Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
und war im Übrigen unschwer als Zuanes Vater zu erkennen. Sein Haar war zwar eher grau als blond, doch ansonsten war die Ähnlichkeit augenfällig. Beide hatten sie den gleichen Gesichtsschnitt, und auch in Ausdruck und Bewegung glichen sie einander wie zwei Seiten einer Medaille, nur dass Zuane rund dreißig Jahre jünger war.
»Du hast Besuch mitgebracht«, sagte Querini mit Blick auf Laura.
»Ganz recht.« Zuane strahlte. »Vater, ich möchte dir Laura Monteverdi vorstellen, sie gibt mir die Ehre, ein wenig mit mir zu feiern. Laura, mein Vater, Marcello Querini.«
»Madonna«, sagte der Patrizier. Die Hände in höflicher Distanziertheit auf dem Rücken verschränkt, verneigte er sich knapp und trat dann einen Schritt zurück, um sie von Kopf bis Fuß zu mustern. Das Licht des Kaminfeuers, das hinter ihm den Raum erleuchtete, umriss seine Silhouette mit scharfer Deutlichkeit, ließ aber Teile seines Gesichts im Dunkeln.
»Ich sah Euch bisher auf keiner der üblichen Feiern. Seht es mir nach, dass ich Euch nicht sofort erkenne.«
»Ihr erkennt mich nicht, weil ich sonst nie auf solche vornehmen Feiern gehe.« Laura erschrak, weil das sogar in ihren eigenen Ohren patzig geklungen hatte.
Marcello Querini lächelte mit schwacher Belustigung. »Dazu möchte ich Euch von Herzen beglückwünschen. Ihr habt wahrlich wenig versäumt.«
Sie erwiderte sein Lächeln, erleichtert darüber, dass sie ihn nicht verstimmt hatte.
Doch gleich darauf verschwand der Ausdruck von Amüsement wieder von seinem Gesicht und machte unbestimmter Besorgnis Platz. »Verzeiht, wenn ich mich schon wieder zurückziehe. Auf mich wartet dringende Arbeit.« Er nickte Laura kurz zu, bevor er davonging und durch eine Tür in einem Nebenraum verschwand.
»Warte!« Eugenia eilte ihm nach. »Wie kannst du dich jetzt um deine langweiligen Kriegsgeschäfte kümmern wollen!«
Zuane seufzte und wandte sich Laura zu. »Ich hoffe, Ihr bezieht diesen unverhofften Rückzug nicht auf Euch. Es geht wie immer um Handel und Politik. Und in dem Fall wohl auch um den Krieg.«
Laura war es herzlich egal, warum Querini so schnell von der Bildfläche verschwunden war. Im Gegenteil, es war ihr sogar recht, denn damit hatte er dafür gesorgt, dass seine Schwester ihm folgte, bevor sie Laura mit lästigen Fragen traktieren konnte, etwa danach, was sie hergeführt hatte.
»Ich finde es höchst interessant, dass Ihr malt«, sagte sie. »Für Kunst habe ich mich schon immer begeistern können. Sind Bilder in der Nähe, die Eurer Hand entstammen?« In beiläufigem Ton fügte sie hinzu: »Was ist mit dem Porträt, das Euer Vater vorhin erwähnte?«
Zuane hob die Schultern. »Oh, das. Nun ja, ich gebe zu, Angelicas Porträt ist mir gut gelungen. Was aber vermutlich daran lag, dass sie mir mit solcher Engelsgeduld Modell saß. Sie war stets die Liebenswürdigkeit in Person.« Seine Miene zeigte einen Ausdruck von Trauer, während er zu einem kostbar gerahmten Gemälde hinüberschaute, das ein paar Schritte entfernt an der Wand hing, flankiert von zwei schimmernden Kerzenhaltern aus Kristall.
»War?« Laura folgte seinen Blicken und fühlte Kälte in sich aufsteigen. »Lebt sie nicht mehr?«
»Nein, Angelica starb im vergangenen Jahr. Ich war auf Reisen und konnte nicht einmal an ihrem Begräbnis teilnehmen, was ich zutiefst bedaure. Sie fehlt mir schrecklich. Ihr müsst wissen, sie hat mich beinahe wie ihr eigenes Kind aufgezogen, so lange, wie sie mit meinem Vater verheiratet war.«
»Wie lange war das?«
»Fast zwölf Jahre. Ich war acht, als sie zu uns kam.«
»Aha«, meinte Laura, nur um etwas von sich zu geben.
»Sie war nicht meine Stiefmutter, falls Ihr das jetzt annehmt.« Zuane räusperte sich verlegen, dann fuhr er hastig fort: »Irgendwer wird es Euch sowieso erzählen, also kann ich das gleich selbst übernehmen: Ich bin ein Bastard. Auf mir lastet der Makel der unehelichen Geburt.«
»Ihr seid deswegen nicht schlechter als jeder andere Mann hier in der Stadt!«, erwiderte Laura zerstreut, die Blicke unverwandt auf das Gemälde gerichtet. »Das Porträt ist Euch sehr gut gelungen.«
»Tante Eugenia meint, wir sollten es woanders aufhängen, damit Vater schneller über seine Trauer hinwegkommt. Was mich betrifft, so hilft es mir, es hin und wieder anschauen zu können und ihrer dabei zu gedenken ...« Er brach ab. »Ich langweile Euch. Dies ist nicht die Zeit für alte Familiengeschichten. Es ist Karneval, und heute ist mein Geburtstag. Lasst uns
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