Die IQ-Kids und die geklaute Intelligenz (German Edition)
Mitarbeiter von Biokids und die Schüler vom Ferienkurs verhielten sich ihnen gegenüber etwas entspannter, aber trotzdem traute sich niemand, ihnen zu nahe zu kommen. Nachdem Raggi die Säule zerstört hatte, wagte sich keiner mehr näher als zehn Meter an die Grundstücksgrenze heran. Die Bauarbeiter wunderten sich immer noch über die ganze Geschichte und riefen den Leuten, die sie draußen sahen, etwas zu. Meistens ging es darum, dass sie ihren Stahlwinkel zurückhaben wollten. Das führte dazu, dass alle, denen sie etwas zuriefen, so schnell wie möglich ins Haus rannten und es nur noch durch die Hintertür verließen.
Bevor der Unterricht begann, wechselte Magga ein paar Worte mit Raggi. Sie zog ihn in eine Ecke des Klassenraums, damit die anderen nicht hörten, worüber sie sprachen.
„Tu mir einen Gefallen“, sagte sie mit ernstem Gesicht. Raggi zuckte die Achseln – er wollte nichts versprechen, bevor er gehört hatte, worum es ging. Vielleicht wollte sie ihn bitten, mit ihr an einem Tanzwettbewerb teilzunehmen, und da wollte sich Raggi nicht mit einem einfach so dahergesagten Ja verpflichten. Bei Mädchen musste man vorsichtig sein.
„Also, ich wollte dich bitten, mal einen Tag lang, nur für heute, kein Aufsehen zu erregen. Wenn du das schaffst, verspreche ich dir, auch was für dich zu tun. Zum Beispiel heute Abend Dr. Guðgeir nachzuspionieren.“
„Was?“, fragte Raggi verblüfft. „Ihm nachzuspionieren?“ Er hatte so viel über den zerrissenen Zettel nachgedacht, dass er Dr. Guðgeirs Verabredung am Öskjuhlíð-Hügel total vergessen hatte.
„Ja, du weißt schon. Hüpfer, erinnerst du dich?“ Auch wenn Magga es nicht zugab, war sie ziemlich beunruhigt darüber, dass ihr Name auf dem Zettel gestanden hatte, und wollte dieses mysteriöse Treffen unbedingt belauschen. Sie hoffte, dabei würde sich herausstellen, dass Dr. Guðgeir nur einen alten Freund traf oder sonst etwas Normales tat.
Raggi überlegte. Er traute sich durchaus zu, einen Tag zu überleben, ohne etwas anzustellen. Aber vielleicht gab es ja etwas anderes, das er im Gegenzug lieber hätte. Ihm fiel nichts ein. „Okay“, sagte er nach kurzer Bedenkzeit, „dann kommst du heute Abend mit, abgemacht?“
„Ja, ja, und du hältst dich an dein Versprechen, okay?“
Raggi stimmte zu und bemühte sich wirklich, sich gut zu benehmen. Als es auf die Mittagspause zuging, war er Georg kein einziges Mal ins Wort gefallen, obwohl der irgendwas Todlangweiliges über Buchhaltung und Geldkram erklärte. Raggi hatte sogar aktiv an der Gruppenarbeit teilgenommen, bei der sie die Aufgabe hatten, eine ausgedachte Firma zu gründen. Sie sollten aufschreiben, um welche Art von Betrieb es sich handelte, wie viele Mitarbeiter man dafür brauchte, welche Rohstoffe und Maschinen man benötigte, um die Ware zu produzieren, und welche Gebäude man brauchte. Sie waren kurz davor, sich zu streiten, als es darum ging, was die Firma machen sollte. Magga wollte eine Firma gründen, die schnellwachsende Nahrungsmittel für die Dritte Welt produzierte, Arnar wollte Stereoanlagen bauen und Anna Lísa einen Klamottenladen eröffnen. Das war zwar Quatsch, da ein Klamottenladen nichts produzierte, aber sie beharrte darauf. Raggi hatte die beste Idee – fand er zumindest. Er wollte eine Druckerei aufbauen und Euros produzieren. Als Magga ihm einen bösen Blick zuwarf und ihn darauf hinwies, dass das illegal sei, versuchte er, ihr klarzumachen, dass genau das das Geniale dabei wäre, denn in Island dürfe man nur kein isländisches Geld fälschen. Sie könnten jede Menge Euros drucken, und es gäbe keine ausländische Polizei, die sie beschlagnahmen würde. Die isländische Polizei wüsste noch nicht mal, wie Euros aussähen. Magga bremste ihn und sagte, Geldfälschung sei illegal, auch wenn es sich um eine ausländische Währung handele. Wenn Raggi ihr nicht versprochen hätte, sich zusammenzureißen, hätte er Georg gerufen und ihm die Entscheidung überlassen. Stattdessen gab er seine geniale Idee auf und schlug eine Panzerfabrik vor. Am Ende machte Arnars Stereoanlagenfirma das Rennen.
Als sie fünfzehntausend Leute in der Fabrik eingestellt hatten, die schon die Fläche eines ganzen Vororts einnahm, läutete Georg die Mittagspause ein. Alle sollten aufstehen und sich strecken. Dann fragte er seine Schüler, ob sie fünf Minuten ihrer Mittagspause dafür opfern wollten, Entspannungsübungen zu lernen, aber keiner interessierte sich dafür. Sie
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