Die Kinder des Ketzers
musste irgendetwas passiert sein, was ihn von der Bruderschaft, was ihn von Euch entfernte.»
Die Worte kämpften sich über Frederis Lippen, von seinen zusammenschlagenden Zähnen in Stücke gehackt. «I-ich k-konnte es nicht. I-ich konnte nicht töten. I-ich bin doch Christ…»
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Frederi der Katholik, Frederi der Christ, Frederi mit seinen hohen, unbrechbaren Prinzipien. Er musste Cristou unfassbar geliebt haben.
Armer kleiner Schio, dachte Fabiou.
«Wir planten das Ganze in einem Waldstück auf der Straße nach Pertus. Von einem Hügel über der Straße hatte man eine gute Sicht auf alles, was sich unten bewegte. Mouche Piqueu erklärte sich bereit, es zu tun. Er war ein hervorragender Arkebusenschütze. Es war eine vernünftige Entscheidung so.» Couvencour lachte etwas verlegen. Offensichtlich erschien ihm das Wort «vernünftig» in diesem Zusammenhang selbst unpassend. «Wir vereinbarten, dass einer ihnen entgegenreiten und sie unter einem Vorwand zum Anhalten bringen sollte, damit Mouche nicht auf ein bewegliches Ziel schießen musste. Lucian meldete sich freiwillig, diesen Part zu übernehmen. Er fühlte sich verantwortlich, da es um seine Glaubensbrüder ging.»
«Schlauer Plan», sagte der Bouliers. Seiner Stimme war das Bedauern darüber anzuhören, dass derselbe nicht geglückt war.
«Schlauer Plan, ja», bestätigte Fabiou. «Dumm nur, dass er verraten wurde. Es war Archimèdes große Chance. Es war völlig klar
– wenn Maynier erfuhr, dass die Bruderschaft seine Ermordung plante, würde er nicht einen Moment zögern, sie allesamt umzubringen. Also marschierte Archimède geradewegs zu Maynier und berichtete ihm brühwarm den ganzen Plan. Am Abend des 14. April kam es zu einem Treffen im kleinen Kreis – Mayniers engste Getreue und die, von denen man wusste, dass die Bruderschaft ihnen aus unterschiedlichen Gründen ein Dorn im Auge war, so wie der St. Roque und der Bossard. Vermutlich diskutierte man erst die rechtlichen Möglichkeiten durch, kam aber dann zu dem Schluss, dass ein Todesurteil gegen Carfadrael und seine Freunde im Parlament nicht mehrheitsfähig war und eine entsprechende Anklage gewisse Teile der Oberschicht sogar gegen Maynier und seine Getreuen aufbringen könnte. Einen Verlust der Unterstützung der Parlamentsmehrheit konnten sie sich in der aktuellen Situation nicht leisten, also musste zu anderen, diskreteren Mitteln gegriffen werden, wollte man die Bruderschaft beseitigen. Diejenigen ihrer Mitglieder, die ketzerischen Ideen anhingen, konnte 1010
man problemlos im Rahmen des Arrêt de Mérindol erledigen. Und was die anderen betraf, allen voran Hector Degrelho, so wurde ein privater Henker beauftragt – der Genevois. Allein bezüglich Frederi de Castelblanc erging kein Mordbefehl, warum auch immer
– vermutlich hat Archimède ihn gar nicht mehr erwähnt, nachdem er die Bruderschaft verlassen hatte.» Fabiou holte tief Luft. «Und so wurde in jenen Tagen nicht nur das Todesurteil über die Waldenser verhängt. Sondern auch das über die Bruderschaft. Trostett muss davon erfahren haben, aber da er hinter Mayniers Ketzerjagd stand, ließ er seine alten Verbündeten von der Bruderschaft gnadenlos ins Messer laufen.»
Rouland nickte nervös. «Wir legten uns also an jenem 15. April bei Pertus auf die Lauer und warteten auf Maynier. Schio war als Späher vorausgeritten, hatte auf der Straße von Ais eine Gruppe von Reitern entdeckt und Maynier unter ihnen erkannt. Alles war bereit. Lucian stieg auf sein Pferd und ritt ihnen entgegen.»
Wann hatten sie gemerkt, dass etwas nicht in Ordnung war? Als sie dort im Gebüsch auf der Lauer lagen, jeder mit seinem ein- samen Kampf gegen die Angst und die bohrende Stimme des eige- nen Gewissens beschäftigt. Wann hatten sie da begriffen, dass da etwas Seltsames war an jenen langsam näher rückenden Reitern?
Was hatte den Verdacht in Pierre geweckt, so dass er den Kopf schüttelte und vor sich hin murmelte, etwas stimmt da nicht, et- was ist falsch, und Rouland, wissend, dass es kein Zurück mehr gab, keuchte, halt die Klappe, was soll denn nicht stimmen, alles ist in Ordnung! Und als Lucian dann auf die Männer zuritt und Pierre hochfuhr und sagte, mein Gott, Maynier ist nicht dabei, da war es zu spät für alles.
«Sie sind bis ganz nahe an Lucian heran geritten. Und in dem Moment, als sie ihn erreichten, zog einer der Reiter eine Arkebuse und schoss. Sie ritten weiter, noch bevor Lucian vom Pferd gestürzt war. Maynier…
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