Die Insel und ich
stieg vorsichtig aus dem Bett und spähte aus dem Fenster. Querüber in der Hängematte lag Old-Buddy, ein weißes Ziegenfell um den Hals gewürgt, und vor ihm kniete einer der Marineoffiziere und spielte ihm etwas vor, während der andre ihm den Kopf stützte und ihm einen Gin-Fizz einflößte.
Anne, Joan und Mary kamen mit dem Kaffee. Anne sagte: «Trink mal schnell eine Tasse, Mommy, und mach dich zurecht, der Oberleutnant und ich haben das Frühstück gleich fertig. Wir machen Buttermilch-Pfannkuchen und Würstchen.»
Joan fragte: «Wie heißt der mit der Gitarre, Tante Mary?»
«Johnny», sagte Mary.
«Johnny und ich fahren also gleich nach dem Frühstück los, Seezungen stechen.»
Mary zündete sich eine Zigarette an und sagte: «Es ist himmlisch hier draußen bei euch, Betty. So geruhsam!»
Telefonfreundschaften
Ich telefoniere nur ungern, und die unbekümmerte Eleganz, mit der die meisten Leute sich dem Telefon nähern, ist mir nicht gegeben. Meine Schwester Mary zum Beispiel läßt sich auf jede Telefonunterhaltung mit dem Eifer einer Schlittschuhläuferin ein, die einen weiten zugefrorenen See vor sich sieht, und gleitet nun mühelos von der Dummheit der Verleger zu Fasan in saurer Sahne zu den Gefahren eines neuen Heilmittels zu den Missetaten ihres letzten Dienstmädchens – und das zwei Stunden lang, und ohne einmal Atem zu schöpfen!
Eine Geschichte, die meine Schwester Dede besonders gern erzählt, handelt von Mary und dem Telefon. Dedes kleiner Sohn, der zweite, hatte gerade einen Asthmaanfall, und daher rief Dede – wie wir das alle zu tun gewöhnt sind – bei Mary an, um ihre Teilnahme und ihren Rat zu erbitten. Mary nahm den Anruf im Schlafzimmer ab, wo sie ohnehin meistens ihre medizinischen und psychiatrischen Sprechstunden abhält. Noch ehe Dede halb fertig war mit den Symptomen, hatte Mary bereits die Diagnose gestellt und verkündete die Behandlung: «Du mußt
1. alles Wollzeug aus seinem Zimmer entfernen,
2. allen Staub aus dem Zimmer entfernen,
3. Wände und Holzwerk abseifen,
4. eine Allergie-Matte auf die Matratze legen,
5. eine Allergie-Matte aufs Kopfkissen legen,
6. alles Spielzeug fortnehmen, das allergisch wirken könnte,
7. das Kind ruhen lassen,
8. dem Kind im Laboratorium Injektionen geben lassen,
9. welches kleine Ferkel hat Krebse in meinen Papierkorb geworfen?»
Wenn ich den Hörer abhebe, bekomme ich sofort Großhirnverstopfung, und Ferngespräche wirken sich ungünstig auf meine Stimmbänder aus, so daß derjenige, dem ich antworte, annehmen muß, er sei irrtümlicherweise mit dem Schaukelstuhl auf der Veranda verbunden worden.
Und trotzdem, kaum telefoniere ich mal, schon taucht Don neben mir auf und wirft mir dauernd vorwurfsvolle Blicke zu, die besagen sollen, daß meine Leichtfertigkeit seinen wichtigen Anruf an XYZ verhindert. Kaum gewahre ich Don von weitem, so versuche ich daher schon, das Gespräch abzubrechen, aber er will selten telefonieren, sondern mir nur klarmachen, daß er es mißbilligt, wenn Frauen mit Frauen telefonieren. Das ist ein bei Ehemännern recht häufiges Leiden, wie ich hörte, besonders bei Elizabeth Wheatons Mann Everett, der das Telefon eines schönen Tages bei der Kehle packte, es mit Stumpf und Stiel aus der Wand riß und zum Fenster hinauswarf, das nicht offenstand.
Ich kann mich nicht mehr recht entsinnen, wie ich eigentlich an Elizabeth Wheaton und ihre ganze Familie geriet, an Everett, ihren Mann, und Klein Donny und Klein Gail und den kleinen P. J. (der nach seinem Großvater Percival Jarrod getauft wurde, weil Everett es durchaus wollte, aber der Name ist so häßlich, daß das Kind nur bei den Anfangsbuchstaben gerufen wird), und Baby (Elizabeth junior). Ich glaube, auch daran waren meine Schwester Mary und das Telefon schuld. Jedenfalls war Elizabeth schrecklich nervös und abgearbeitet und weinte immerzu, und die Kinder machten samt und sonders die Bettchen naß und die Hosen naß, und ihr Mann Everett besaß ein fabelhaft großes Boot, obwohl Elizabeth nicht mal eine Waschmaschine besaß, und Mary dachte, wenn ich ihnen eine Unterkunft in unsrer Bucht besorgen könnte, dann würden sie gewissermaßen alle trocken und munter werden. Mary dachte auch, ich könnte Elizabeth vielleicht beibringen, mit dem Haus und sich selbst zu Rande zu kommen und die Kinder zu erziehen. Sie war nämlich fabelhaft intelligent, aber gar nicht praktisch.
Glücklicherweise konnte ich in unsrer Bucht kein
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