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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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ausstreckte. Es bestand kein Zweifel: Es war mein Ranzen, und er hatte sich in
Lizas Wohnung befunden. Jemand hatte ihn dort aufgestöbert und an mich zurückgeschickt. Warum? Und wer? War das eine Nachricht? Eine Warnung?
    Der Ranzen war fest verschlossen, obwohl ich genau wusste, dass ich ihn offen gelassen hatte. Zögernd zupfte ich an den Riemen herum. Irgendwie hatte ich Angst vor dem, was ich zu sehen bekommen würde. Dann dachte ich mir: Was konnte schlimmer sein als das, was ich bereits gesehen hatte?
    Als ich mir schließlich ein Herz fasste, fand ich darin nur mein eigenes Zeug: das Buch, das ich gelesen, ein paar ungeöffnete Rechnungen, die ich in den Ranzen gestopft und dann völlig vergessen hatte, eine Zeitschrift, meinen kleinen Terminkalender, eine Geldbörse mit einem Fünf-Pfund-Schein und einer Handvoll Münzen, ein paar Stifte ohne Kappen und ein Notenblatt. Außerdem stieß ich auf meine ordentlich zusammengerollte Schürze und mein Kochbuch. Ganz unten lag ein kleines Samtsäckchen. Ich löste den Kordelverschluss und spähte hinein. Es enthielt eine dünne Silberkette, die mir nicht bekannt vorkam. Nachdenklich ließ ich das kühle Metall zwischen meinen Fingern hindurchgleiten.
    Wer hatte mir das geschickt, und was bedeutete es? Ich betrachtete die Handschrift auf dem braunen Packpapier, doch die ordentlichen Blockbuchstaben gaben mir keinerlei Hinweis. Absender war auch auf der Rückseite keiner angegeben. Ich knüllte das Papier zusammen und stopfte es tief hinein in den Mülleimer, ehe ich mich erneut dem Ranzen zuwandte. Mein Blick wanderte über das abgewetzte braune Leder und die angelaufenen Schnallen. Wie in Trance legte ich die Kette um meinen immer noch schmerzenden Hals, schloss die Augen und presste die Fingerspitzen fest auf meine zuckenden Lider.

Davor
    Eigentlich war ich der Meinung gewesen, die meisten Livemusikkneipen im Londoner Norden zu kennen, doch The Long Fiddler sagte mir nichts. Von Hayden wusste ich, dass es eine Bar an der Kilburn High Road war, aber die genaue Adresse musste ich erst im Internet nachsehen.
    Beim Hineingehen wurde mir klar, dass es im Grunde gar keine Musikkneipe war, sondern ein ganz normales Pub mit einer etwas erhöhten Plattform am einen Ende des Raums. Ich blickte mich um und sah, dass Hayden bereits da war. Er stand mit zwei Männern an der Bar und hob zur Begrüßung nur lässig die Hand, als ich neben ihn trat.
    »Gleich habe ich Zeit für dich«, wimmelte er mich ab. Ein paar Tage zuvor hatten wir miteinander geschlafen, und er hatte in meinen Armen geweint. Nun tat er, als wäre ich lediglich eine gute Bekannte.
    Nachdem ich mir an der Theke ein Bier und eine Tüte Chips geholt hatte, suchte ich mir einen Tisch aus, der weit genug von der Bühne entfernt war und ein wenig seitlich stand, damit ich nachher nicht direkt in Haydens Blickfeld saß. Während ich auf ihn wartete, las ich die Nachrichten auf meinem Handy. Neal bat mich, ihn anzurufen, Joakim wollte wissen, wann die nächste Probe stattfand, und Liza erinnerte mich ein weiteres Mal an ihre Pflanzen. Ich stöberte kurz in meinem Ranzen herum, der zwar jede Menge Arbeitszeug aus der Schule, aber nichts Vernünftiges zu lesen enthielt, so dass mir am Ende kein anderer Zeitvertreib einfiel, als zu der Gruppe an der Bar hinüberzustarren. Einer von den Männern trug Lederstiefel, Jeans, eine Art Arbeiterjacke und als Krönung einen schwarzen Stetson. Sein bereits etwas angegrauter, zotteliger Ziegenbart passte perfekt dazu. Eigentlich war eine solche Aufmachung nur angemessen, wenn man vorhatte, per
Lasso einen Stier zu fangen … oder in einer Barband zu spielen. Der zweite Mann hatte eine braune Wildlederjacke und Jeans an. Er wirkte ein wenig unsicher, als fühlte er sich in seiner Haut nicht so ganz wohl. Worum es ging, konnte ich nicht hören, obwohl das Gespräch mehrmals etwas lauter wurde. Besonders gut schien es jedenfalls nicht zu laufen. Hayden sagte nicht viel, hatte aber eine harte, sarkastische Miene aufgesetzt. Einmal sah ich ihn mit dem Zeigefinger in Richtung Wildledermann gestikulieren, worauf dieser jedoch nicht reagierte. Neben ihm auf der Theke stand eine Flasche Bier, die er mal in die eine, mal in die andere Richtung neigte, als führte er gerade ein Experiment durch, um festzustellen, wie weit er sie neigen konnte, ehe sie kippte.
    Während ich mein Bier trank, fragte ich mich, warum um alles in der Welt ich hergekommen war. Ich überlegte, ob ich einfach

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