Die Kommissarin und der Tote im Fjord
dem Sprung. Tschüss.« Sie legte auf.
Sie ging nicht sofort ins Büro, sondern ins Schlafzimmer, und legte sich ins Bett.
Als sie die Decke wieder zur Seite schlug, hatte sie aufgegeben, noch ein paar Stunden Schlaf zu ergattern. Doch die Uhr behauptete etwas anderes. Sie dachte, sie hätte nur zehn Minuten gelegen, aber offenbar hatte sie zwei Stunden geschlafen. Im Spiegel begegnete sie ihrem eigenen Gesicht. Das war das erste Mal, dass du mit offenen Augen geschlafen hast, sagte sie zu sich selbst.
Steffen hat gefragt, wie spät es sei. Er hat mir den Schlüssel gegeben und mich gebeten, reinzugehen und meine Uhr zu holen. Und in der Wohnung hat jemand auf mich gewartet. Warum?
6
Sie fand einen Parkplatz an der Ecke Hausmannsgate und blieb im Wagen sitzen. Ließ den Eingangsbereich von Dagens Næringsliv nicht aus den Augen. Es verging eine halbe Stunde, bis ein Wagen des Ordnungsamts langsam vorbeifuhr und anhielt. Der Mann am Steuer wedelte mit der Hand, wie um sie wegzujagen. Schließlich machte er sich die Mühe, aus dem Wagen zu steigen. Er hatte einen kleinen Bartfleck unter der Unterlippe und trug den Gebührenschreiber am Gürtel, als wäre es ein Revolver. Sie öffnete die Wagentür und zeigte ihm ihren Ausweis. »Polizei.«
Der Blick des Mannes wurde ein wenig unsicher. »Sie können hier nicht stehen. Sie behindern die Fußgänger.«
»Hau ab«, sagte Lena tonlos. »Verschwinde, sofort.«
Der Mann begegnete ihrem Blick und zog sich ohne Protest zurück, setzte sich in seinen Wagen und verschwand.
Lena verstellte den Rückspiegel und dachte: Sehe ich so verrückt aus?
Die Tür des Zeitungshauses wurde geöffnet, und heraus kam Monica, die Freundin von Emil Yttergjerde. Sie stellte sich vor den Eingang, um zu rauchen. Lena rutschte tiefer in ihren Sitz. Sie erinnerte sich, dass Emil ihr erzählt hatte, dass Monica hier an der Rezeption arbeitete. Sie wusste nicht mehr, wann er das gesagt hatte. Das hier ist lächerlich, dachte sie. Ich sitze in einem Auto und verstecke mich vor Bekannten. Nein, protestierte eine Stimme in ihrem Kopf. Das ist nicht lächerlich.
Steffen hat mich gestern bekniet, zu ihm zu kommen. Er hat mich gebeten, über Nacht zu bleiben. Er hat mich gebeten, wieder in die Wohnung zu gehen und meine Uhr zu holen …
Monica hatte sich eine schicke lange Wolljacke über die Schultern gehängt. Sie bewegte sich unruhig in der kalten Winterluft, trippelte von einem Fuß auf den anderen, während sie hastig rauchte. Die Jacke war bunt gemustert. Monica gehörte zu den Frauen, die in ihrer Freizeit nähten und strickten.
Ein Volvo Kombi hielt vor Monica, die die Person am Steuer offenbar kannte. Sie beugte sich hinunter und unterhielt sich durch das offene Fenster. Dann warf sie die Zigarette weg, drehte sich um und ging wieder hinein. Der Volvo stand mit laufendem Motor. Die Eingangstür öffnete sich wieder. Eine bekannte Gestalt erschien. Steffen. Er ging um den Wagen herum und stieg ein. Der Wagen fuhr davon.
Lena warf den Motor an und fuhr hinterher. Sie schaltete das Radio ein, um etwas anderes als ihre eigenen Gedanken zu hören. Rod Stewart sang, dass dieser Abend der eine Abend war. Nicht ihre Musik. Sie suchte nach einem anderen Sender mit Musik, die ihr gefiel, während sie dem Wagen nach rechts in die Storgata folgte, weiter nach links vor der alten Schous Brauerei entlang und ein Stück die Thorvald Meyers Gate hinauf. Dann bog er rechts ab und hielt vor der Bibliothek am Schous Plass.
Lena fand eine Parklücke und schaltete das Radio aus.
Jetzt stellte sich heraus, dass am Steuer des Volvo eine Fotografin saß, eine junge Frau in den Zwanzigern. Sie trug einen Dufflecoat, eine modische Pelzmütze und einen rosa Schal, den sie wie einen Kragen um den Hals geschlungen hatte. Steffen stand wartend, die Hände tief in den Hosentaschen versenkt, während die junge Frau Fotos vom Bibliotheksgebäude machte. Er sagte etwas zu ihr. Die Frau sah von ihrer Kamera auf und antwortete ihm. Steffen grinste und stellte sich vor sie, als siesich noch einmal mit der Kamera vor dem Gesicht hinkniete. Er posierte. Sie senkte die Kamera und winkte ihn zur Seite, ein blödes Lächeln auf den Lippen.
Journalist und Fotografin bei der Arbeit. Und Lena spionierte ihnen nach. Das war lächerlich. Was sollte sie ihm sagen?
Ein Mann hat in deiner Wohnung auf mich gewartet. Ein Mann, der mich töten wollte. Hast du ihn reingelassen?
Wie hätte Steffen das tun sollen? Er hatte ihr seinen
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