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Die Jahre mit Laura Diaz

Die Jahre mit Laura Diaz

Titel: Die Jahre mit Laura Diaz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Fuentes
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Kopfschmerzen seiner Soldaten kurierte, indem er ihnen einen Schuß genau in die Schläfe verpaßte. Und wenn er auch häßlicher als die Sünde war, so hatte er doch eine hübsche Frau aus einem Grenzort im Norden geheiratet, eines von jenen Prachtweibern, die den Papst in Versuchung führen und den heiligen Joseph zum- Bigamisten machen können. Dona Magdalena Longoria de Ayub. Danton beobachtete sie prüfend, weil es hieß, daß eine Braut im Lauf der Zeit immer mehr der Schwiegermutter ähnelte: alle Bräute allen Schwiegermüttern. Magdalena die Altere bestand die Prüfung. Sie war, wie Danton zum »Pfarrer« sagte, »gut erhalten«. Sie wollte gar nicht in ihr Atlaskleid passen.
    »Ehrenwort, Dan, sieh dir Mutter und Tochter dort in ihrer Loge an und sag mir, an welche du dich wirklich ranmachen willst.«
    »An alle beide, wenn ich Glück habe«, antwortete Danton mit einem Manhattan in der rechten Hand und einer Pall Mall in der linken.
    Er machte sich an die Tochter heran und hatte Erfolg. Er forderte sie zum Tanz auf, holte sie aus der Isolation der Neureichen und führte sie in die Gemeinschaft der alten Gesellschaft ein. Er selber staunte, daß er es war, Danton Lopez Dîaz (und Greene und Kelsen), der das reiche Prinzeßchen an der Hand nahm und in den exklusiven Kreis der ruinierten Könige einführte.
    »Das ist Magdalena Ayub. Wir wollen heiraten.«
    Sie riß den Mund mit der Verwunderung eines neunzehnjährigen Mädchens auf. Der Junge machte Spaß. Sie hatten sich ja gerade erst kennengelernt.
    »Paß auf, mein Schatz. Willst du zurück in die Loge zu deinen Eltern und sehen, wie hier die Stuten vorbeilaufen? Oder willst du selber eine edle Stute sein, wie man die feinen Mädchen nennt? Hat sich jemand außer mir getraut und ist zu deiner Loge gegangen, hat deine Alten begrüßt und dich zum Tanz aufgefordert? Was kommt jetzt? Ich führe dich in die Gesellschaft ein, obwohl ich selbst gar nicht dazugehöre, damit du siehst, wen du heiratest, meine Traumfrau. Ich erreiche, was ich will, merkst du das? Und ich mache mir auch keine Gedanken um deine Eierstöcke und woher du stammst – entschuldige den Ausdruck, aber so bin ich, und es ist besser, wenn du dich daran gewöhnst –, damit du dann ohne mich weiter allein und herrenlos in dieser Welt bleibst. Was ist los? Brauchst du mich oder brauchst du mich doch, mein Häschen?«
    Sie gingen zu den Bällen, tanzten Wange an Wange, und sie gestand ihm nach und nach »Freiheiten« zu: daß er ihre Schulter streichelte, den Hals, die sorgfältig ausrasierte Achselhöhle, daß er ihr ins Ohrläppchen biß, es kam der erste Kuß, der zweite, Tausende Küsse, die Bitte »draußen, meine Traumfrau«, »nein, Dan, ich habe meine Regel«, »zwischen deinen Schenkeln, meine Traumfrau, ich nehme mein Taschentuch, erschrick nicht«, »ja, mein Liebster«, »ach, meine Traumfrau, du gefällst mir so«, »von solchen Sachen habe ich nichts gewußt, ich habe nie einen wie dich kennengelernt, wie stark du bist, wie sicher, wie anspruchsvoll…«
    »Ich habe eine Schwäche, Magdalena…«
    »Welche, Liebster?«
    »Ich tue alles, Hauptsache, man bewundert mich. Begreifst du, was ich meine?«
    »Das Gefühl gebe ich dir, das schwöre ich dir. Dann brauchst du nichts anderes mehr.«
    »Blue moon, I saw you shining along…«
    Magdalenas Familie musterte ihn von Kopf bis Fuß. Er war so unverschämt, das gleiche mit ihnen zu tun.
    »Dieses Haus braucht eine neue Ausstattung«, urteilte er und betrachtete geringschätzig die übertriebene barocke Pracht der Bleiglasfenster, der falschen Altäre und verschnörkelten Gitter der Villa in Polanco. »Zum Glück wirst du mit mir in geschmackvolleren Räumen leben, meine Traumfrau.«
    »Ach ja?« donnerte Ayub wütend. »Und wer bezahlt Ihren Luxus, junger Herr?«
    »Sie, mein großzügiger Schwiegervater.«
    »Meine Tochter braucht keine Großzügigkeit, sie braucht Komfort«, äußerte mit albernem Hochmut die Mutter aus dem Norden.
    »Was Ihre Tochter braucht, ist ein Mann, der sie respektiert, beschützt und ihr nicht das Gefühl gibt, unterlegen und isoliert zu sein, denn so weit haben Sie sie gebracht«, dröhnte Danton nachdrücklich und schlug die Tür so heftig zu, daß er beinahe die Kirchenfenster mit dem Bildnis des Papstes Pius XII. zerbrach, der die Stadt, den Erdkreis und die Familie Ayub Longoria segnete.
    Er solle zurückkommen. Malenita komme nicht aus ihrem Schlafzimmer heraus. Sie rühre keinen Bissen an. Sie

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