Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
Eindringlichkeit.
»Ja«, erwiderte sie tief durchatmend. »Ja, das bin ich.« Sie schaute ihn offen an, erfüllt von dieser seltsamen Mischung aus Traurigkeit und Sehnsucht, die sie immer in seiner Gegenwart fühlte. Ob alles anders hätte kommen können, wenn Antonio nicht gewesen wäre? Sie wusste es nicht.
Zuanes Blick war ernst. »Damit muss ich mich wohl zufriedengeben. Aber du hast meine erste Frage noch nicht beantwortet.«
»Was meinst du?«, fragte sie irritiert.
»Ich fragte dich, ob du mit mir tanzen willst.«
Die Musiker hatten soeben zu einem neuen Stück angesetzt, das ebenso einladend klang wie das davor.
»Ich ... Eigentlich ...« Laura holte Luft. »Ja«, platzte sie dann heraus. Sie wollte so sehr tanzen, dass ihr ganzer Körper vor Verlangen danach schmerzte.
Zum Teufel, dachte sie trotzig. Ich tanze ja nur mit ihm, weiter nichts!
Rasch und bevor sie es sich wieder anders überlegen konnte, nahm sie seine dargebotene Hand und ließ sich von ihm zur Tanzfläche führen.
Antonio blickte sich im Saal um, während er zerstreut den Worten Albrecht von Brandenburgs zuhörte. Wider Erwarten hatte von Wessel ihn gleich an Ort und Stelle mit seinem Landsmann bekannt gemacht, und dieser hatte Antonio sofort in ein Gespräch verstrickt, bei dem von Wessel als Übersetzer fungierte, wenn Antonio mit seinem Latein nicht weiterkam.
Albrecht von Brandenburg war zusammen mit seinem älteren Bruder am Königshof, sowohl aus politischen Erwägungen heraus als auch geschäftlich, wie die meisten Besucher, die dem neuen König in diesen Wochen die Ehre gaben. Jeder wollte sich rasch einen möglichst guten Stand bei dem Monarchen erkämpfen.
Albrecht, der schon vor Jahren der Geistlichkeit beigetreten war, konnte keine weltliche Laufbahn als Herrscher anstreben, denn die Kurfürstenwürde blieb seinem älteren Bruder vorbehalten. Doch auch der Klerus hielt für entsprechend betuchte Adlige glänzende Karrieren bereit. Albrecht strebte nach nicht weniger als nach einer Erzdiözese. Allerdings war eine solche nur für Geld zu haben. Für viel Geld, denn die Pfründen wurden immer teurer, um dem stetig wachsenden Finanzbedarf des Vatikans Rechnung zu tragen. Nicht nur der Krieg verschlang Unsummen, sondern auch der Bau des Petersdoms. Für Papst Julius II. kam nur die hochwertigste und beste Ausstattung in Frage, sein eigenes Grabmal eingeschlossen.
Von daher war die Konstellation durchaus günstig, soweit es Albrechts Pläne betraf. Er wollte das Pallium und würde es bekommen, vorausgesetzt, er konnte die Mittel dafür aufbringen. Investoren würden sich jedoch nur gegen entsprechende Sicherheiten beteiligen. Für die Geldbeschaffung wiederum bot sich bestens der Ablasshandel an.
Albrecht war ein dicklicher junger Mann in Antonios Alter, und er hatte hochfliegende Pläne, die er Antonio mit leuchtenden Augen darlegte. Antonio hörte höflich zu und brachte dann Carlo als künftigen Verhandlungs- und Geschäftspartner ins Gespräch. Mit von Wessels Übersetzungshilfe legte er anschließend die ungefähre Größenordnung für die zu erwartenden Investitionen fest. Er selbst gedachte keine großen Risiken einzugehen, zumal ohnehin die Fugger den Hauptteil des Kredits aufbringen würden. Er wollte lieber einige der höchst einträglichen Zoll- und Maklerämter kaufen, die seit kurzem günstig vom venezianischen Rat feilgeboten wurden. Wegen des Krieges herrschte in der Serenissima chronischer Geldmangel, und es gab durchaus Möglichkeiten, sich an diesem Umstand zu bereichern.
Während des Gesprächs ließ er seine Blicke durch den Saal schweifen. Dank seiner Größe war es ihm möglich, über die Köpfe der meisten Anwesenden hinweg das Geschehen weitgehend im Auge zu behalten; allerdings befand Laura sich nicht mehr dort, wo er sie eben noch gesehen hatte. Stattdessen trafen sich seine Blicke mit denen einer Frau, die in der Nähe der Tür stand. Sie trug ein elegantes grünes Samtkleid mit einer raffinierten Schnürung, die ihren Busen hochschob und die Wölbung ihrer Brüste betonte. Das tiefschwarze Haar war zu einer eleganten Frisur geflochten, die ein madonnenhaft schönes Antlitz umrahmte. Ihre leicht schräg geschnittenen Augen verliehen dem Gesicht ein exotisches Aussehen, bei dem Antonio sich unwillkürlich an eine Katze erinnert fühlte. Die Frau kam ihm vage bekannt vor, obwohl er sicher war, sie noch nie gesehen zu haben. Sie hielt seinen Blick fest, und das Lächeln, das dabei ihren Mund
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