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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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ein Jahr älter als er, vielleicht lag es daran. In der letzten Zeit kam es oft vor, dass er sich aus unerfindlichen Gründen verlegen und unbehaglich fühlte, wenn sie ihn anschaute, und zu seinem Verdruss ärgerte er sich auch darüber, dass sie mit Carlo herumtändelte, den sie damit in ähnliche Unruhe zu versetzen schien wie ihn.
    Der Schwarze blickte Valeria auf ihre Aufforderung hin stoisch an und reagierte nicht, auch nicht, als sie ihm mit einer Geste verdeutlichte, was sie meinte.
    Natürlich wusste er genau, worauf sie hinauswollte, das sah Antonio ihm an. Carlo hatte in einer Woche enorm viel dazugelernt, inzwischen kannte er die wichtigsten Begriffe für Kleidung, Essen, Waffen und andere Dinge aus ihrer Umgebung, und es wurden derer täglich mehr. Er schien auch bestimmte Regeln zu verstehen, wenn man sie ihm langsam erklärte. Etwa, warum man sich vor den Pfaffen in Acht nehmen musste, die gelegentlich in den wenigen öden und sumpfigen Strandabschnitten nach elternlosen Kindern fahndeten, um sie in Waisenheime zu verfrachten. Oder warum man bei bestimmten Fischsorten aufpassen musste, wenn man beim Essen nicht an den Gräten ersticken wollte.
    Er trug nicht mehr den Lendenschurz wie bei seiner Flucht, sondern hatte sich von irgendwoher Kleidung beschafft, die ihm sogar halbwegs passte, ein offenes Wams, ein Hemd von undefinierbarer Farbe und löchrige Beinlinge. Und er war bewaffnet mit einem schartigen, aber blinkend scharf geschliffenen Messer.
    »Nun spring doch endlich!«, sagte Valeria.
    Der Schwarze nahm zwei Steine auf und hieb sie gegeneinander, immer wieder, bis einzelne Splitter wegflogen. Er schaute Valeria nicht an.
    »Idiot!«, fauchte Valeria.
    »Lass ihn in Ruhe«, befahl Antonio ihr gereizt. »Warum sollte er nur zu deinem Vergnügen springen?«
    »Weil ich es möchte«, versetzte sie schnippisch.
    Sie schaute ihn herausfordernd an und schien darauf zu warten, dass er sie in die Schranken wies, so wie er es mit allen tat, die ihm widersprachen, doch er fühlte sich nicht in der Verfassung, sich mit ihr herumzustreiten. Ihm war heiß, und er hatte Kopfschmerzen. Der Schlachter, bei dem er am Morgen ein Stück Fleisch gestohlen hatte, war schneller gewesen als er und hatte ihm eins mit einem Knochen übergezogen. Der Schlag hatte ihn nur gestreift und ihm ein Stück Haut über dem Ohr weggerissen, aber die Stelle schmerzte immer noch höllisch, und der ganze Schädel brummte ihm, als wäre er gegen eine Wand gerannt. Wenn er die Augen schloss, wurde ihm schwindlig.
    Immerhin hatte er das Fleisch nicht fallen lassen; sie hatten es vorhin über dem Feuer gegart und bereits verspeist, bis auf die Portion, die er für Cecilia aufgehoben hatte.
    Aus den Augenwinkeln sah er, wie der Schwarze die Steine zur Seite warf und zuerst Valeria und dann ihn anschaute, als könnte er sich nicht recht entscheiden, wer mehr zu sagen hatte. Bis vor ein paar Monaten hätte Antonio diese Frage ganz klar dahingehend beantwortet, dass Valeria bestimmte, was die übrigen Kinder zu tun hatten, doch dann war zweierlei geschehen: Er war binnen kürzester Zeit mehrere Handbreit gewachsen. Und er hatte den dringenden Wunsch verspürt, sie in ihre Schranken zu weisen. Schon deshalb, weil er es nicht ausstehen konnte, wie sie seine Schwester behandelte.
    Als hätte sie gespürt, dass er an sie dachte, fing Cecilia an zu husten. Sie lag auf der anderen Seite des Bootes im Schatten. Anders als Valeria hatte sie noch kein Interesse daran, ihr Haar von der Sonne bleichen zu lassen. Außerdem war ihr auch so schon heiß genug, denn sie hatte wieder hohes Fieber. Dies war mindestens die dritte schwere Erkältung seit Beginn des Jahres, und manchmal kam es Antonio so vor, als würde sie auch zwischendurch kaum je richtig gesund, denn Husten hatte sie immer. Sie war so dünn, dass man ihre Arme und Beine mit zwei Fingern hätte umschließen können, und überall stachen ihre Knochen hervor.
    Antonio ging um das Boot herum und widerstand dabei dem Verlangen, Valeria einen Tritt zu verpassen. Nicht so hart, dass es sie hätte verletzen können, eher um zu beweisen, dass er es konnte und dass sie sich ihm zu fügen hatte, wenn er es wollte. Vielleicht würde sie dann aufhören, ihm zu widersprechen. Oder ihn auf diese merkwürdige neue Art herauszufordern, die ihn abends vor dem Einschlafen noch lange wach liegen ließ.
    Cecilia hatte die Beine an den Leib gezogen und sie mit beiden Händen umklammert. Trotz der Hitze schien sie

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