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Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Titel: Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Cocktailserviette. Er sagte: »Ich mache gerade frischen Kaffee. Wollen Sie eine Tasse?«
    »Nein, danke«, sagte Qwilleran. »Ich habe gerade im Café drei Tassen getrunken.« Er glitt vom Stuhl. »Wenn Sie noch an einer Jazz-Session interessiert sind, wie wär’s mit heute abend?«
    »Klar! Irgendwelche speziellen Wünsche?«
    »Ich überlasse die Auswahl Ihnen, aber keine lauten Trompeten. Da drehen die Katzen durch. Ich selbst stehe auf Saxophon. Sagen wir, acht Uhr?«
    Bevor er auf die Rolltreppe stieg, sah sich Qwilleran nach möglichen Gefahrenquellen in seiner unmittelbaren Nähe um; dann fuhr er langsam hinunter und überlegte, daß sowohl der Radiosender, den er eingeschaltet hatte, als auch der Morning Rampage den Pennimans gehörte. Um etwas über den dreifachen Mord zu erfahren, mußte er warten, bis der Daily Fluxion herauskam oder bis ihn der Barkeeper mit seinen Jazzplatten besuchte oder bis Harnes wieder in der Stadt war.
    Als er in seine Wohnung zurückkam, fand er Mrs. Jasper und Koko in der Küche. Der Kater ließ sie nicht aus den Augen.
    »Das ist der Boß, er sagt mir, was ich tun soll«, meinte sie. »Jetzt bringe ich die Handtücher und das alles in die Waschküche und esse ’ne Kleinigkeit, bevor ich wieder heraufkomme.«
    Qwilleran ging in die Bibliothek, um die Notizen zu studieren, die er sich in der öffentlichen Bücherei von den Bildunterschriften gemacht hatte. Koko folgte ihm und sprang auf den Tisch, wo er auf dem Bildband mit Reproduktionen von van Gogh seinen Posten bezog. Er hätte auch Cézanne, Rembrandt oder einen der anderen alten Meister zur Auswahl gehabt, doch er setzte sich immer auf van Gogh, wo er sich selbstzufrieden putzte. Qwilleran kam der Gedanke, daß vielleicht Vincent, der Perserkater von Di Bessinger, auch auf diesem Platz gesessen und auf eine Gelegenheit gewartet hatte, einen Scrabble-Stein zu stibitzen.
    Aus seinen Notizen konnte er die romantische Vergangenheit des Palmenpavillons rekonstruieren. Harrison Plumb hatte den Geburtstag seiner Tochter mit einer musikalischen Veranstaltung gefeiert, bei der ein Streichquartett vom Penniman-Konservatorium spielte. Die Wilburtons gaben einen Empfang für einen Anthropologieprofesser, der an der Universität unterrichtete und auf Besuch in der Stadt war. Die Pennimans hatten den französischen Botschafter zu Gast. Mister und Mrs. Duxbury gaben ein Dinner für den Gouverneur. Keine noch so umfangreiche Restaurierung, keine noch so große Geldsumme vom Klingenschoen-Fonds würde je den Zauber des Casablanca im ersten Vierteljahrhundert seines Bestehens zurückbringen, das mußte er zugeben. Dieser Zauber konnte nur in einem Buch eingefangen werden, mit Hilfe von Bildern und Text. Das erinnerte ihn, daß er den Fotografen bestellen mußte. Er rief die Nummer von Sorg Butra an und erfuhr, daß der Fotograf einen Auftrag außerhalb der Stadt hatte. Qwilleran hinterließ die Nachricht, daß ihn Butra zurückrufen sollte.
    Diesen Anruf sollte er nie erhalten.
    Als Mrs. Jasper mit ihrem Wäschekorb zurückkam, hielt er sie an der Tür zur Bibliothek auf und fragte: »Wann haben Sie im Casablanca zu arbeiten begonnen, Mrs. Jasper?«
    »Kurz vor dem Börsenkrach 1929. Da haben sich dann die Leute vom Dach gestürzt. Es war schrecklich.«
    »Kommen Sie herein und setzen Sie sich. Erinnern Sie sich noch an die Namen der Leute, für die Sie gearbeitet haben?«
    Sie setzte sich auf die Sesselkante und hielt den Wäschekorb auf dem Schoß; ihre rosigen Wangen glühten. »Ich habe nur für eine Familie gearbeitet, und das waren nur zwei Leute – Vater und Tochter. Er war ein netter Mann mit einem kleinen Schnurrbart. Mister Plumb hat er geheißen.«
    »Seine Tochter wo hnt noch immer hier!«
    »Ja, im zwölften Stock. Miss Adelaide. Sie und ich waren im selben Alter.«
    »Kommen Sie, geben Sie mir diesen Korb. Machen Sie es sich bequem«, sagte er plötzlich überaus gastfreundlich. »Möchten Sie eine Tasse Kaffee?«
    »Ich hab’ gerade unten ’ne schöne Tasse Tee getrunken, aber trotzdem vielen Dank.«
    »Als was haben Sie bei den Plumbs gearbeitet?«
    »Als einfaches Dienstmädchen. Ich hatte ein eigenes Zimmer – stellen Sie sich das vor! – ich – ein junges Mädchen aus Chipmunk! Damals hatten sie viele Bedienstete. Wir hatten viel Spaß.«
    »Wie war Adelaide, als sie jung war?«
    »Oh, das war ’ne freche Göre! Mister Plumb hat sie schrecklich verzogen. Hat ihr zum Geburtstag ’n Automobil gekauft, und der

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