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Die Korallentaucherin

Die Korallentaucherin

Titel: Die Korallentaucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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diese Wohnung?« Jennifer schaute sich um. Sie entdeckte nicht viel Persönliches. Christina hatte sich eindeutig kein Nest gebaut. Die Kübelpflanzen, Bilder, Polster, alles sah aus wie zur Wohnung gehörend.
    »So lange, wie du mich brauchst.«
    Du meinst, so lange, wie du mich brauchst.
»Danke, Mum. Komm, lass uns Tee trinken. Was hast du denn bisher so unternommen? Dir die Stadt angesehen? Typisch für dich, dass du schon nach wenigen Tagen Leute kennst.«
    »Jennifer, wie lange bleibst du? Du wohnst doch hoffentlich bei mir?« Christinas Blick hatte etwas Verlorenes, Flehendes.
    »Aber natürlich. Morgen essen wir mit Rosie zu Mittag, dann muss ich zum Arzt, aber vielleicht können wir beide uns dann noch nach Babysachen umsehen. Nach einem Kinderwagen mit Tragebettchen.«
    »Ich weiß genau, was du brauchst …« Christina ließ sich ablenken.
    Jennifer schlürfte ihren Tee. Die vertraute Stimme ihrer Mutter hörte nicht auf, ihre Vorstellungen von einer Babyausstattung kundzutun. Die Sonne ging bereits unter, und Jennifer dachte an die Touristen, die sich bereit machten, von einem der romantischsten Fleckchen Erde aus den Sonnenuntergang zu erleben. An die glücklichen Flitterwöchner, die an den Beginn eines glückseligen Lebens glaubten … Hatten sie und Blair auch so empfunden? Sie erinnerte sich nicht mehr.
    Als sie schließlich doch ihre Tasche in das zweite Schlafzimmer brachte, stellte sie fest, dass ihre Mutter dieses eine Zimmer vollständig eingerichtet hatte. Jennifer war gerührt. Ihre lange vergessene Puppe Molly saß auf dem Bett. Ihr alter Bademantel, den sie vor Jahren bei Vi und Don zurückgelassen hatte, lag am Fußende.
    Christina stand nervös neben ihr. »Ich dachte, dadurch wird es ein bisschen heimeliger …« Ihre Stimme klang seltsam belegt. »Wir hatten schon seit so langer Zeit keine eigene Wohnung nur für uns zwei.«
    »Ich weiß, Mum.« Jennifer wollte nicht zulassen, dass in ihrem Inneren der Damm brach. »Die Dinge ändern sich. Bald schon werden wir hier zu zweieinhalb Personen sein.« Sie bemühte sich um ein Lächeln.
    »Geht es dir gut, Jen-Jen? Wirklich gut?«
    Sag jetzt bloß nichts über Blair.
»Ja, prima, Mum. Ein bisschen müde, das ist alles.«
    »Soll ich uns etwas Nettes zum Abendessen kochen? Eines von deinen Lieblingsgerichten?« Glücklich verließ sie das Zimmer.
    Jennifer legte sich aufs Bett und drückte die Fäuste auf die Augen.

[home]
    Kapitel vierzehn
    Ebbe und Flut
    D ie drei Frauen saßen an einem Tisch mit Blick auf den Hafen von Headland Bay draußen auf der Terrasse des Restaurants »The View«. Rosie setzte ihre Brille auf und studierte die Speisekarte. Beverly schenkte prickelndes Mineralwasser ein und lächelte Jennifer an.
    »Sie liest die Speisekarte, als machte sie Hausaufgaben. Worauf hast du Appetit?«
    »Auf das, was Rosie probieren möchte. Ich bin es so gewohnt; Blair macht es genauso.«
    Jennifer mochte Rosies Partnerin Beverly, eine Frau Mitte dreißig, groß, auffallend schön und dünn mit kurzem dunklen Haar, ein starker Kontrast zu der grobknochigen, rundlichen Rosie, die am Morgen beim Friseur gewesen war und ihre roten Locken noch leuchtender hatte tönen lassen. Beverly war Krankenschwester im Krankenhaus von Headland Bay und hatte Jennifer über das Personal, den Tagesablauf, Skandale und die Organisation dort aufgeklärt.
    »Hört sich an wie das inzestuöse Leben einer Inselgemeinde«, bemerkte Jennifer.
    »Vermutlich lässt es sich nicht vermeiden, dass Leute, die auf engem Raum sehr eng zusammenarbeiten, einander zu dicht auf die Pelle rücken«, sagte Beverly, und auf diese unbedachte Bemerkung hin warf Rosie ihr einen Blick zu. »Wie hat deine Mutter sich denn eingelebt?«, fragte Beverly, um das Thema zu wechseln. »Kennt sie schon jemanden?«
    »Die Frau, die im Erdgeschoss wohnt. Mum ist ziemlich begabt, was das Knüpfen von Kontakten betrifft, nur oberflächlich, rein gesellig, weißt du? Sie lässt niemanden zu nahe an sich heran. Ich hoffe, sie tritt auch hier in den Tennisclub ein.«
    »Uuuh, ich spiele Tennis. Ob sie Lust hätte, mich mal zu begleiten?«
    »Das wäre toll. Spielst du auch, Rosie?«, fragte Jennifer. In der Ferienanlage hatte sie nie beobachtet, dass Rosie sich an irgendeiner Freizeitaktivität beteiligte. Lockerer als bei ihren Besuchen bei Gideon hatte Jennifer die Geschäftsführerin nie gesehen.
    »Ich habe nicht vor, meine Vertrauenswürdigkeit beim Personal zu untergraben, indem ich mich

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