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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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schwebte über uns. Da in den Gewässern des Karibischen Meeres unter den Menschen das Wolfsgesetz herrschte, betrachteten wir jene fremden Ankömmlinge von dem brennenden Schiff von vornherein als Feinde und als Quelle der Angst.
    Das wichtigste war, zu erkunden, wer sie seien und welche Absichten sie hegten. Im Schutz des Gebüsches pirschten wir uns bis auf hundertfünfzig Schritt an ihr Lager heran und hockten im dichten Strauchwerk nieder. Von hier sahen wir alles ganz genau. Für alle Fälle hatten wir Bogen und vergiftete Pfeile bei uns.
    Wir zählten dreiundzwanzig Mann. An der Kleidung erkannte ich, daß es weder Engländer noch Holländer waren. Die Abfahrt des Piratenschiffes beruhigte sie ein wenig; doch bald sprachen sie erregt miteinander und gerieten, wie wir sehen konnten, in einen hitzigen Streit. Die einen wiesen schreiend nach Norden, wo sich am Horizont die Gipfel der angeblichen Insel Margarita abzeichneten, die anderen streckten die Arme nach der entgegengesetzten Richtung aus, dem Festlande zu. Es fiel uns leicht, die Ursache ihres Streites zu
    erraten, und wir freuten uns unbändig, daß die Fremden beabsichtigten, die Insel zu verlassen.
    Ein wenig abseits von der Hauptgruppe bemerkten wir die zusammengestellten Feuerwaffen. Es befanden sich dort ungefähr ein Dutzend Gewehre verschiedener Art, darunter auch Musketen von großer Reichweite. Begehrlich betrachtete ich diese Schätze, von denen ich seit einem Jahr vergebens träumte; unwillkürlich überlegte ich, wie ich sie mir aneignen könnte.
    Trotz meiner Erklärung, ich hielte die Ankömmlinge für Feinde, kam mir der irrsinnige Gedanke, zu ihnen zu gehen und mit ihnen zu sprechen. Seit so langer Zeit von den Menschen meiner Welt abgeschnitten, wünschte ich mir sehnlichst, mit ihnen zusammenzukommen. Ich verging vor Neugier darüber, wie sie mich empfangen würden. Engländern gegenüber hätte ich nicht lange gezögert. Das waren aber keine Engländer. Einer von ihnen, der so laut schrie, daß seine Worte bis zu unserem Versteck drangen, zerstreute alle Zweifel: Es waren Spanier, Menschen, vor denen sich meine indianischen Kameraden und auch ich selbst wie vor dem Feuer in acht zu nehmen hatten.
    Den verlockenden Anblick der Schußwaffen vor mir, beobachtete ich aufmerksam das Verhalten der Spanier. Ich fühlte nicht, wie Arnak mich sanft in die Seite stieß.
    „Jan!" flüsterte schließlich der Indianer. „Sieh dorthin, aufs Wasser!"
    „Aufs Wasser?"
    „Siehst du nichts?"
    „Ich sehe zwei Boote."
    „Ganz recht, zwei Boote."
    Er sagte das in so erregtem Ton, daß ich seinen Gedankengang sofort erriet. Ein umsichtiger Bursche, dieser Arnak, das mußte man sagen! Er hatte seine Augen überall. Während ich die Waffen mit begehrlichen Blicken verzehrte, dachte er an wichtigere Dinge, und zwar daran, wie wir von der Insel loskämen. Dort waren zwei mit Segeln ausgerüstete Boote, davon das kleinere wie geschaffen für unsere Zwecke. Aber auf welche Weise könnten wir es an uns bringen? Mit dem Bug lag es zur Hälfte auf den Sand gezogen; daneben saßen am Ufer die Menschen. Eine Maus wäre nicht unbeobachtet hingelangt, um wieviel weniger ein Mensch! Die zweite Schaluppe, umfangreicher und mit größerem Tiefgang, hatte man einige Klafter vom Ufer entfernt verankert.
    „Das Boot könnten wir gut gebrauchen", sagte ich mehr zu mir selbst als zu meinen Gefährten. „Es ist aber nicht erreichbar."
    Der Tag neigte sich dem Abend zu. Am nordöstlichen Horizont erschien über dem Ozean eine schwarze Gewitterwolke. Die Regenperiode schickte uns täglich dichten Platzregen.
    Sobald die Spanier das nahende Gewitter bemerkten, holten einige von ihnen Beile und Messer und liefen in den Busch. Kaum konnten wir uns heimlich davonmachen. Im Dickicht ließ sich das Echo von Schlägen vernehmen. Bald darauf schleppten die Leute Stämme und große Äste herbei, aus denen sie am Rande des Dickichts drei geräumige offene Schuppen errichteten. Als sie die Arbeit beendet hatten, fielen bereits die ersten großen Tropfen auf Blattwerk und Sand. Im Nu trugen sie die Waffen und jeder sein Bündel unter das Dach, unter dem sie auch selbst Schutz suchten.
    Es war Abend. Ein schweres Gewitter ging nieder; die See tobte, und der Sturm heulte. Vereinsamt lagen die Boote da. Die Spanier hatten keine Wache gestellt, da sie überzeugt waren, die Insel sei unbewohnt. Die Schuppen standen nicht weiter als zwanzig Schritt vom Ufer entfernt, doch der dichte

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