissen Sie.«
Hunt betrachtet mich stirnrunzelnd und versucht zum tausendsten Mal, jemand über die Komkanäle zu erreichen. Der Nachmittag ist still, abgesehen vom rhythmischen Knirschen der Holzräder der vettura und dem Trällern eines fernen Singvogels. Möglicherweise eines Kardinals?
Wir betreten Rom, als die erste Abendröte die Wolken färbt. Der kleine Wagen rumpelt und holpert durch das Lateran-Tor, und wir werden fast augenblicklich mit dem Anblick des Kolosseums konfrontiert, das von Efeu überwuchert und offensichtlich das Zuhause von Tausenden von Tauben ist, aber dennoch unendlich eindrucksvoller als Holos der Ruine, da es jetzt, wie einst, nicht inmitten einer Nachkriegsstadt mit gigantischen Arkologien steht, sondern in schroffem Kontrast zu kleinen Hütten und offenen Feldern, wo die Stadt aufhört und das Land anfängt. Ich kann das eigentliche Rom in der Ferne erkennen, eine Ansammlung von Dächern und kleineren Ruinen auf den legendären sieben Hügeln, aber hier herrscht das Kolosseum.
»Mein Gott«, flüstert Leigh Hunt. »Was ist das?«
»Die Gebeine von Banditen«, sage ich langsam und voller Angst, ich könnte wieder einen schrecklichen Hustenanfall auslösen.
Wir ziehen weiter durch die Straßen des Rom auf der Alten Erde, wie es im neunzehnten Jahrhundert war, während sich der Abend schwer und erstickend um uns herum niedersenkt und das Licht schwächer wird und Tauben über den Kuppeln und Dächern der ewigen Stadt kreisen.
»Wo sind denn alle?«, fragt Hunt. Er hört sich ängstlich an.
»Nicht hier, weil sie nicht gebraucht werden«, sage ich. Im Zwielicht der Stadtschluchten klingt meine Stimme schneidend. Die Räder rollen jetzt über Kopfsteinpflaster, die kaum glatter als die wahllosen Steine des Feldwegs sind, den wir eben hinter uns gelassen haben.
»Ist das eine Art Stimsim?«, fragt er.
»Halten Sie den Wagen an«, sage ich, und das gehorsame Pferd bleibt stehen. Ich deute auf einen großen Steinblock am Rinnstein. »Treten Sie dagegen«, sage ich zu Hunt.
Er sieht mich stirnrunzelnd an, geht zu dem Stein und versetzt ihm einen herzhaften Tritt. Weitere Tauben flattern von Glockentürmen und Efeu in die Höhe, weil die Echos
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