Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)
Uhr Abends einen Kuchen zu backen. Oder sogar zwei Kuchen. Hatte sie nicht im Plural gesprochen? Er runzelte die Stirn. Das fehlte noch, an einem Tag wie diesem!
Um das Unvermeidliche wenigstens noch ein paar Minuten aufzuschieben, rief er Winnie Heller an und informierte sie über die Ergebnisse der Obduktion. Dann ging er in die Küche und setzte sich an den großen runden Tisch, an dem sie ihre Mahlzeiten einnahmen.
Silvie lehnte an der Spüle, und ihr Blick machte klar, dass sie nur auf eine günstige Gelegenheit wartete, um ein Streitgespräch zu beginnen. Ein langes, zermürbendes Streitgespräch über die Frage, ob ein mit allem gebührenden Ernst betriebenes Jurastudium und die Sorge um eine naturwissenschaftlich begabte Fünfjährige einen Menschen in ähnlicher Weise in Anspruch nehmen konnte wie die Leiche einer einsamen alten Frau in einer heruntergekommenen Hütte.
Doch mit Rücksicht auf den häuslichen Frieden und die sich langsam in seinem Körper ausbreitende Müdigkeit beschloss Verhoeven, seiner Frau keinen Ansatzpunkt für eine fruchtlose Grundsatzdebatte zu liefern. Stattdessen machte er sich wortlos über die beiden Sandwichs her, die sie ihm hingestellt hatte. Anschließend aß er Tomatensalat mit Schafskäse und Oliven, während Silvia mit geübten Handgriffen Mehl, Eier und andere Backzutaten auf der Arbeitsplatte ausbreitete.
„Was ist das da?“ Verhoeven deutete auf einen riesigen Geschenkkarton in Pink, der aus der Ecke hinter dem Kühlschrank hervorblitzte.
„ Das ist Madeleines ungemein großzügiges Geburtstagsgeschenk für ihre bislang einzige Nichte“, antwortete Silvie, und wie immer, wenn sie über ihre ältere Schwester sprach, schlich sich ein Hauch von Anspannung in ihre Stimme. „Ein Bote hat es heute Nachmittag abgegeben.“
Verhoeven stand auf und nahm das überdimensionale Paket näher in Augenschein. „Und was um alles in der Welt soll das sein?“, fragte er mit entgeisterter Miene.
Silvie zog ihre hübsch geschwungene Stirn in ein paar äußerst grimmige Falten und griff nach der Schürze, die an einem Haken neben dem Herd hing. „Ich gebe zu, ich war so leichtsinnig, meiner Schwester zu erzählen, dass wir unserer Tochter einen Hund zum Geburtstag schenken. Also wird es – allein schon den Ausmaßen nach – wahrscheinlich ein Hundekorb sein.“
„Gütiger Himmel“, stöhnte Verhoeven. „Selbst wenn die Hälfte des Inhalts aus Styropor wäre, hätten in dem Ding immer noch zwei ausgewachsene Doggen Platz.“ Sein Blick wanderte über den in allen erdenklichen Rosatönen schimmernden Geschenkkarton, der zu allem Überfluss auch noch mit einer überdimensionalen Schleife derselben Farbe versehen war. „Hat unsere Tochter das schon zu Gesicht bekommen?“
„Nein.“ Sie kniff prüfend die Augen zusammen und fügte dem Klumpen Margarine auf ihrer Küchenwaage noch einen Spachtel voll hinzu. „Ich hielt es für besser, es zu verstecken, bis sie den passenden Hund gesehen hat.“
Den Hund, den ich vielleicht nicht mitbringen werde, weil ich mich viel zu spät darum bemüht habe, dachte Verhoeven unbehaglich. Laut sagte er: „Aber dort hinter dem Kühlschrank findet sie es unter Garantie.“
„Ich weiß“, versetzte seine Frau mit einem jener Blicke, die zum Ausdruck brachten, wie wenig sie es zu schätzen wusste, wenn ihr Mann sich einbildete, ihr bei einer der seltenen Gelegenheiten, bei denen er sich überhaupt zu Hause aufhielt, auch noch gute Ratschläge in Bezug auf die Spitzfindigkeit ihrer Tochter erteilen zu müssen. „Ich hatte nur noch keine Gelegenheit, das Monstrum auf den Dachboden zu schleppen. Und glaub mir, der Dachboden ist der einzige Ort, an dem es halbwegs sicher ist.“
„ Ich könnte es hochtragen“, erbot sich Verhoeven hoffnungsvoll.
„Oh nein“, widersprach sie. „Du wirst backen.“
Er seufzte und sah wieder das Geschenk an, das seine Schwägerin geschickt hatte. „Glaubst du, der Korb ist auch rosa?“
Seine Frau rang sich ein dünnes Lächeln ab. „Das will ich nicht hoffen.“
„Allein die Verpackung wird unsere Tochter schlichtweg von den Socken hauen“, schloss Verhoeven mit einem letzten, ironischen Blick auf das Riesenpaket. „Wo sie doch Mädchenfarben so liebt.“
„Wem sagst du das .“ Silvie lächelte gequält. „Bist du schon mal in einem Laden gewesen und hast versucht, ein Mädchenunterhemd zu bekommen, das keine Spitze und keine Blümchen und keine aufgestickten Katzen hat?“
Er hob
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