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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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zurückkehren. Fieberhaft dachte Benedicta nach. Sie musste Alisa eine Geschichte erzählen und ihr damit die Lust zum Herumschnüffeln nehmen.
    »Meine Lebkuchen!«, keifte Alisa. »Ich habe meine Lebkuchen vergessen.«
    »Hast du einen Augenblick Zeit für mich?«, flötete Benedicta und bat Gieselbert, den Stand für einen Augenblick allein zu betreiben. Alisa folgte ihr bis in den Schatten einer Baustelle inmitten des Platzes. Dort wurde ein Brunnen errichtet.
    »Hör zu! Ich sage dir jetzt die Wahrheit, wenn du versprichst, niemandem auch nur ein Sterbenswörtchen zu verraten. Ich war Magd auf Burg Ehrenreit. Dort habe ich die Sprache der Herrschaften gelernt. Und dort habe ich mich in den jungen Herrn Konstantin verliebt. Nicht in deinen Julian. Konstantin hat mich, um mich in seiner Nähe zu wissen, mit in die Stadt genommen und bei einem Bäcker untergebracht, aber nun ist er meiner überdrüssig. Da bin ich an jenem Tag zum Haus seines Onkels gegangen, aber der feine junge Herr hat sich verleugnen lassen. So dachte ich jedenfalls, doch schließlich hat mir die Magd verraten, wo ich ihn finden könne. Sie hatte wohl Mitleid mit mir. Der junge Herr sei auf dem Weg zum Fechtmeister Arnold. Ich wollte ihn bei Euch abfangen, deshalb die ganze Geschichte mit dem Hund. Ich muss dir sicher sehr merkwürdig vorgekommen sein, aber nun kennst du den Grund.«
    Benedicta hielt erschöpft inne. Sie fühlte sich nicht ganz wohl in ihrer Haut, aber sie hoffte, Alisa werde ihr diese Geschichte abnehmen.
    Die Tochter des Fechtmeisters blickte sie allerdings zweifelnd an, so als wolle sie sagen: Ich glaube dir kein Wort. Dann füllten sich ihre Augen von einem Augenblick zum nächsten mit Tränen. »Ich liebe ihn so und werde sterben, wenn er nicht zurückkehrt.«
    Benedicta lief es eiskalt den Rücken hinunter. Es konnte doch nicht rechtens sein, dass diese schöne junge Frau ihr Leben lang auf die Rückkehr eines Toten wartete. Sie hatte doch noch ihr ganzes Leben vor sich.
    Ohne noch einmal darüber nachzudenken, sagte Benedicta hastig: »Konstantin hat dich belogen. Julian von Ehrenreit ist tot.«
    »Nein!«, schrie Alisa verzweifelt und immer wieder: »Nein!«
    »Er hat es mir selbst gesagt. Und es ist nicht richtig, dass er dich im Glauben lässt, Julian käme je zurück. Komm, ich bringe dich nach Hause«, bot Benedicta an und nahm Alisa am Arm. Die aber wehrte sich und schrie: »Du bist eine Lügnerin!«
    Benedicta hingegen bebte vor Zorn auf Konstantin. Warum hatte er Alisa nicht die Wahrheit gesagt? Hatte er sich vor ihrem Kummer gefürchtet? Hatte er es sich lieber einfach gemacht? Stattdessen bekam sie alles ab, was dem Boten schlechter Nachrichten gebührte.
    »Ich sage die Wahrheit. Leider«, erklärte Benedicta und stützte die schluchzende Alisa. Jetzt ließ sie es zu, dass Benedicta sie anfasste. Endlich schien sie zu begreifen, dass dies die Wahrheit war.
    »Komm, ich begleite dich nach Hause.«
    Widerstandslos ließ sich Alisa von Benedicta zum Hause ihres Vaters führen. Da dieser auf dem Fechtboden weilte, brachte Benedicta die junge Frau sogar bis zu ihrer Kammer. Dort half sie ihr, sich auf das Bett zu legen.
    »Ich will nicht ohne ihn leben«, wimmerte Alisa, während Benedicta ihr liebevoll über das blonde Haar strich. Beim Anblick dieser ehrlichen Verzweiflung bekam sie ein schlechtes Gewissen. Sie selber hatte zwar auch geweint, als sie vom Tod des jungen Fechtmeisters erfahren hatte, aber sie hatte nicht annähernd so gelitten. Sie schämte sich zutiefst bei der Erinnerung daran, dass sie sich nur wenig später schon nach einer Umarmung seines Bruders gesehnt hatte.
    »Ich weiß, es tut weh, aber es ist doch besser, du kennst jetzt die Wahrheit und wirfst dein Leben nicht weg für eine Hoffnung. Nun wirst du eines Tages einen anderen zum Mann …«
    »Niemals werde ich einen anderen heiraten!«, schluchzte Alisa.
    »Du bist jung und schön. Lass ein wenig Zeit vergehen …«
    Erst als Alisa eingeschlafen war, traute sich Benedicta, die Kammer zu verlassen.

42
    Benedicta eilte zum Markt zurück, aber der Stand war leer. Wie immer gegen Mittag, wenn sie alle Lebkuchen verkauft hatten. Wir müssen noch mehr arbeiten, dachte sie, damit wir auch am Nachmittag noch etwas einnehmen.
    »Die Geschäfte laufen ja prächtig bei unserem frischgebackenen Meister!«, ertönte da die unverkennbare Stimme Meister Burchards leutselig.
    »Ja, wir können nicht klagen«, erwiderte Benedicta.
    »Dann magst du mir

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