Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman
»Ich habe nicht vor, drei Tage zu bleiben. Ich habe so viele Aufnahmen mitgebracht, damit Sie eine Auswahl haben.«
»Kommen Sie herein. Ich freue mich schon auf diesen Abend.«
»Mann, das ist aber nicht gerade ’ne Bruchbude!« sagte Jupiter bewundernd, als er den Vorraum inspizierte. »Und gleich dahinter die Terrasse!«
»Sie waren noch nie hier?«
»Bin nie eingeladen worden.«
»Warten Sie, bis Sie erst die in den Boden eingelassene Sitzecke im Wohnzimmer sehen.« Qwilleran öffnete die Glastüren. »Die Stereoanlage ist unten im vertieften Teil. Warten Sie, ich nehme Ihnen was ab.«
Sie trugen die Platten und Kassetten in die Galerie und legten sie auf den riesigen Cocktailtisch. Die Hände in den Taschen, stand der Gast in der Mitte des ehemaligen Swimmingpools und sah sich nach allen Richtungen um. »Ich könnte mir vorstellen, daß man irgendwann von Pilzen genug hat.«
»Sagen Sie nichts gegen die Pilze«, meinte Qwilleran. »Seit dem Skandal sind sie sozusagen bombensichere Wertanlagen geworden. Sie gehören natürlich nicht mir. Ich bin hier nur Untermieter. Trinken wir was. Was möchten Sie?« Als Koko Eiswürfel klappern hörte, inszenierte er seinen eindrucksvollen Auftritt durch die offenen Glastüren. »Hier kommt der Herr des Hauses.«
»Eine schöne Katze«, sagte Jupiter. »Schöner als die meisten Rattenfänger in diesem Haus.«
Es schien fast, als sei Koko sauer darüber, daß er mit Rattenfängern in einen Topf geworfen wurde. Von diesem Augenblick an ließ er sich alles Erdenkliche einfallen, um den Besucher zu quälen. Doch zuerst widmete er sich seiner Untertasse mit weißem Traubensaft.
Jupiter nahm ein Glas Wodka auf Eis und Qwilleran ein Club Soda. Sie setzten sich auf das lange Sofa, und Qwilleran sagte: »Heute ist mein Auto vom Parkplatz gestohlen worden.«
»Das ist nicht s Besonderes«, meinte der andere achse lzuckend.
»Ihr Leute hier nehmt Autodiebstahl so verdammt leicht!« beschwerte sich Qwilleran. »Sogar die alten Damen in der Eingangshalle reden über Raubüberfälle wie wir in Moose County über das Wetter.«
Koko sprang auf die Rückenlehne des Sofas und spazierte über die ganze Länge wie ein Mannequin auf dem Laufsteg. Auf dem Rückweg blieb er stehen, um die Haare des Gastes abzuschnüffeln.
»He, was ist da hinten los?« sagte Jupiter und schlug sich auf den Hinterkopf.
»Entschuldigung«, sagte Qwilleran und schubste den Kater vom Sofa hinunter. »Er mag Ihr Shampoo... Also, können Sie mir jetzt sagen, was am Wochenende im Hotel los war?«
»Es stand heute nachmittag im Fluxion, also ist es kein Geheimnis mehr. In einer Suite im obersten Stockwerk wurden zwei Männer und eine Frau erschossen. Es war wie eine Hinrichtung, daher ist es wohl eine Drogengeschichte. Im Hotel versucht man solche Sachen immer zu vertuschen, um die Touristen und die Kongreß Veranstalter nicht abzuschrecken.... He, was macht er denn da?«
Koko war auf dem Cocktailtisch und biß in die Ecken der Plattenhüllen. Qwilleran warf ihn mit einer sanften Rückhand hinunter, und der Kater verbrachte die nächsten zehn Minuten damit, sein angeschlagenes Ego zu pflegen.
»Wie sind Sie zu Ihrer großen Jazz-Sammlung gekommen, Randy?«
»Das war Glück. Ein Onkel von mir war Bebop-Schlagzeuger – ist nie groß rausgekommen, aber er hat mich mit seiner Begeisterung angesteckt. Und dann ist er gestorben und hat mir all seine Platten hinterlassen. Haben Sie irgendwelche speziellen Wünsche?«
»Nun, wie ich ihnen schon sagte, mag ich Saxophon – Sidney Bechet, Jimmy Dorsey, Stan Getz, Charlie Parker, Coltrane. Wenn ich selbst ein Instrument spielen sollte, dann am liebsten Saxophon. Es ist fast wie die menschliche Stimme.«
»Okay, fangen wir mit Charlie an.... Was ist das für ein Trommeln?«
»Das ist Keestra Hedrog mit ihren Ausdruckstänzern. Sie proben jeden Montagabend in der Nachbarwohnung. Ich schließe die Türen, dann stören sie uns nicht.«
Koko stand in der Tür, halb drinnen, halb draußen, und als Qwilleran aus der Vertiefung hinaufstieg und versuchte, die Doppeltür zu schließen, blieb der Kater wie angewurzelt auf der Schwelle stehen. »Kommst du herein oder bleibst du draußen?« fragte Qwilleran.
Koko überlegte und konnte sich nicht entscheiden, bis ihm ein Schuh Größe sechsundvierzig dabei half und ihn mit einem leichten Schubs in die Galerie katapultierte – hinunter in die vertiefte Sitzecke, hinauf auf den Rand, rundherum wie auf einer
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