Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Küsten der Vergangenheit

Die Küsten der Vergangenheit

Titel: Die Küsten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
Vom Netzwerk:
und krümmte den Finger um den Abzug. Das Echo des Schusses hallte durch den Wald. Überraschung flackerte in den Augen des Bocks auf. Die Bäume wurden lebendig, und ein Schwarm Vögel floh in den Himmel. Auf der Brust des Bocks erschien Blut.
    Die Vorderbeine des Tiers gaben nach. Es brach ein, fiel zur Seite, zuckte und entspannte sich.
    Jack stand einfach da und genoß die einfache Schönheit des Augenblicks, wartete darauf, daß das Zittern aufhörte. Als es soweit war und der Hirschbock still lag, ging Jack zum Schneemobil zurück, um die Plastikplane zu holen, in die er den Kadaver einwickeln würde. In diesem Augenblick verdunkelte etwas Merkwürdiges die Sonne.
    Jack blickte auf in der Erwartung, eine Wolke zu sehen, doch der Himmel zwischen den Zweigen war nach wie vor weiß und grell. Jack nahm die Plane, und der Schnee knirschte unter seinen Füßen, während er sie neben der Beute ausbreitete und glättete. Das Her hatte sich in einem Busch verfangen, und Jack mußte ein paar Äste abbrechen, um an die Vorderbein zu kommen.
    Es wurde kälter.
    Nervös blickte er entlang der Spur zurück bis zu der Stelle, wo sie in einem Bogen außer Sicht verschwand, vielleicht dreißig Fuß weiter hinten. Und ein Stück voraus, wo sie sich über einen flachen Hügel zog.
    Ein Windstoß schüttelte die Bäume. Tief in Jacks Unterbewußtsein, dort, wo der wirkliche Jack McGuigan lebte, rührte sich etwas. Irgend etwas, das nicht zu Jack gehörte.
    Er spürte, wie Wellen von Wut durch seinen Körper durchströmten.
    Verrückt.
    Überall waren Vögel und kleine Tiere. Ein warmer Lufthauch berührte ihn. Das entfernte Brummen von Verkehr, draußen auf dem Highway, vermischte sich mit der unberührten Stille. Jack fühlte sich seltsam losgelöst, frei. Und beobachtete mit plötzlichem Entsetzen den toten Bock und das Schneemobil und die Gestalt davor, die nur er selbst sein konnte.
    Er spürte die Baumwipfel unter seiner Hand, warm und lebendig. Sie bebten. Schnee und abgebrochene Zweige rieselten nach unten.
    Zwischen den Ästen regte sich etwas. Das Sonnenlicht veränderte sich, wechselte die Farbe, funkelte. Jack spürte, daß er nicht mehr alleine war. Er hob die Waffe und warf einen Blick hinter sich. Die Luft wurde wärmer. Das Blut der Beute leuchtete hell im Schnee.
     
    »Es ist ein Alptraum«, sagte Taylor. Er drehte den Ton leiser und lehnte sich in seinem Sitz zurück.
    Tony Peters massierte die Stelle über dem linken Auge, an der seine Migräne immer begann.
    Die Bilder im Fernsehen zeigten die UN-Versammlung. Dem Sicherheitsrat war eine Resolution vorgelegt worden, die internationalen Zugang zum Rundhaus verlangte. »Wir müssen unser Veto gegen diese verdammte Resolution einlegen«, sagte der Präsident düster.
    Peters war überzeugt, daß sie den Sturm aussitzen konnten, und er wußte, daß es nun an ihm war, den Präsidenten zu beruhigen, damit Taylor keine voreiligen Entscheidungen fällte. »Sie alle wissen«, sagte er, »daß Sie souveränes Territorium nicht einfach aufgeben dürfen. Wir könnten es nicht einmal dann, wenn wir wollten. Johnson’s Ridge befindet sich in Privatbesitz.«
    Taylor lachte auf. »Ich weiß nicht«, erwiderte er. »Es gibt reichlich Präzedenzfälle für Enteignungen. Aber das spielt wirklich keine Rolle. Es wäre einfachfalsch.«
    »Außerdem würde es politischen Selbstmord bedeuten.«
    »Also denken Sie, daß man uns nur eine Botschaft zukommen lassen will? Mehr nicht?«
    »Nein. Natürlich nicht. Alle haben Angst. Trotzdem gibt es eine ganze Menge Leute, die keine Chance auslassen, uns in Verlegenheit zu bringen.«
    »Sie machen ihre Sache jedenfalls verdammt gut.« Der Präsident füllte sein Sherryglas nach und bot Peters die Flasche an.
    Peters schüttelte den Kopf.
    »Tony, wer hätte geglaubt, daß es im Paradies Öl gibt?« Matt Taylor seufzte. »Man läßt uns keine Zeit zum Atmen.«
    »Spielt keine Rolle«, erwiderte der Berater. »Wieviel Öl kann man schon auf den Weltmarkt bringen, wenn man Faß für Faß durch dieses Was-auch-immer schleusen muß?«
    Das war ein Punkt. Der Präsident schien erfreut über diese eine gute Nachricht. »Aber es wird eine Rolle spielen«, sagte er. »Irgendwann. Falls es viel Öl dort drüben gibt, werden wir einen Weg finden, es zur Erde zu schaffen. Jeder weiß das. Doch das ist nicht das wirkliche Problem, oder?«
    »Nein.«
    Taylor war sich der Tatsache bewußt, daß mehr auf dem Spiel stand als Volkswirtschaft und Wahlen. Es

Weitere Kostenlose Bücher