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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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und Mineralien befanden, die für die Herstellung von Medizin und Kosmetik benötigt wurden. Crestina führte nicht nur Salben und Tränke gegen diverse Leiden in ihrem Sortiment, sondern auch allerlei Cremes und Tropfen für die Schönheit.
    Laura hatte rasch mitbekommen, dass mit der Körperpflege mindestens genauso viel Geld zu verdienen war wie mit der Heilkunde. Die meisten Frauen scheuten weder Kosten noch Mühen, um sich mit glatter Haut, strahlenden Augen und duftendem, glänzendem Haar hervortun zu können.
    Darüber hinaus bot Crestina ihren Kundinnen auch Mixturen an, deren Wirkung, wie sie Laura freimütig anvertraut hatte, eher der Fantasie als den Inhaltsstoffen zuzuschreiben war, etwa Potenzmittel und Liebestränke.
    »Dass diese Dinge dennoch sehr gut helfen können, zeigt uns, wie wichtig der Glaube an die Kraft eines Mittels ist«, hatte sie Laura erläutert. »Unterschätze also niemals die Vorstellungskraft der Menschen. Versuche stets, selbst an die Wirksamkeit zu glauben, dann werden auch sie es tun.«
    Unerlässlich dafür war, dass sie nichts verkauften, was den Menschen schaden konnte, das war Crestinas oberste Regel. Wie alle Apotheker beschäftigte sie sich eingehend mit der Wirkung von Giften aller Art, was schon deshalb unerlässlich war, weil eine Vielzahl von Pflanzen giftig war und nur mit großer Vorsicht angewendet werden durfte.
    Nicht wenige davon waren schon in geringer Dosierung tödlich, etwa die gefährliche Tollkirsche, aus deren Saft Crestina Augentropfen herstellte, oder der Rote Fingerhut, dessen Blätter und Blüten sie in winzigen Mengen einem Stärkungsmittel beifügte. Es gab den kostbaren Samen des Schlafmohns, aus dem sich ein Öl herstellen ließ, von dem schon ein paar Tropfen einen Menschen in tiefe Bewusstlosigkeit sinken ließen und über den Crestina ihr ein Gedicht zum Abschreiben überlassen hatte – weil es hübsch war und weil es half, Latein zu lernen.
Et cereale quidem nugarum in parte papaver
Hac memorare placet, quod raptu mesta puellae
Mater, ut immensis optata oblivia mentem
Exuerent curis, fertur Latona vorasse  ... 2
    Laura hatte nach der Geschichte gefragt, die hinter dem Vers steckte, doch Crestina sagte, sie sei ihr nicht bekannt. Es musste ein trauriges Schicksal sein, das darin beschrieben wurde, von einer Mutter, der die Tochter genommen wurde und die nur mit Hilfe des Schlafmohns Vergessen finden konnte.
    An diesem Januarmorgen war es ungewöhnlich kalt in Venedig. Es zog durch die Ritzen der Holzwände in den Gartenschuppen hinein, und die Wärme, die der bullernde Ofen an der steinernen Seite des windschiefen Außenbaus erzeugte, reichte bei weitem nicht aus, um den Frost zu vertreiben. Bei der eisigen Witterung hätten sie die Salbe auch in der Küche des Hauses kochen können, doch dort werkelte Mansuetta, die mit der Zubereitung des Mittagsmahls beschäftigt war, und da es der einzig wirklich warme Raum im Haus war, hielt sich auch Matteo dort auf. In der drangvollen Enge mochten sich zwar noch zwei weitere Menschen an den großen Ess- und Arbeitstisch setzen können, doch für medizinische Zubereitungen war die Küche an diesem Tag nicht der geeignete Ort.
    Das Salbenkochen ließ sich nicht länger aufschieben, obwohl die Kälte den Aufenthalt im Schuppen ungemütlich machte. Am Vortag war der Vorrat an grüner Salbe ausgegangen, ein häufig gekauftes Produkt, mit dem Crestina schon viele Kunden gewonnen hatte. Die Salbe eignete sich hervorragend für die Heilbehandlung, denn sie verhinderte bei regelmäßiger Anwendung die Bildung wilden Fleischs und zog rasch die Entzündung und etwaigen Schmutz aus der Wunde.
    Laura stand am Ofen und bereitete unter Crestinas Anleitung nach dem ihr längst bekannten Rezept das Medikament zu. Auf zwanzig Teile weißes Pinienterpentin kam dieselbe Menge frisches Schweineschmalz, dazu zehn Teile Bienenhonig und derselbe Anteil gelbes Bienenwachs, und zuletzt drei Teile Grünspan. Wichtig war, dass alles nur leicht erwärmt wurde, damit man es besser verrühren konnte. Sie hielt den tönernen, innen glasierten Tiegel, in dem sie die Masse mischte, nur kurz über das Feuer, immer nur so lange, bis die einzelnen Zutaten weich wurden und zu schmelzen begannen, dann zog sie die Mischung rasch aus der Reichweite der Flammen und schlug sie sorgfältig mit dem Rührlöffel auf, bis sie sich in einen sämigen Brei verwandelt hatte. Der durchdringende Geruch von Terpentin erfüllte den Schuppen und überlagerte

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