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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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nicht dran. Wenn, dann höchstens an den Honig, den mögen wir beide am liebsten.«
    »Den brauche ich für die grüne Salbe. Sag ihm, er soll sich zurückhalten.«
    Oratio schnappte sich sein Messer und prüfte die Schärfe der Schneide, bevor er die Waffe wieder zurück in die Scheide schob. Er ging zur Tür der Offizin und brüllte durch den Gang in den Verkaufsraum: »Lass den Honig in Ruhe, du Affenarsch, sonst schneidet Laura dir die Eier ab!«
    Laura zuckte zusammen und setzte an, ihm eine Predigt über das Für und Wider von Flüchen am Arbeitsplatz zu halten, doch als er sie auf seine sonnige Art anlächelte, wurde ihr klar, dass er es in hundert Jahren nicht begreifen würde.
    Laura behielt die beiden nach wie vor im Auge, weil sie ihnen immer noch nicht vollständig traute. Doch bisher hatten sie keine langen Finger gemacht, sah man von ein paar Wurstzipfeln und Brotstücken ab. Mansuetta mochte sich deswegen ereifern, doch für Laura war es kein Grund, die Zwillinge hinauszuwerfen. Sie hatte ihnen die Leviten gelesen, und daraufhin hatten die kleinen Diebereien aufgehört. Es war schwer zu sagen, ob diese Folgsamkeit darauf zurückzuführen war, dass sie den beiden gedroht hatte, sich bei Antonio zu beschweren, oder aber darauf, dass sie beiläufig angekündigt hatte, ein paar ausgewählte Vorräte mit einem geruchs- und geschmacksneutralen Gift zu präparieren. Jedenfalls mieden die zwei seither die Speisekammer, als würde dort der Leibhaftige hausen.
    »Oratio, bitte häng das noch auf, dann machen wir hier hinten für heute Schluss.« Sie reichte ihm die letzten Salbeibündel, damit er sie zum Trocknen an die Balken hängen konnte. Dort baumelten bereits büschelweise Kamille, Minze und Rosmarin. Die Kräuter verbreiteten einen intensiven Duft, der durch die Hitze auf dem Dach noch verstärkt wurde.
    Bereitwillig nahm er ihr die Bündel aus der Hand und hängte sie über die Leinen, die sie vorher gemeinsam zwischen den Balken aufgespannt hatten.
    »Wie lange muss das Zeug jetzt hier hängen?«, wollte er wissen.
    »Bis es richtig trocken ist.«
    »Und was passiert dann damit?«
    »Es wird zerrieben und in Säckchen gefüllt.«
    »Legt man sich die in die Wäschetruhe?« Er runzelte die Stirn. »Unsere Mutter hatte solche Säckchen in ihrer Truhe.«
    »Es stimmt, vor allem Salbei gibt es in stark duftenden Sorten. Aber diese Art hier wird für heilende Aufgüsse verwendet. Man bereitet einen Sud daraus zu und trinkt ihn.« Sie machte sich ans Aufräumen und warf die welken und schadhaften Pflanzenteile, die beim Bündeln übrig geblieben waren, in ein Abfallfass. Später, kurz vor Einsetzen der Flut, würde sie es in den Kanal leeren, der nur zwei Häuser weit entfernt war.
    »Kannst du dich denn noch an deine Mutter erinnern, Oratio?« Sie wandte sich zu dem Jungen um. Für seine vierzehn Jahre war er nicht sonderlich groß. Nach wie vor war er mager, aber nichts an ihm war noch kindlich zart. Er war sehnig und wirkte ständig sprungbereit wie ein verwildertes Tier, ein Messer unter der Achsel und ein anderes im Gurt an der Hüfte.
    »Sie starb, als wir sechs waren«, sagte er. »Danach fanden wir Antonio und Valeria.«
    Laura schluckte. Matteo war sechs. Bereits die Vorstellung, er müsste sich allein durchschlagen, war haarsträubend.
    »Oratio«, begann sie zögernd. »Ich weiß, dass Antonio dich und Tomàso in erster Linie zu mir geschickt hat, damit ihr mich beschützt, so wie Ippolito es auch tut.«
    »Guter Faustkämpfer, dieser Ippolito«, sagte Oratio bewundernd. »Und mit dem Degen kann er auch umgehen. Er will es mir beibringen.«
    »Das kann nicht schaden«, meinte Laura, obwohl sie eher das Gegenteil für zutreffend hielt. Wenn Oratio fechten lernte, würde es zwangsläufig darauf hinauslaufen, dass er zu den Söldnern ging. Falls er die ersten Jahre im Fußvolk überlebte, würde er es vielleicht zum Besitz eines Pferdes bringen, möglicherweise sogar bei der Artillerie mitreiten, eine Wunschvorstellung vieler Knaben in seinem Alter. Auch Antonio hatte früher davon geträumt, Soldat zu werden. Laura erinnerte sich noch genau, wie er damals auf dem Campanile darüber gesprochen hatte.
    »Oratio, die Arbeit hier bei mir – könntest du dich dafür interessieren? Macht es dir Spaß, diese Dinge zu lernen?«
    Er betrachtete sie zweifelnd, ein abgerissener Halbwüchsiger in Sachen, die ihm zu groß waren, und mit Augen, die schon zu viel gesehen hatten. »Du meinst, die Arbeit, die du

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