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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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wird zum Kampf kommen, das ist unausweichlich!«
    Die Hugenotten zogen sich auf die Rückseite der Anhöhe, des mit blühendem Ginster bewachsenen Mont Saint-Jean, zurück. Der Duft der gelben Blüten war betörend, doch bemerkte das keiner der Soldaten. Ihnen war die Anspannung des bevorstehenden Kampfes anzusehen, als sie sich zwischen die Bäume
hockten, die Klingen ihrer Schwerter und Spieße schärften und Pistolen- und Arkebusenläufe säuberten.
    Hippolyt und Gerwin standen neben ihren Pferden im Schutz überhängender Fichtenzweige. »Und wie ist es weitergegangen, Hippolyt? Was geschah, als die Leiche von Ignazius gefunden wurde?«
    »Oh, die Mönche haben schon gesehen, dass ihr Bibliothekar nicht durch einen simplen Unfall zu Tode gekommen war. Es war ein denkwürdiger Morgen. Fast alle Bewohner des Klosters standen im Hof und starrten auf den nackten, schlammigen Leichnam. Der Vater Abt wurde gerufen, um den Toten mit den vielen Wunden zu besehen. Ich schwöre, dass Erleichterung in seiner Stimme mitklang, als er verkündete, dass der Mann durch eigene Unachtsamkeit beim Wasserholen in den Brunnen gefallen sei. In der folgenden Stille hätte man eine Feder zu Boden fallen hören. Es gab einige verunsicherte Blicke von den Hilfsschergen des Verstorbenen, doch das war alles. Der Abt hat uns und einige andere kurz befragt, aber niemand hat über die Grausamkeiten des Toten gesprochen. Die Scham war zu groß. Wir Jungen haben heimlich mit angesehen, wie die Krypta unter dem Badehaus zugemauert wurde. Damit war für den Abt die Sache erledigt. Als ob nichts gewesen wäre«, schnaubte Hippolyt.
    »Und nachdem ihr das Kloster verlassen habt? Was habt ihr dann getan?«
    »Ich ging bei einem Wanderchirurgen in die Lehre. Wir alle hatten unsere Lehr- und Wanderjahre, bis jeder von uns seine Bestimmung gefunden hatte. Unsere Bruderschaft gewann an Bedeutung, je mehr sich einige von uns in die Politik der Großen einmischten.«
    »Ah!«, entfuhr es Gerwin, als Schüsse die unnatürliche Stille zerschnitten, die auf Männern und Pferden gelastet hatte. Ein Späher kam über den Hügel galoppiert und rief: »Es ist Marschall Cossé-Brissac, der Gouverneur der Normandie, der dort unten
mit dreitausend Berittenen, fünf- bis sechstausend Fußsoldaten und schwerem Geschütz lagert!«
    Ein nervöses Raunen ging durch die Männer. Admiral Coligny stellte sich vor sie. Seine soldatische Gestalt und das asketische Antlitz beeindruckten die Soldaten. Dieser Mann hungerte und litt wie sie. »Navarra und seine Leute werden jetzt das Gelände sondieren, danach wird entschieden, wie wir vorgehen. Reißt euch am Riemen, Männer. Eine entscheidende Schlacht steht bevor!«
    Gerwin sah Martial, den langen Prediger, mit zitternden Händen seine Bibel hervorholen. Der schwarz gewandete Mann glich einer gerupften Krähe. »Steck die Bibel ein, Mann. Was wir brauchen, sind Geschütze und mehr Soldaten! Mit Worten schlagen wir die übermächtige Streitmacht nicht in die Flucht!«, ätzte Gerwin.
    Der Prediger hob den Zeigefinger. »Mehr Gottvertrauen würde auch den Herren Ärzten besser zu Gesicht stehen. Was der Mensch nicht erreicht, wird der Herr richten! Amen!«
    »Veritatem dies aperit 26 « , sagte Hippolyt mit einem demütigen Lächeln.
    Der hagere Zeigefinger wurde wie eine Waffe auf sie gerichtet. »Ich behalte euch im Auge. Und wenn der Sieg unser ist, wird es Zeit, sich mit solchen ketzerischen Geistern, wie ihr es seid, zu befassen.«
    »Wenn dein Kopf dann noch auf deinen frommen Schultern ruht«, meinte Gerwin. Und Hippolyt fügte ein trockenes »Amen« hinzu.

27
    Noch jetzt, Wochen später, trat Jeanne der kalte Schweiß auf die Stirn, wenn sie an die furchtbaren Stunden im Hôtel de Guise zurückdachte. Immer wieder hatte sie an das Gesicht ihres Onkels denken müssen, wie er hasserfüllt im Halbdunkel der Kutsche vor ihr gesessen hatte. Gerwin, Lady Dousabella und Seraphin waren ebenso dort gewesen wie Jean Morel. Gerwin! Wann immer sie die Augen schloss, sah sie sein fein geschnittenes Gesicht vor sich und meinte, seine vor Sehnsucht brennenden Augen auf der Haut zu spüren. Doch für ihre Liebe gab es keine Zukunft. Sie durfte ihren Gefühlen, die sie sich viel zu lange nicht eingestanden hatte, nicht nachgeben. Vor Gott war sie verheiratet und Mutter eines Sohnes. Ihr Vater brauchte sie. Sie hatte Pflichten. Glücklich zu sein gehörte nicht dazu. Doch nein - ihr blieb die Musik, die konnte ihr niemand nehmen.
    An

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