Die Kinder aus Bullerbü
wie ein Vogel,
wenn er will.
Ich dachte: Wenn es wirklich Trolle im Wald gibt, dann
wundern sie sich sicher, warum wir hier um ein Feuer sitzen
und zuhören, wie Onkel Erik mitten in der Nacht pfeift.
Sie erzählten auch Geschichten, Onkel Nils und Papa und
Onkel Erik. Und wir lachten, weil es lustige Geschichten
waren. Lasse und Bosse und Ole nahmen ihre Taschenlampen
und gingen zum See hinunter und suchten nach Krebsen. Sie
fanden dreiundzwanzig Stück, die sie in einen Blechkanister
legten. Lasse sagte zu Bosse und Ole:
»Wenn die Mädchen nett sind und sich anständig benehmen,
laden wir sie morgen Abend zum Krebsessen ein.«
»Ja, aber es kommt tatsächlich darauf an, wie sie sich
benehmen«, sagte Bosse.
»Es muss schon ein außergewöhnlich gutes Benehmen sein«,
sagte Ole.
Als das Feuer fast erloschen war, sagte Onkel Erik, nun sei es
Zeit zu schlafen. Die Väter hatten keine Hütte; sie rollten sich
in ihre Decken ein und blieben an der Feuerstelle liegen.
Britta, Inga und ich krochen unter unsere herrliche Tanne und
rollten uns auch in unsere Decken ein und wollten schlafen.
Aber da hörten wir draußen etwas herumschleichen. Ich
schrie auf:
»Wer ist da?«
»Ein Troll!«, sagte Lasse mit so unheimlicher Stimme wie
möglich. Wir guckten aus der Öffnung in den Tannenzweigen,
und draußen standen die Jungen und leuchteten mit ihren
Taschenlampen und sagten, sie möchten gern unsere Hütte
sehen. Dann krochen sie einer nach dem anderen zu uns
herein. Und wir hatten alle gut Platz, wenn es auch etwas eng
war. Die Jungen sagten, es wäre eine einigermaßen gute Hütte.
Nicht ganz so gut wie ihre, aber immerhin. Dann krochen sie
wieder hinaus. Und dabei sagte Lasse:
»Eine ziemlich anständige Hütte, alles was recht ist. Aber
trollsicher ist sie ja nicht.«
Die Jungen waren fortgegangen und wir versuchten zu
schlafen. Zuerst redeten wir noch ein bisschen miteinander,
aber es hört sich so komisch an, wenn man nachts im Wald
liegt und redet. Es ist immer so, als stünde draußen im
Dunkel jemand und höre zu.
Ich glaube, Britta und Inga schliefen lange vor mir ein. Ich lag
noch so lange wach und hörte, wie es im Wald rauschte. Es
rauschte nur etwas. Und kleine Wellen schlugen gegen den
Strand, leise, ganz leise. Es war alles so seltsam – plötzlich
wusste ich nicht, ob ich traurig war oder froh. Ich lag da und
versuchte zu fühlen, ob ich traurig oder froh war, aber ich
bekam es nicht heraus. Vielleicht wird man vom Schlafen im
Wald ein wenig wunderlich.
Als es vier Uhr morgens war, kam Papa und weckte uns. Und
da war ich froh, wenn ich auch fror wie ein Hund. Die Sonne
schien, und wir krochen aus der Hütte und schlugen unsere
Arme gegen den Körper und bekamen warmen Kakao von
Papa. Über dem See lag ein wenig Nebel, aber der ging bald
fort. Papa, Lasse, Bosse und ich nahmen den einen Kahn,
und Onkel Erik, Onkel Nils, Ole, Britta und Inga nahmen
den anderen, und dann ruderten wir hinaus und holten die
Krebskäfige ein.
Mir tun alle Menschen leid, die niemals um vier Uhr morgens
auf einen See hinausgerudert sind, um Krebskäfige
einzuholen. Fast alle Käfige waren voll von Krebsen. Lasse
und Bosse trauen sich, die Krebse anzufassen, aber ich
nicht. Bosse nahm einen Krebs und betrachtete ihn lange,
und dann warf er ihn mit einem Mal wieder in den See
zurück.
»Bist du verrückt?«, schrie Lasse. »Du kannst doch nicht
Krebse wieder in den See werfen!«
»Er hatte so traurige Augen«, sagte Bosse.
»Wie bist du dumm«, sagte Lasse. »Jetzt läuft er natürlich
herum und warnt alle anderen Krebse, die noch im See
sind, und wir fangen in diesem Jahr keinen Krebs mehr.
Warum musstest du ihn nur wieder ins Wasser werfen?«
»Er hatte so traurige Augen«, sagte Bosse noch einmal.
In dem Augenblick begegneten wir dem anderen Kahn und
riefen Ole, Britta und Inga zu:
»Habt ihr viele Krebse?«
»Beinahe den ganzen Kahn voll!«, schrie Ole.
Wir ruderten zu unserem Lagerplatz zurück. Dort schütteten
wir alle Krebse in zwei große Reisekörbe, die Deckel
hatten. Wir packten alles zusammen, was wir am Lagerplatz
liegen hatten, und machten uns wieder auf den Weg nach
Bullerbü. Tau lag im Gras, und hier und dort hingen zwischen
den Zweigen Spinnengewebe und glitzerten wie Diamanten.
Ich war schläfrig und hungrig und hatte nasse Füße und war
sehr, sehr glücklich. Denn es war schön, in einer langen Reihe
hintereinander auf dem Pfad
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