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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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innerer Zustand. Er kann Leute aber dazu bringen, sich sehr seltsam zu verhalten.«
    Ein Mädchen mit einem Wischlappen kam am Tisch vorbei und kreischte unvermittelt. »Schafft das verdammte Vieh raus! Sofort, kapiert? Raus damit!«
    Sie wedelte ihnen mit dem Lappen vor dem Gesicht herum, bis sie hastig die Stühle zurückschoben. Bellis nahm die Kugel vom Tisch, und sofort verschwand der Glaskasten. Die beiden verließen eilends das Bistro.
    »Versteht Ihr, was ich meine?«, fragte Bellis mit trockenem Lächeln, als sie draußen waren.
    Es schneite noch immer, und auch Jeryd musste lachen.

KAPITEL 35
    I ch kann nicht bleiben, Malum, tut mir leid. Und ganz egal, wie viel Geld du an mich verschwendest: Ich möchte gehen.« Beami stand mit dem Rücken zum Fenster. Das Tageslicht zeichnete ihre Silhouette weich, und zu ihren Füßen lag einiges Gepäck. Ihre gequälte Miene zeigte nur zu deutlich, wie sie sich fühlte.
    Draußen tobte ein morgendlicher Schneesturm und hüllte die Stadt einmal mehr in Weiß. Ab und an kamen Leute hinter Beami am Fenster vorbei, erschienen aber ganz unwirklich. Die Ereignisse des Moments waren Malum seltsam fern. Das war kein guter Tagesbeginn, und der Speckduft würde ihn nicht trösten, nun, wo seine Frau ihn verließ.
    »Gut.« Malum blickte kurz auf den Tisch, umklammerte seine Maske und spielte mit ihren roten Bändern. Er kochte vor Wut.
    »Tut mir leid.« Beami nahm ihre Taschen und ging zum letzten Mal zur Tür. »Ich hab nicht viel dabei. Von all den kostbaren Relikten kann ich jetzt nur einige mitnehmen. Es ist wohl besser, den Rest später abzuholen … Malum, es tut mir wirklich leid.«
    »Einen Dreck schert es dich«, flüsterte er und konnte sie nicht ansehen – diese Frau, die es wagte, sich gegen ihn zu behaupten.
    Beami schloss die Haustür behutsam hinter sich und ließ ihn in einer gewaltigen Stille allein.
    So einfach war ihr Abschied aus seinem Leben.
    Kurz nach ihrem Fortgang zog er die Maske wieder auf, um die Gefühle zu verbergen, die ihn überwältigten.
    Wenn du haben kannst, was immer du willst, geht dir an die Nieren, was du nicht besitzt.
    Ein Trilobit taumelte ihm schwerfällig in den Weg, und Malum trat ihn beiseite. Das Geschöpf kreischte, purzelte in eine Schneewehe und hetzte mit gestreckten Fühlern Richtung Hafen. Malum war nach Streit zumute, und er hatte keine Lust, irgendwem oder -was aus dem Weg zu gehen, erst recht keinem Rieseninsekt. Er hatte den Großteil des Tages in Gesellschaft teurer Huren verbracht, die unter seinem Schutz standen. Er hatte ihnen befohlen, sich gegenseitig zu küssen und zu liebkosen und dabei Korsagen und schenkelhohe Stiefel zu tragen, während er ihnen zusah und darauf wartete, dass sich etwas in ihm rührte. Doch nichts war geschehen. Später hatte er seine Wut an kleinen Gangs abreagiert, die sich Geld geliehen hatten und ihre Zinsen nicht bezahlen konnten. Er hatte zwei junge Männer getötet und ihr Blut getrunken und hatte sich zuletzt in seinem dunklen Zimmer beschimpft und mit der Faust gegen die Mauer geschlagen.
    Jetzt brauchte er Hilfe.
    Die Hexe lebte am anderen Ende der Altstadt, ein gutes Stück von den Onyxflügeln entfernt in der womöglich ältesten Gasse der ursprünglichen Siedlung. Ein kalter Nebel war am Abend von See her in die Stadt gezogen, lag schwer in den Straßen und ließ alles noch anonymer wirken als sonst. Nur an ein paar Stellen erhellten Fackeln die Milchsuppe und boten ihm Orientierung genug, obwohl er den Weg intuitiv kannte – schließlich war er in dieser Gegend zur Welt gekommen und aufgewachsen. Weiter vorn hatte jemand eine Kiste mit altem Meeresleuchten abgestellt, und das schwache Glimmen kündete vom bevorstehenden Sterben der Leuchtorganismen.
    Die Hexe hatte ihm oft geholfen. Nachdem er gebissen worden war, hatte er kein Sonnenlicht mehr ertragen und eine böse Allergie bekommen, doch sie hatte eine Kur gebraut und ihn geheilt, sodass er wieder am lichten Tag unterwegs sein und ein normales Leben führen konnte.
    Ihre niedrige Haustür lag in einem feuchten Winkel. Im Mauerwerk ringsum gediehen Flechten und Moos. Er klopfte zweimal und wartete mit in den Taschen vergrabenen Händen, bis die Tür sich knarrend öffnete. Beim Blick durch den Spalt stellte er fest, dass es drinnen dunkler war als draußen.
    »Sycorax«, grüßte er sie.
    Die Alte stand gebückt und in Tücher gewickelt da. In das obere Ende ihres dicken Stocks war ein Eidechsengesicht geschnitzt. Ihr Haar

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