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Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Titel: Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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vorbereitet: Die Pille genommen, zusätzlich Kondome gekauft. Ein neues Kleid, ein neuer Haarschnitt und die Erlaubnis ihrer Mutter obendrein. Winnie schloss die Augen und sah mit einem Mal wieder ihren Vater vor sich. Der elegante schwarze Anzug sitzt tadellos, einzig die Krawatte ist ein wenig verrutscht. Oh ja, Franz Heller hatte sich bestens im Griff gehabt, trotz der sieben Gläser Sekt, die er getrunken hatte. Oder waren es acht gewesen?
    Seltsamerweise hatte sich hinterher niemand mehr daran erinnern können.
    Er sieht sie an mit diesem Blick, der klar macht, dass es ihm nicht recht ist, dass sie nicht mitfährt, nach Hause. Dass sie mit Timo gehen will. Dann sagt er etwas, das sich ihr nicht eingeprägt hat, und wendet sich ab. Sie hört ihr eigenes Lachen, laut und unbeschwert. Das nächste Bild, das sie im Kopf hat, zeigt den Rücken ihres Vaters in der Tür zur Aula, halb verdeckt von den Feiernden, die ausgelassen tanzen. Neben ihm geht ihre Mutter, die nicht eine Sekunde lang daran denkt, ihm die Schlüssel zu seinem Mercedes SLK abzunehmen, obwohl auch sie einen Führerschein besitzt. Keine Fahrpraxis, wird sie später wie zur Entschuldigung sagen. Und dann, für einen winzigen Augenblick, taucht auch Elli auf, in ihrem schlichten schwarzen Samtkleid, das sie immer trägt, wenn sie ein wichtiges Konzert gibt oder in der Endrunde irgendeines Wettbewerbs steht. Sie hebt suchend den Kopf, und für einen kurzen Augenblick begegnen sich ihre Blicke.
    Ihr Vater spielt ungeduldig am Ring seines Autoschlüssels.
    „ Ja doch, ich komme schon“, liest sie von Ellis Lippen. Und gleich darauf: „Viel Spaß noch, Winnie! Und bis morgen!“ Ihre blauen Augen funkeln. Sie hebt den Daumen in die Luft, ein letzter Gruß. Dann dreht sie sich um und ist in der Dunkelheit verschwunden …
    Winnie starrte auf ihre Hände hinunter, die schwarz waren vom Staub. Ihre nächste Erinnerung war der bärtige Psychologe in der Tür zu Timo Wendels Zimmer, den die Polizei geschickt hatte, um zu gewährleisten, dass ihr die Schreckensnachricht so schonend wie möglich unterbreitet wurde.
    Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass es einen Unfall gegeben hat …
    Sie hob die Hand und verscheuchte die Fliegen, die unermüdlich um sie herum surrten. Aus der Ferne drang Musik an ihr Ohr. Mozart. Die F-Dur-Sonate. Es war Clara Haskil, die da spielte, nicht Elli. Trotzdem war es … Es brachte …
    Nein! Aufhören! Schluss damit!
    Sie presste die Hände gegen die Schläfen und erschrak über ihr eigenes Schluchzen. Hör auf, beschwor sie sich selbst. Es tut dir nicht gut, zurückzusehen. Außerdem ist es ganz und gar sinnlos. Also lass es endlich!

„Sie müssen unbedingt aufhören, sich schuldig zu fühlen“, hatte Dr. Zilcher in einer ihrer ersten Sitzungen gesagt. „Sie sind nicht verantwortlich für das, was geschehen ist.“
    „Wer dann?“, hatte sie gefragt, wieder und wieder, vierzehn quälende Monate lang. „Wer ist dann verantwortlich? Irgendjemand muss doch schließlich die Verantwortung haben. Die Schuld …“
    „Sie haben ein Recht darauf, wütend zu sein, aber Sie dürfen d iese Wut nicht gegen sich selbst richten“, hatte er geantwortet. Eine Antwort, die ihr so wenig geholfen hatte wie der ganze Rest der Behandlung.
    Sie ließ ihre Schläfen los und lauschte nach Clara Haskil. Aber sie hörte nichts als das Zirpen der Insekten und das Knarren des Holzes, das sich unter der starken Sonneneinstrahlung bog. Mach weiter! Weitermachen ist die einzige Möglichkeit!
    Du musst dich ablenken. Und du darfst niemals zurücksehen ...  
    Mühsam kam sie wieder auf die Beine und klopfte sich den Staub von den Knien. Es war ziemlich dunkel in Jasper Fennrichs Schuppen. Elektrisches Licht? Fehlanzeige! Allerdings hatten sich ihre Augen inzwischen an das trübe Dämmerlicht gewöhnt. Aber gab es hier tatsächlich etwas zu entdecken?
    Wo würde ich verstecken, was mir wichtig ist, wenn ich an Lillis Stelle wäre?, überlegte sie, während sie mechanisch ein paar Bretter aufeinander schichtete. Oder war sie am Ende gar auf der Suche nach etwas, das Fennrich versteckt hatte?
    Sie werden nichts finden …
    Sie hatte sich das Tonband angehört, das ihr Vorgesetzter bei seiner ersten Befragung ihres Hauptverdächtigen aufgezeichnet hatte.
    „ Was werde ich nicht finden?“, hatte Verhoeven gefragt.
    Und Fennrich hatte geantwortet: „Nichts.“
    Winnie sah sich um. Den Schrotthaufen in der Ecke hatte sie untersucht. Desgleichen das

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