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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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zerrissen sie sich innerlich fühlte, legte er ihr den Arm um die Schultern und führte sie zum Bett, und dann durfte sie sich zwischen ihre Eltern kuscheln, so wie früher, als sie noch klein gewesen war und sich bei Dunkelheit gefürchtet hatte.
    Ihre Mutter war im Dämmerlicht unter dem Betthimmel wie immer von hoheitsvoller, beinahe unnahbarer Schönheit, wie die Königin einer fremden Welt. Die Leute sagten, dass Laura ihr ähnlich sehe. Anna Monteverdis Haar war eher rostbraun als rot, doch der starke kupfrige Schimmer, den das Sonnenlicht hineinzauberte, deutete auf die Familienähnlichkeit hin.
    Der Vater war kaum größer als die Mutter, schmal und sehnig, und seine Augen waren grau wie der Himmel bei Regenwetter.
    Laura lag zwischen ihren Eltern im Bett, und sie redeten leise, so wie eine ganz normale Familie. Sie sprachen darüber, ob der Besitzer des neuen Palazzo in Cannaregio Guido Monteverdi wohl den Auftrag für die Fassadenmalerei erteilen würde. Ob Monna Pippa während der Reise nach Lissabon, zu der ihr Mann sie letzte Woche mitgenommen hatte, wie von ihr befürchtet, seekrank werden würde. Und schließlich sprachen sie darüber, ob sie es wohl an diesem Vormittag noch schaffen würden, endlich aufzustehen und in der Küche nachzuschauen, ob vom Vortag noch genug zum Essen da war.
    Laura war solchen Gefühlen wie Glück und Zufriedenheit so nahe wie seit langem nicht. Unter dem Betthimmel roch es nach verschwitzten Leibern, und es wurde bald unerträglich warm. Doch um nichts in der Welt hätte sie woanders sein wollen. Alle bösen Ahnungen würden sich in Wohlgefallen auflösen, es würde nichts geschehen. Die Mutter würde bald einen kleinen Bruder zur Welt bringen – vielleicht auch eine kleine Schwester, ganz wie es Gott gefiel –, und dann würde das Leben ruhig und friedlich weitergehen wie immer.
    Schließlich stand die Mutter lachend auf. Mit schwerfälligen Bewegungen stemmte sie sich von der Bettkante hoch. »Ich halte es nicht mehr aus mit euch! Ihr zwei verbreitet eine schlimmere Hitze als der Herd! Ich gehe nach unten. Wer kommt mit?«
    Im Gegenlicht des rückwärtigen Fensters war ihr Bauch eine große Kugel, die sich unter dem Nachtgewand abzeichnete. Sie wandte sich um und lächelte Laura zu, die im Bett liegen geblieben war und den Blick ihrer Mutter mit einem schmerzhaften Ziehen im Herzen erwiderte.
    Geh nicht nach unten, wollte Laura sagen. Bleib hier!
    Doch sie brachte es nicht fertig, denn wie hätte sie eine so absurde Äußerung von sich geben können?
    Auch der Vater erhob sich und blieb auf dem Weg zur Treppe kurz im Türrahmen stehen. »Möchtest du nachher mit mir zu San Spirito kommen? In einer Seitenkapelle sind noch Fresken fertigzustellen, und ich könnte einen Gehilfen brauchen.«
    Er blickte sie aufmunternd an, und seine himmelgrauen Augen leuchteten im einfallenden Sonnenlicht.
    Laura nickte stumm und schaute dann zu, wie er zur Treppe ging. Die Außentür ließ er offen stehen, und von dem kleinen Garten im Hinterhof drang der Duft von Blüten herauf. Unten neben der Mauer, die den Hof zum dahinterliegenden Campiello hin abgrenzte, standen mehrere Oleanderbüsche in voller Blüte, deren betäubend süßer Geruch an heißen Sommertagen wie diesem das ganze Haus zu umhüllen schien.
    Laura sog den Duft ein, dann drehte sie den Kopf zur Seite und vergrub ihr Gesicht in den Kissen, um den Geruch ihrer Eltern einzuatmen. Gleich darauf erstarrte sie, mehrere Herzschläge lang, bevor die seit langem schwelende Bedrohung sich in schreckliche Wirklichkeit verwandelte.
    Von unten ertönte der schrille Schrei ihrer Mutter.
    »Spring noch einmal so hoch wie vorhin, Carlo«, befahl Valeria dem Schwarzen. Sie hatte es sich zwischen den zerborstenen Resten eines Fischerbootes bequem gemacht, den Kopf gegen den verrotteten Bug gelehnt und die langen Beine im Sand ausgestreckt. Ihr helles Haar lag malerisch ausgebreitet über den morschen Planken, und ihre Augen waren halb geschlossen.
    Antonio kam es so vor, als würde sie keinen Moment darin nachlassen, verführerisch zu wirken. In der letzten Zeit dachte er häufiger darüber nach, ob sie es absichtlich tat oder ob es ihrer natürlichen Art entsprach, sich so zu geben, ganz egal, ob sie nun ging, stand oder saß. Manchmal, wenn sie ihn unter ihren gesenkten Lidern hervor anschaute, so wie jetzt Carlo, wurde ihm warm, und dann ärgerte er sich, weil meist er derjenige war, der zuerst wegschaute. Sie war dreizehn und somit

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