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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Fonds zur Unterstützung von Kunst und Wissenschaft bewilligt worden ist.«
    »Das ist endlich einmal ein wohlverdientes Kreuz!« sagte Thuillier.
    »Aber achtzehnhundert Franken Pension,« meinte Dutocq, »das erscheint mir doch ziemlich ruppig.«
    »Gewiß,« sagte Thuillier, »und um so mehr, als es schließlich doch das Geld der Steuerzahler ist, und wenn man sieht, wie dieser Fonds von allen von der Kamarilla Empfohlenen geplündert wird.«
    »Achtzehnhundert Franken«, antwortete Minard, »sind immerhin schon etwas, besonders für einen Gelehrten. Diese Leute sind fast bedürfnislos und daran gewöhnt, mit sehr wenig zu leben.«
    »Ich glaube übrigens, daß der brave Picot kein so geordnetes Leben führt, denn gerade jetzt drängt seine Familie, die ihn erst entmündigen lassen wollte, darauf, daß ihm vom Gericht ein Pfleger bestellt werde; es wird behauptet, daß er sich von einer Person, die bei ihm in Dienst steht, ausplündern läßt. Hör mal, Thuillier, du kennst sie ja, das ist die Frau, die neulich auf der Redaktion war, und der man eingeredet hatte, daß der Notar Dupuis, bei dem sie etwas Geld stehen hat, damit geflohen sei.«
    »Ja, ja, richtig,« sagte Thuillier und nickte, »du hast recht, ich kenne sie.«
    »Es ist doch komisch,« sagte Brigitte, die die Gelegenheit ergriff, das Argument, das ihr vor einigen Tagen die Zerstreutheiten des Akademikers Marmus geliefert hatten, noch zu verstärken, »daß diese Gelehrten außerhalb ihrer Wissenschaft zu nichts taugen, und daß man sie zu Hause wie Kinder behandeln muß.«
    »Das beweist«, sagte der Abbé Gondrin, »wie vollkommen sie sich in ihre Arbeit vertiefen, aber zugleich auch eine geistige Einfalt, die etwas sehr Rührendes hat.«
    »Wenn sie nicht störrisch wie die Esel sind«, fuhr Brigitte lebhaft fort. »Ich muß Ihnen gestehen, Herr Abbé, daß ich nie einen Gelehrten heiraten würde. Womit befassen sie sich eigentlich, diese Gelehrten? Meistenteils mit Nichtigkeiten; Sie sind alle voller Bewunderung, daß man einen Stern entdeckt hat, aber was haben wir, alle die wir hier sind, eigentlich davon? Was die neuen Sterne betrifft, so scheint mir, daß wir doch schon reichlich genug von der Sorte haben!«
    »Bravo, Brigitte,« sagte Colleville, der sich wieder vergaß, »du hast ganz recht, mein Kind, und ich bin ganz deiner Meinung, daß schon der, der bloß ein neues Gericht erfand, sich um die Menschheit viel mehr verdient gemacht hat.«
    »Colleville,« rief Flavia, »ich muß dich darauf aufmerksam machen, daß deine geschmacklosen Bemerkungen äußerst unpassend sind.«
    »Mein liebes Fräulein,« wandte sich der Abbé Gondrin jetzt an Brigitte, »Sie würden recht haben, wenn wir nur aus Materie bestünden und unserm Körper nicht auch eine Seele innewohnte, deren Gefühle und Ansprüche auch befriedigt sein wollen. Nun, ich meine, die Sehnsucht nach dem Unendlichen, die wir empfinden, und der wir in unserer Art Genüge tun wollen, die wird in wundervoller Weise von den Ergebnissen der Astronomie gestillt, die uns täglich neue Welten, die der Schöpfer in den Raum hinausgestellt hat, enthüllt. Diese Sehnsucht nach dem Unendlichen hat bei Ihnen einen andern Weg eingeschlagen; sie erstreckt sich auf das Näherliegende, und diese Ihre Leidenschaft, alles was Sie umgibt zu beglücken, diese starke, heiße, hingebende Liebe zu Ihrem vortrefflichen Bruder, das ist ebenfalls eine Manifestation der tiefen Sehnsucht, die nichts Irdisches an sich hat, und die, wenn sie ihrem Ziel zustrebt, niemals daran denkt, sich zu fragen: ›Wozu ist das gut? Wozu dient das?‹ Im übrigen muß ich Ihnen noch bemerken, daß die Sterne doch nicht so ganz ohne Nützlichkeit sind, wie Sie es sich einbilden; denn ohne sie würden die Schiffer ihr Fahrzeug zu lenken nicht imstande sein und nicht nach fernen Ländern fahren können, um diese Vanille uns herzubringen, die Ihnen dazu gedient hat, diesem köstlichen Crême, den Sie bereitet haben und den ich eben esse, sein Aroma zu verleihen. Herr Colleville sieht also, daß zwischen den Speisen und den Sternen nähere Beziehungen bestehen, als er anzunehmen schien; man soll niemanden mißachten, weder die Astronomen noch die guten Hausfrauen.«
    Hier wurde der Abbé durch den Lärm eines lauten Zankes im Vorzimmer unterbrochen.«
    »Und ich sage Ihnen, ich gehe doch hinein!« schrie jemand.
    »Nein, mein Herr, das werden Sie nicht«, antwortete die Stimme des ›männlichen‹ Dienstboten. »Die Herrschaften

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