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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Zwillingen und Antonio teilte, und in Padua hatte Mansuetta zudem die Erfahrung machen müssen, dass bei den Menschen das Dunkle nur allzu oft dicht unter der Oberfläche lauerte, auch wenn diese Menschen, so wie in den meisten Fällen, ansonsten völlig normal waren und ein durchweg unbescholtenes Leben führten. Sie hätte selbst in jener blutigen Nacht bedenkenlos getötet, genau wie Laura. Weder Erbarmen noch christliche Nächstenliebe hätten sie daran gehindert, unter Einsatz ihres eigenen Lebens jede Gefahr von den ihren abzuwenden. Sie hätte Kehlen aufgeschlitzt und Köpfe eingeschlagen, ob es nun grausam war oder nicht. Eines Tages würde sie es vielleicht sogar tun müssen. Venedig befand sich nach wie vor im Krieg, und es mochte durchaus noch dazu kommen, dass die feindlichen Mächte die Lagune erreichten.
    Nachdem alle ihre Mahlzeit beendet hatten und das Dankgebet gesprochen war, erhob Mansuetta sich und forderte Oratio auf, sie zu begleiten. Vor zwei Tagen war, wie sie wusste, der Prokurator Marcello Querini von einer längeren Reise zurückgekehrt, und für sie war nun endlich die Zeit gekommen, ihm einige wichtige Fragen zu stellen.
    Als sie aus dem Haus trat, traf sie auf Giovanni, der einen abgedeckten Bastkorb bei sich trug. Mansuetta roch frischen Fisch und unterdrückte ein Seufzen. Hätte sie gewusst, dass er wieder mit einer seiner Gaben erscheinen würde, hätte ihr Speiseplan für den heutigen Tag anders ausgesehen.
    Doch zu ihrer Freude befanden sich keine Fische in dem Korb, sondern fangfrische Krebse. Sie stellte sich sofort vor, was sie dazu reichen würde. Helles knuspriges Brot, eine Sauce aus Olivenöl und verschiedenen Kräutern, aufgeschlagen mit Ei und ein wenig Essig, und zum Trinken den fruchtigen Wein, von dem sie in der vergangenen Woche ein Fass erstanden hatte. Zum Nachtisch Marzipantörtchen. Ihr hüpfte das Herz, weil sie alles schon auf der Zunge schmeckte. Das würde ein köstliches Vespermahl werden!
    Spontan lud sie Giovanni zum Abendessen ein und befahl Oratio, den Korb in die Speisekammer zu tragen.
    Sie lächelte den Fischhändler an. »Ihr seid ein wahrer Wohltäter, Giovanni. Seid herzlich bedankt!«
    Er verneigte sich und scharrte dabei ein wenig verlegen mit seinem versehrten Fuß.
    »Ich wollte Euch fragen, ob Ihr mich vielleicht begleiten möchtet, Madonna.«
    Mansuetta hatte das bereits erwartet. Das Fest des heiligen Markus stand kurz bevor und damit eine der größten und prachtvollsten Prozessionen des ganzen Jahres. Sie freute sich schon seit Wochen darauf und hatte sich sogar für diesen Anlass ein neues Kleid schneidern lassen. »Ich gehe gern mit Euch zur Markusprozession. Sollen wir an dem Tag auch gemeinsam die Morgenmesse besuchen?«
    »Natürlich möchte ich mit Euch gemeinsam zur Messe und zur Prozession.« Leichte Röte stieg in seine pockennarbigen Wangen. »Aber ... Nun ja, wir gehen fast jeden Sonntag gemeinsam in die Kirche, und wir waren erst zu Ostern zusammen auf der Andata a San Zaccaria. Für dieses Mal dachte ich ausnahmsweise an eine eher vergnügliche Veranstaltung.«
    Mansuetta blickte ihn überrascht an. »Und welche wäre das?« Vorsorglich fügte sie hinzu: »Ich mag weder Faust- noch Katzenkämpfe, und Wettspiele aller Art ebenso wenig. Also schlagt mir nichts vor, wo die Menschen auf einen Gewinner oder Verlierer setzen.« Sie hielt es für angebracht, eine weitere Einschränkung auszusprechen. »Tanzen kann ich natürlich auch nicht.«
    »Nun, ich denke, diese Frage stellt sich nicht«, versetzte Giovanni grinsend. »Es sei denn, ich könnte mit den Türken verhandeln, ob sie mir das Stück von meinem Fuß zurückgeben, das sie mir abgeschossen haben.«
    Mansuetta merkte, wie sie errötete. »Tut mir leid, das war dumm von mir.« Sie kicherte unvermittelt. »Sprach die Lahme zum Hinkenden.«
    Er lachte schallend. »Madonna, Euer Witz ist scharf wie ein Messer und ebenso treffend.«
    Sie strahlten einander an, und Mansuetta spürte mit einem Mal ihr Herz stürmisch klopfen. Er war von Pockennarben übersät, hatte nur ein Auge, und ihm fehlte ein halber Fuß, aber trotz alledem war er ein Mann. Er hatte kräftige Schultern, schön geformte Hände, gesunde Zähne – und ein mitreißendes Lächeln.
    »Mir ist aufgefallen, dass Ihr eine neue Brille habt«, sagte er.
    Peinlich berührt tastete Mansuetta nach ihrer Scherenbrille, die sie wie ein Schmuckstück um den Hals trug. »Das stimmt. Ihr wisst, dass ich schlecht

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