Die Insel und ich
Feuer hat er zweimal ausgehen lassen.»
«Was macht Margar?» fragte ich.
«Sie raucht und spricht mit den Gästen», sagte Joan. «Sie hat sich angeboten, Don bei den Sandwiches zu helfen, aber er hat ihr geantwortet, er wolle die ganze Geschichte alleine machen!»
«Findest du, wir müßten Margar von dem Hühnermist erzählen, Mommy?»
«Don soll’s ihr sagen», lachte ich. «Er ist schließlich der Chef de cuisine .»
«Je, es ist fast halb drei», sagte Joan mit einem Blick auf meine Uhr. «Hach, wie ich das liebe, so lange aufzubleiben!»
«Meint ihr nicht, ihr solltet jetzt lieber zu Bett gehen?» fragte ich besorgt.
«Du hast gesagt, am Silvesterabend dürften wir so lange aufbleiben wie wir wollten», sagte Anne und gähnte.
«Ich weiß», sagte ich, «aber seid ihr denn gar nicht müde?»
«Bißchen», sagte Anne. «Aber wir wollen nicht eher zu Bett gehen, als bis wir gesehen haben, wie die Leute die greulichen Sandwiches essen. Mommy, geht’s dir schon besser?»
«Viel besser», sagte ich.
«Na, dann wollen wir das Sandwich hier lieber ins WC werfen, ehe du uns wieder krank wirst», sagte sie und kicherte. Und so zogen sie ab, sich windend vor Lachen.
Was die Mädchen auch furchtbar amüsiert hat, war die «Truthahn-Quetsche», die Don eines Tages bei einem obskuren kleinen Messerschmied entdeckte. Er holte mich beim Zahnarzt ab und berichtete mir mit dem verzückten Blick eines Mannes, auf dessen Feld gerade eine Ölquelle gefunden wurde: «Ich muß dir was zeigen! Etwas Großartiges!»
Wir fuhren in die Stadt, und nachdem er den Wagen geparkt hatte, nahm er meinen Arm und führte mich in das Winkellädchen. Der Besitzer, ein rothaariger kleiner Mann, sagte: «Aha, das ist sie» und verschwand hinter einem dunkelgrünen Türvorhang. Nach ein paar Minuten kam er mit einer Planke angeschwankt, die etwa so groß wie eine Tür war, und an deren Ende eine große blanke Maschine angeschraubt war. Er legte die Planke behutsam über den Ladentisch und fragte: «Was sagen Sie dazu ?»
«Was ist das?» fragte ich ungerührt.
«Was es ist?» wiederholte er verächtlich. «Was es ist? Na, natürlich ist es ein Tranchierbrett. Sie brauchen nur den Vogel hier hinzulegen, die Klammern herunterlassen, das Gewinde hier einstellen, die Schraube drehen, die Sprungfeder lösen – und das Tier kann zerlegt werden.»
Dons Gesicht strahlte von jener Besessenheit, die alle Liebhaber «praktischer» Patentartikel kennzeichnet.
«Ist es nicht prima?» fragte er. «Genau das, was wir brauchen!»
Ich nahm mein reines Taschentuch aus der Handtasche, wischte eine dicke Staubschicht ab und fragte: «Scheint nicht sehr oft verlangt zu werden?»
«Es ist ein seltenes Stück», erwiderte er hastig. «Alles handgemacht.»
«Scheint mir recht kompliziert», sagte ich, «wenn man bloß einen Truthahn zerlegen will.»
«Kompliziert?» riefen Don und der kleine Messerschmied wie aus einem Munde. «Es ist doch nicht kompliziert, sondern kinderleicht zu handhaben.»
«Wieviel kostet es?» fragte ich argwöhnisch.
«Nur fünfundzwanzig Dollar», sagte der kleine Mann geschmeidig, und als seien fünfundzwanzig Dollar gar nichts. «Fünfundzwanzig Dollar?» rief ich. «Da käm’s uns aber billiger, die Truthühner nach Frankreich zu schicken und sie dort zerlegen zu lassen.»
«Es ist teuer», gab Don ernsthaft zu und streichelte das Tranchierbrett, «aber es ist sehr schön gearbeitet und hält ewig.»
«Es würde auch ewig halten, wenn’s aus Seidenpapier wäre, weil kein Mensch es je benutzen würde,» rief ich verächtlich. «Und außerdem können wir es uns nicht leisten.»
«Ich weiß», sagte Don traurig. «Ich wollt’s dir bloß mal zeigen.»
Als ich dem kleinen Messerschmied triumphierend guten Tag sagte und ihm für seine Mühe dankte, kam es mir vor, als sähe er schlau drein.
Ich dachte überhaupt nicht mehr an das Tranchierbrett, bis ich am Weihnachtsmorgen die Treppe herunterkam und unter dem Weihnachtsbaum – auf meinem Platz! – eine Kiste sah, die so groß wie ein Kindersarg war, und die nur die Truthahn-Quetsche enthalten konnte. Und es auch tat.
Da außer den erwarteten zwanzig Weihnachtsgästen noch etwa vierzig «überraschend» kamen, paßten wir nicht genug auf den Weihnachts-Truthahn auf, und obwohl er fast so groß wie ein Vogel Strauß war, zerfiel er beinahe. Mit Schaufeln bewaffnet, bugsierten Anne, Joan und ich ihn hinüber auf die Truthahn-Quetsche. Nachdem wir ihn ein bißchen
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