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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Straße nach Pertus. Das ist eine einmalige Gelegenheit, das müsst Ihr zugeben.»
    Der andere nickte langsam. «Ich mache mich sofort auf den Weg», meinte er.
    Maynier lächelte. «Tut das», sagte er, «tut das. Es ist schließlich in Eurem höchsteigenen Interesse.»
    ***
    Frederi Jùli erreichte das Waldstück mit dem Einbruch der Dunkelheit.
    Gute zehn Minuten stand er vor der ersten Baumreihe wie vor einer Tür, die ins Ungewisse führt, hörte den Herzschlag in seinem Brustkorb rasen und das erschöpfte Schnauben des verletzten Pferdes an seiner Seite und knetete die Zügel zwischen seinen zitternden Händen. In Ordnung, er war ein Held. Aber auch von Helden konnte man doch wohl kaum verlangen, bei völliger Dunkelheit in einen Wald hineinzulaufen, der höchst wahrscheinlich voller Räuber, Wölfe 783
    und Monster mit drei Augen, fünf Mäulern und vor allem jeder Menge spitzer Reißzähne war.
    Das Pferd schnaubte. Sein Fell war schweißgetränkt. Frederi Jùli rang nach Luft, zog den Kopf ein, drückte sich eng an den wärmenden Körper des verwundeten Tieres und lief los.
    ***
    Arnac de Couvencour lag flach auf seinem Beobachtungsposten auf jenem Dach in der Carriero de Jouque und blickte auf die andere Straßenseite hinüber, wo das flackernde Licht in drei Fenstern anzeigte, dass man im Haus der Aubans trotz fortgerückter Stunde noch wach war.
    Den ganzen Tag über hatte in jenem Haus Weltuntergangsstimmung geherrscht. Frederi de Castelblanc, schlagartig aus seiner Erstarrung gerissen, war von Pontius zu Pilatus gerannt auf der Suche nach seinen Söhnen, während die Dame Castelblanc mit der Ausdauer eines Klageweibs und in der Lautstärke eines Stadtschreiers das schreckliche Schicksal bejammert hatte, das die Familie getroffen hatte, bis auch der Letzte in der Nachbarschaft wusste, dass die beiden Sprösslinge der Familie Castelblanc auf Abwegen waren. Onkel Philomenus hatte nur wenig Mitleid mit seiner verzweifelten Schwester und meinte zu diesem Thema bloß, die kommen schon wieder, wenn sie Hunger haben. Und wenn man Tante Eusebias Gesicht bei diesen Worten beobachtete, kam es einem so vor, als wünsche sie, die beiden würden niemals hungrig werden. Jetzt war es allmählich ruhiger geworden im Hause der Aubans, doch die unterschiedlichen Personen, die wieder und wieder hinter den erleuchteten Fenstern auftauchten, zeigten Arnac, dass noch niemand auf der anderen Seite der Carriero de Jouque an Schlaf dachte. Er machte es sich so gut es ging auf dem flachen Dach bequem, legte seinen Kopf auf seine Satteltasche und wartete. Der andere schien direkt aus dem Himmel zu fallen, und Arnac fuhr herum, den Degen aus der Scheide reißend, und so standen sie sich dann gegenüber, im Abstand von zwei Schritten, Arnac de Couvencour und eine Gestalt, vom Kopf bis zu den Zehen in einen schwarzen Mantel gehüllt, der sanft im Licht des Mondes schim784
    merte. Eine Gestalt, deren Gesicht ein starres Weiß war, durchschnitten von einer blutroten Träne wie von einem Säbelhieb.
    «Wer seid Ihr?», fragte Arnac, die Spitze seines Degens auf das Herz seines Gegenübers gerichtet.
    Ein glockenhelles Lachen drang durch die hölzernen Lippen.
    «Das wisst Ihr nicht?»
    «Nein», sagte Arnac, und seine Degenspitze näherte sich dem schwarzen Umhang. «Aber Ihr werdet es mir sicher gleich verraten.»
    «Ich bin dein Blutsbruder, Arnac», sagte eine sanfte Stimme.
    «Getauft mit dem Blut des Luberoun, wie du.»
    Arnacs Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, die wohl ein Grinsen darstellen sollte. «Das Blut des Luberoun, ja? Klingt ja hoch dramatisch», meinte er. «Das ist aber noch keine Antwort auf meine Frage.»
    Etwas Helles erschien im Schwarz des Mantels, eine Hand, die sich langsam dem weißen Gesicht näherte, nach dem Kinn griff, dass es für einen Moment aussah, als würde der Blutstropfen auf mondbleiche Finger fallen, und dann kippte das Gesicht nach oben weg und gab ein zweites frei, dunkler, lebendiger, und ebenso lächelnd.
    Der Degen bebte über dem Herzen des Fremden. «Ich kenne dich», sagte Arnac, und seine Stimme klang hohl, wie aus den Tiefen eines unendlichen Gewölbes. «Irgendwoher kenne ich dich doch!»
    «Ate, Arnac.» Lächelnd, das Gesicht, endlos lächelnd. «Wir standen uns fast so nah gegenüber wie jetzt. Wie habe ich dich damals gehasst! Doch dann sah ich das Begreifen in deinen Augen, als du plötzlich die ganze, furchtbare Wahrheit erkanntest. Und da wusste ich, dass das Schicksal mich

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