Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
Familie Querini war bekannt, es war nicht weiter schwierig, das Gespräch auf eines ihrer Mitglieder zu lenken. So war eine Information zur anderen gekommen, doch je mehr sie erfahren hatten, desto zahlreicher wurden die offenen Fragen.
Mitunter dachte Laura auch darüber nach, dass während ihrer Kindheit nie irgendwelche Verwandten erschienen waren noch je über solche gesprochen wurde, jedenfalls niemals namentlich. Im Nachhinein begriff sie, wie seltsam das war, doch als Kind war es ihr ganz natürlich vorgekommen.
Eine aufwändig in den Farben Burgunder und Gold verzierte Gondel trieb an ihr vorbei. Der Barcaruolo lenkte das Boot zum Wassertor unter den Arkaden, die den Palastvorbau zum Wasser und seitlich zur Fondamenta hin begrenzten.
Vier maskierte Gestalten erhoben sich von den Bänken, und Laura zog sich rasch wieder in den Schutz der Felze zurück. Doch es war zu spät, einer der Männer hatte sie bereits gesehen und erkannt.
»Madonna Laura!«, rief er begeistert aus. Laura erkannte sofort Tizianos Stimme und stöhnte unhörbar, als er zuerst an Land sprang und dann die wenigen Schritte zu der von ihr gemieteten Gondel eilte, um sich hinab zu ihr ins Boot zu beugen. »Laura, wie ich mich freue, Euch wiederzusehen! Was für ein Zufall, dass Ihr auch zu dem Fest geladen seid!« Er schien zu merken, dass er die Regeln der Höflichkeit außer Acht ließ. »Verzeiht«, sagte er reumütig, während er die Maske abstreifte und Laura anstrahlte. »Ich hoffte immer, Ihr kämt einmal in mein Atelier, wie Ihr es versprochen hattet, aber sicher haben Euch die Umstände gezwungen, fernzubleiben.«
»Ähm ... ja. Es waren wirklich die Umstände, tut mir leid.« Lauras schlechtes Gewissen hielt sich in Grenzen, doch ihr war klar, dass sie ihn nun so schnell nicht mehr loswerden würde. Unbehaglich sah sie zu, wie die drei anderen, die ebenfalls aus der Gondel gestiegen waren, sich zu dem jungen Maler gesellten.
»Zorzo, du kennst sie ja bereits. Zuane, darf ich vorstellen? Laura Monteverdi!« Tiziano streckte die Hand aus, und ehe Laura sich versah, hatte er sie aus dem Boot auf die Fondamenta gezogen. »Eines Tages werde ich sie malen, als Blumengöttin. Ich habe schon angefangen, Skizzen aus dem Gedächtnis herzustellen, doch in natura ist sie, wie ich jetzt erkenne, um ein Vielfaches reizvoller und makelloser, als die Erinnerung es zulassen möchte!«
»Das ist ein Missverständnis. Ich bin zu keinem Fest geladen.« Eilig zog sie ihre Hand aus seiner und machte Anstalten, zurück in die Gondel zu steigen.
Die drei anderen Männer hatten ebenfalls ihre Masken heruntergenommen. In dem Größeren der beiden erkannte sie sofort den Maler Zorzo da Castelfranco wieder, während sie die beiden anderen noch nie gesehen hatte. Einer, der Älteste der ganzen Gruppe, war ein Mann Ende der dreißig und von schlankem, hohem Wuchs. Sein Haar war grau meliert, sein Gesicht gut aussehend und markant. Er musste eine Art Bediensteter oder Gefolgsmann sein, denn er trug Kleidung und Handschuhe in den Wappenfarben des Hauses Querini.
Der Jüngste von allen war auch gleichzeitig am ansehnlichsten. Seine Aufmachung ähnelte der des älteren Mannes, war jedoch weit kostbarer und mondäner. Er war sicher kaum älter als Antonio, und sein Haar war blond wie Weizen in der Sonne. Das Blau seiner Augen schimmerte im Licht der Fackeln wie der dazugehörige Sommerhimmel.
»Madonna, seid gewiss, dass das ein unverzeihliches Versäumnis darstellt. Hätte ich Euch je gesehen, hätte ich Euch auf der Stelle eingeladen. Was ich selbstverständlich hiermit nachhole.« Er verneigte sich und lächelte sie an, die Tiermaske mit einer Hand an seine Brust gedrückt, die andere in höfischer Geste auf den Rücken gelegt und ein Bein zu einem angedeuteten Kratzfuß nach hinten gestellt. Er schien bester Laune. Sein anziehendes junges Gesicht strahlte in argloser Fröhlichkeit; vermutlich hatte er ein paar Gläser getrunken. Doch bestimmt nicht zu viel, denn sein Schritt war sicher und fest, als er vortrat und Lauras Arm nahm. »Es wäre eine Schande, wenn eine so zauberhafte Grazie wie Ihr heute ohne Feier schlafen gehen müsste!«
Zorzo brachte sich durch ein Hüsteln in Erinnerung. »Zuane, mir scheint, du gehst hier von falschen Voraussetzungen aus.«
Der blonde junge Mann drehte sich erstaunt zu ihm um. »Was meinst du? Wir gehen jetzt rein und feiern, und diese entzückende Maid wird uns den Abend versüßen. Wir trinken Wein und tanzen, und
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