Die Kriegerin der Kelten
Stone das Nackenfell zu zerzausen, drückte sie beruhigend ihr Knie gegen seine Seite. Dicht aneinandergepresst beobachteten Hund und Kriegerin nun, wie die Veteranen aus der Tempelpforte gestürmt kamen, die Treppe hinabrannten und mit klirrenden Waffen auf die im Tempelhof harrenden Krieger losgingen. Schon bald zerbrachen die geordneten Reihen unter dem Chaos der Schlacht, und weder Breaca noch ihr Kampfhund verspürten sonderlich viel Verlangen danach, sich in das Getümmel zu stürzen.
Valerius kämpfte fast an vorderster Front des Heeres, an seiner einen Seite Cygfa und an der anderen Madb, die hibernische Frau mit den Augen einer Dohle. Seinen Rücken schützte derweil wie immer Longinus, der nicht weniger treu war als ein Hund. Huw, der Steinschleuderschütze, stand unmittelbar links hinter Valerius, während rechts Knife kämpfte sowie noch einige weitere Krieger, die beschlossen hatten, ihrem Anführer bis in die ersten Reihen zu folgen.
Breacas Bruder besaß also tatsächlich seine eigene Ehrengarde, wenngleich er dies natürlich bestritten und auch seine Ehrengarde wiederum geleugnet hätte, irgendetwas in dieser Art zu symbolisieren. Und dennoch hätten diese Krieger für Valerius ihr Leben gegeben. Breaca sah zu, wie er mit der Schwerthand einen Veteranen tötete und zugleich seinen Schild dazu benutzte, Cygfa zu schützen, während sie mit einer Rückhandbewegung einen weiteren Widersacher erstach. Das Haar ihrer Tochter schien wie eine wogende Flamme unter dem Licht der wieder aus ihren Fesseln befreiten Sonne, schien wie ein helles, fast weißes Flackern vor der bronzenen Tür und dem daraus in dicken Wolken aufsteigenden Rauch. Cygfa war sozusagen die Speerspitze, die die oberste Ebene der Treppe verteidigte und sich der wahren Flutwelle von rund zweihundert Veteranen entgegenstemmte. Und mit aller Macht versuchte Breacas Tochter, auch die hinter den Veteranen herstürmende Menschenschar daran zu hindern, sich nun einfach ungehemmt über den weißen Marmor und den sich davor ausbreitenden Tempelhof zu ergießen.
Doch selbst Cygfa, die sozusagen die weibliche Verkörperung Caradocs war, konnte fünfhundert kampfwütige Männer nicht ohne fremde Hilfe in deren Schranken verweisen. Die Veteranen drängten sich an ihr vorbei, wurden aber sogleich von Madb oder Valerius niedergemetzelt oder von irgendeinem anderen der schier zahllosen, nachdrängenden Krieger. Nur wenige Römer erreichten lebend den Fuß der Treppe. Und schon bald kam der Punkt, an dem die sich ansammelnden Leichenberge das Kämpfen deutlich erschwerten. Niemandem aus dem Heer der Bodicea war für diesen Fall befohlen worden, sich ganz gezielt möglichst auf den Tempel zuzubewegen, sodass die Krieger nun, statt nach vorn zu preschen, instinktiv langsam immer weiter zurückwichen, um Platz zu schaffen. Und umso mehr Römer hasteten geradewegs an ihnen vorbei.
Ganz am äußersten Rand der Treppe rannte eine Frau in den Innenhof hinab. Sie hatte rostrotes Haar und graugrüne Augen und stürmte geradewegs auf Breaca zu. Die Frau war keine Kriegerin. Ihre Bewegungen folgten nicht dem Lied ihres Speeres, sie hörte nicht die klagende Stimme ihres Schwertes, doch sie war flink, von nüchternem Verstand und erfüllt von dem brüllenden Zorn einer Wildsau, die mit blinder Gewalt ihre Jungen zu schützen versuchte. Dieser Zorn war alles, was sie hatte, um ihr Mut und Kraft zu verleihen. Doch er reichte bereits aus, um sie mit einer solchen Kampfeswut zu erfüllen, dass sie den jungen Coritani, der die Treppe hinaufeilte, um sich ihr entgegenzustellen, sofort und ohne viel Federlesens einfach niedermetzelte. Und das dem Coritani folgende Eceni-Mädchen wurde unter der Klinge der Frau mit dem rostroten Haar augenblicklich zum Krüppel geschlagen.
Die Frau war allein, ohne Kinder. Davon hatte Breaca sich bereits überzeugt, ehe sie nach vorn trat, um die Flüchtende am Weiterrennen zu hindern. Sie beide waren nun in einer kleinen Ecke des Tempelhofs gefangen, und auf der einen Seite verlief zu allem Übel auch noch eine niedrige Mauer, was diesen Ort zu einem geradezu selbstmörderischen Schlachtfeld machte. Kaum, dass die Frau mit dem rostroten Haar auf Breaca losging, da rannte Stone in einem großen Halbkreis um sie herum und drängte sie seitlich gegen die Tempelhofbegrenzung, sodass ihr Schild am Mauerwerk entlangkratzte.
Doch auch Breacas Schild verfing sich kurzzeitig in der steinernen Brüstung. Rasch wich sie wieder von der
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