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Die irische Meerjungfrau

Die irische Meerjungfrau

Titel: Die irische Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Roemer
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sicher?«
    »So sicher wie Sie Journalist sind.« Dermot Keelan war stehengeblieben und sah sein Gegenüber herausfordernd an.
    Fin sah nur einen Weg, das Misstrauen des Pfarrers zu zerstreuen – er beschloss einen Köder auszuwerfen und abzuwarten, was passierte.
    »Shergar.«
    Es funktionierte. Das Stichwort zauberte so etwas wie Entwarnung auf Dermot Keelans Gesicht. »Shergar …« Er schob das Wort in seinem Mund hin und her wie ein Lutschbonbon. »Hab ich lange niemanden mehr drüber reden gehört.«
    »Ich bitte Sie, Sie haben eine selbsternannte Expertin unten im Dorf.«
    »Ah, Nora Nichols, richtig. Sie haben sie kennengelernt?«
    »Aber hallo …« Jetzt war das Lächeln auf Fins Seite. »Glauben Sie, an ihrem Gerede ist was dran? Ich meine, wenn man die Feen und Elfen weglässt?«
    Sie hatten den Friedhof durchquert und steuerten auf die kleine Kirche zu, die sich in der äußersten Ecke der Einfriedung an den Hügel schmiegte. Kirche war vielleicht übertrieben, Kapelle traf es eher. Es war ein einfacher, neoromanischer Bau aus grauem Granit, rund hundert Jahre alt, in seiner massiven Gestalt nicht eben eine Schönheit, aber zweckmäßig und trotz rauen Seeklimas und überwiegend heidnischer Nachbarschaft in bemerkenswert gutem Zustand.
    »Sie meinen, ob die Keanes etwas damit zu tun hatten?«, fragte Vater Keelan. »Wenn ich mich recht entsinne, liegt die Geschichte mehr als zwanzig Jahre zurück. Wahrscheinlich noch länger. Thomas und Jack waren damals noch Kinder.«
    »Mag ja sein. Aber Foley ist nicht erst durch die Keane-Brüder berühmt, um nicht zu sagen berüchtigt geworden.«
    Die Krähe startete durch. Mit wenigen Flügelschlägen hatte sie das Dach der Kirche erreicht und ließ sich auf dem Giebel nieder. Nach der grauweiß gesprenkelten Fassade zu urteilen offenbar ihr Lieblingsplatz.
    »Man hat den Menschen in Foley in der Vergangenheit eine Menge nachgesagt …«
    »Nicht nur nachgesagt, Herr Pfarrer.«
    »Sie sind gewiss keine Unschuldslämmer«, räumte Vater Keelan ein, »aber mit Shergar hatten sie nichts zu tun. Falls es Sie beruhigt, die Polizei hat natürlich auch in Foley nach dem Pferd gesucht, aber nichts gefunden.«
    »Es wäre nicht das erste Mal, dass sie in eine Sache verwickelt waren und man es ihnen nicht beweisen konnte.«
    »Sie sehen Gespenster.«
    Fin blieb hartnäckig. »Foley scheint mir nicht gerade ein armes Dorf zu sein. Aber wovon leben die Menschen hier? Hier gibt es nichts.« Er machte eine weit ausholende Handbewegung, die die gesamte Halbinsel einschloss. »Nichts außer Meer und Landschaft und ein paar Schafen. Nichts wovon man leben kann. Keine nennenswerte Landwirtschaft, kein Fischfang, keine Industrie, nicht mal eine Andeutung von Tourismus. Trotzdem gehts den Leuten offensichtlich gut. Alle scheinen sie Geld zu haben, ihre Häuser sind renoviert, sie fahren teure Autos …« Er dachte da im Besonderen an einen großen schwarzen Geländewagen. »Woher stammt das Geld? Reiche Verwandte in Amerika?«
    »Ach wissen Sie, das sind alles alte Geschichten«, wich Vater Keelan aus, »das war alles vor meiner Zeit.«
    Fin war vor der Kirche stehengeblieben und blickte an der Fassade hoch. »Das Dach sieht verdammt neu aus. Die Renovierung kann noch nicht allzu lange her sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihnen die heilige römisch-katholische Kirche Irlands auch nur einen Cent dafür zu Verfügung gestellt hat.
    »Alles durch Spenden finanziert.«
    »Dazu müssen die Leute aber erst mal Geld haben, das sie spenden können.«
    Durch die offene Tür des Kirchenportals drang Orgelmusik nach draußen. Fin hatte keine Ahnung von Kirchenmusik, aber es klang nicht gerade nach   Näher mein Gott zu Dir . Immerhin, eine Orgel hatten sie also auch.
    »Ist das etwa Ihr Motorrad?« Er deutete auf die schwarze Geländemaschine, die standesgemäß verdreckt neben dem Portal an der Wand lehnte.
    »Gott bewahre!« Dermot Keelan winkte ab. »Nein, die gehört dem Restaurator.«
    »Was gibt es denn hier zu restaurieren?«
    »Ein Wandbild. Man nennt es Fresko, glaube ich.«
    Ein Fresko in einer solch schlichten, zudem noch ziemlich jungen Kirche, das eine Restaurierung lohnte? Fins Neugier war geweckt. »Die Arbeit wird doch gewiss auch durch Spenden finanziert, oder?«
    Ehe Vater Keelan etwas erwidern konnte, war Fin im Inneren der Kirche verschwunden. Die Orgelmusik füllte den kleinen Andachtsraum. Die Klangqualität war bescheiden, und es dauerte einen Augenblick,

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