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Die Jaeger der Nacht

Die Jaeger der Nacht

Titel: Die Jaeger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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Geruch steigt mir in die Nase und in den Kopf. Es fällt mir echt schwer, mich zu konzentrieren.« Mucki zeigt auf das offene Fenster. »Hat jemand was dagegen, wenn wir das Fenster zumachen? Ich kann mich wirklich kaum konzentrieren …«
    Plötzlich reißt Body, zwei Plätze weiter, den Kopf in den Nacken. »Gerade habe ich es auch gerochen. Hepra. Ein ziemlich starker Geruch. Er muss durch das Fenster hereingeweht sein. Was ist das, Hepra-Paarungszeit?«
    Der Direktor geht zu dem offenen Fenster. Seine Miene bleibt gelassen und undeutbar, doch er denkt offensichtlich angestrengt nach. »Ich rieche auch etwas. Die Brise weht es herein?« Am Ende des Satzes hebt er unentschlossen die Stimme. »Mal sehen, ob es besser wird, wenn ich das Fenster schließe. Die Hepra müssen tagsüber wirklich heftig schwitzen. Ich frag mich, was sie treiben.«
    Die Vorlesung geht weiter, doch kaum jemand hört noch zu. Alle recken neugierig schnuppernd die Nase. Das Schließen des Fensters hat den Hepra-Geruch keineswegs beseitigt, sondern höchstens noch intensiver werden lassen. Wie lange wird es dauern, bis auch die anderen begreifen, dass er von mir ausgeht? Das Zappeln und erregte Kopfzucken wird mit jeder Minute häufiger und heftiger. Es hilft alles nichts: Ich muss meine Pose wahren, aber mein eigenes Kopfschütteln und -zucken ist eine Anstrengung, die wiederum noch mehr Geruch freisetzt.
    Plötzlich meldet sich Ashley June zu Wort. »Vielleicht haben sie sich tagsüber hier reingeschlichen. Ins Gebäude. Deshalb ist ihr Geruch überall.«
    Wir blicken zum Podium. Was wird der Direktor dazu sagen? Er ist verschwunden. Unheimlich. An seiner Stelle steht Flatterkleid, die wie üblich aus dem Nichts aufgetaucht ist. »Unmöglich«, erklärt sie schriller als gewohnt. »Niemals würde sich ein Hepra in die Höhle des Löwen wagen. Das wäre sein sicherer Tod.«
    »Aber der Geruch«, sagt Ashley June und das Wasser läuft ihr im Mund zusammen. »Er ist so stark.«
    Plötzlich reißt sie den Kopf heftig in den Nacken. Dann dreht sie sich langsam mit gesenktem Kopf um und sieht uns alle, sieht mich an. »Was, wenn sich gestern Nacht ein Hepra hier reingeschlichen hat? Was, wenn es sich noch im Gebäude versteckt?«
    Im nächsten Moment preschen wir alle durch die Tür. Die Begleiter sind direkt neben uns und versuchen zunächst, uns zurück in den Vorlesungssaal zu dirigieren, aber als wir um die Ecke fegen und die Stufen hinunterspringen (»Der Geruch wird stärker!«, ruft Rotlippchen neben mir), lassen sie sich von der Raserei anstecken. Zähne knirschen, Speichelfäden fliegen, Hände werden in die Luft geworfen, und Nägel kratzen an den Wänden.
    Es ist schwer, sich von der Gruppe zu trennen. Das ist mein Plan: mich zurückfallen lassen, in die Bibliothek schleichen und hoffen, dass niemand sich große Gedanken über meine Abwesenheit macht. Aber jedes Mal wenn ich um eine Ecke biege, um mich abzusetzen, sind sie direkt neben mir. Es ist mein Geruch. Und der wird bei der ganzen Rennerei nur schlimmer. Ich hatte gehofft, sie würden alle an mir vorbeistürmen und mir die Gelegenheit geben, die Treppe hinunter und aus der Tür zu huschen, bevor sie umkehren. Aber sie bleiben die ganze Zeit direkt in meiner Nähe. Ihre Zähne und Krallen sind beängstigend. Viel länger bleibe ich bestimmt nicht unbemerkt.
    Was die Gruppe schließlich dazu bringt, mich zurückzulassen, ist eher ein Zufall als Absicht. Ich werde ohnmächtig – wahrscheinlich nicht länger als ein oder zwei Sekunden. Im einen Moment renne ich noch, im nächsten liege ich flach auf dem Boden, und die anderen sausen an mir vorbei und verschwinden um eine Ecke. Der Wassermangel hat meine Kehle ausgedörrt, meine Muskeln eintrocknen und mein Gehirn verknöchern lassen. Ich bin völlig am Ende.
    Als ich zu mir komme – vor meinen Augen ist es jetzt eher grau als schwarz –, weiß ich, dass ich mich beeilen muss. Die Gruppe wird kehrtmachen, sobald sie die Fährte verloren hat. Sie werden sie direkt zu mir zurückverfolgen, und ich liege schweißgebadet und geschwächt auf dem Boden, verströme einen intensiven Geruch. Beweg dich, sage ich mir, beweg dich. Aber es macht mir schon Mühe, mich nur aufzurichten. Ich bin trocken wie Speicherstaub und trotzdem schwer wie ein Sack Mehl, der sich mit Wasser vollgesogen hat.
    Erst ist es still auf den Fluren, dann werden die Schritte wieder lauter. Sie haben es gemerkt!
    Angst bringt meinen Körper wieder auf Trab. Ich

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