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Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)

Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)

Titel: Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Morgan Jones
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einen Moment starrte er mit leerem Blick vor sich hin und schwieg. Während seines Monologs hatte er Webster kaum einmal angeschaut, was so ungewöhnlich für ihn war, dass Webster keinen Zweifel daran hatte, dass er die Wahrheit erzählte. Es war zwar eine erstaunliche Geschichte, aber sie klang keinesfalls unglaubwürdig. Jetzt, wo er zum Ende gekommen war, ergab sie auf absurde Weise Sinn.
    Würde man den Mann, der Qazai gerne wäre, ins Gegenteil verkehren, dann säße er jetzt vor einem: kein glühender Patriot mehr, sondern ein erbärmlicher Verräter, der letztlich genauso schwach wie sein Vater war. Beide liebten das Geld, und Qazais Angst, nicht genug davon zu haben, war sogar noch größer. Während Webster die Geschichte sacken ließ und abwechselnd Mitgefühl und Abscheu empfand, dämmerte ihm, dass Timur nicht hätte sterben müssen.
    »Warum haben Sie den ganzen Laden nicht einfach verkauft? Ich kapier’s nicht.«
    Qazai schwieg.
    »All das hätte nicht passieren müssen.«
    Qazai kratzte sich am Bart. »Vielleicht.«
    »Sie wissen das.«
    »Ich wollte Timur die Firma hinterlassen.« Er hielt inne, hörte auf, sich zu kratzen. »Ehrlich.«
    »Ich bin mir nicht sicher, dass er sie wollte.«
    Qazai starrte Webster mit einem Anflug seiner alten autoritären Art an. Doch sofort hellte sich sein Blick wieder auf, und er schaute zur Seite, legte die Hand an die Stirn und zupfte an einer seiner Brauen.
    »Diese Leute haben ihn nie bedroht. Sie haben nur gesagt, sie könnten mein Leben zerstören. Ich wusste nicht, dass sie meinten, indem sie ihn töten.«
    »Nach dem, was mit Ihrem Enkel passiert war?«
    »Ich dachte, die wollten mir bloß Angst einjagen.«
    »Hätten sie mal.« Qazai schaute auf und nickte gedankenabwesend. »Was ist mit Mehr?«, fragte Webster.
    »Mehr. Das war auf ihrem Territorium. Ich dachte … Ich dachte, das hat sich so ergeben.«
    Webster schnaubte. »Man hat ihn eingeladen.«
    Qazai sagte nichts, und für ein, zwei Minuten herrschte zwischen ihnen erschöpftes Schweigen.
    »Wer ist Rad?«, fragte Webster schließlich.
    Qazai faltete die Hände und starrte auf sie hinab.
    »Hat er auch einen Vornamen?«, sagte Webster.
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Wer ist er?«
    »Er ist vom Geheimdienst. Vermute ich.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    »Mehr weiß ich nicht. Ich bin ihm nur dreimal begegnet. Als Ahmadinedschad an die Macht kam, hat sich alles geändert. Nach Nezam hatte ich fünfzehn Jahre lang mit demselben Mann zu tun. Mutlaq war sein Name. Ich habe ihn einmal im Jahr getroffen, immer an einem anderen Ort.«
    »Wie haben Sie miteinander kommuniziert?«
    »Wir hatten eine Briefkastenfirma in Mayfair. Einmal pro Woche habe ich die Post abgeholt.«
    »Existiert die noch?«
    »Inzwischen gibt es eine andere.«
    »Und wenn Sie mit ihm reden wollten?«
    »Es gab Notfallmaßnahmen. Allerdings habe ich sie nie gebraucht.«
    »Erzählen Sie weiter.«
    »Schön. Vor zwei Jahren wollte ich mich in Caracas mit Mutlaq treffen, aber er war nicht da. Stattdessen kreuzte Rad dort auf. Er erzählte mir, dass sich in Teheran die Lage geändert habe und dass sie sich Sorgen wegen des Geldes machten. Und darüber, was ich damit anstelle. Weil ich es in sunnitische und amerikanische Firmen investiere. Das war merkwürdig, denn früher schien es niemanden zu kümmern, wo das Geld hinging. Er meinte, von jetzt an müsse ich in anderen Bereichen investieren. Ich erklärte ihm, dass ich sehen werde, was sich machen lasse, aber es sei womöglich nicht leicht, das zu ändern. Er sah mich nur durch seine Brille an und meinte, dass ich nicht vergessen solle, wer mich groß gemacht habe.« Qazai hielt inne. »Das war unser erstes Treffen.«
    »Und dann?«
    »Dann ging alles den Bach runter. Die Hälfte der Shiraz-Gelder hatten wir in der Golfregion investiert, und davon wiederum die Hälfte in Dubai und in Immobilien. Wir haben uns immer noch nicht davon erholt.«
    »Wie viel? Wie viel haben Sie verloren?«
    Qazai fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Über die Hälfte unserer Investitionen. Ohne das, was wir den Banken schuldeten. Und dann trat Rad wieder in Erscheinung.«
    »In Erscheinung?«
    »Es kam ein Brief. Er bat um ein Treffen. Diesmal in Belgrad.«
    »Glauben Sie, dass die Bescheid wussten?«
    »Wahrscheinlich schon.«
    »Und die wollten ihr Geld?«
    »Alles.«
    »Wie viel?«
    »Zwei Komma sieben Milliarden.«
    Webster verzog das Gesicht. »Das ist genug. Und wie viel haben Sie?«
    »Weniger.« Qazai

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