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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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doch Angst und Elend waren hier unten die einzigen Gewitterwolken. Und das gilt als die sicherere Variante! , dachte Marysa. Wie Jeryd wohl mit dem Sturm da oben fertig wird?
    Sie schlurften weiter, bis die vielen Gänge schließlich in eine gewaltige Höhle mündeten, wo eine alte Siedlung verfiel. Türme und Spitzen ragten fünfzehn Meter hoch auf: eine völlige, nur von schwarzen Fensterlöchern aufgelockerte Symmetrie. Im Laternenlicht der flüchtenden Stadtbewohner wirkten diese Bauten so unheimlich wie Ehrfurcht gebietend.
    Freudig erstaunt bemerkte Marysa, dass einige Ornamente typisch für die Máthema-Kultur, also mehrere zehntausend Jahre alt waren. Ihrer langen Beschäftigung mit Archäologie zum Trotz hatte sie nie auch nur entfernt Vergleichbares gesehen. Hier unten gab es kein schlechtes Wetter, das die Bauten hätte verwittern lassen. Das erklärte wohl ihren guten Zustand.
    Könnte ich bloß eine Weile hierbleiben …
    Sie waren recht gut vorangekommen, bis die berüchtigten Gangs der Stadt aufgetaucht waren. Hunderte Bandenmitglieder drückten sich in den Tunneln herum, kämpften immer wieder mit ihren Rivalen und waren ein ständiges Hindernis. Marysa war empört darüber, dass diese durchtrainierten und gesunden Männer und Frauen lieber flohen, als den Truppen oben in den Straßen zu helfen. Mit aufgezogener Kapuze und greller Maske drängten sie sich respektlos durch die Menge. Und mitunter zogen sie die Waffen nur, um Leuten, die ohnehin verängstigt waren, noch mehr Angst einzujagen.
    Ein Stück entfernt brach eine Frau in Schluchzen aus.
    Als Marysa näher kam, sah sie eine Blondine auf dem Boden kauern und ein kleines Kind in den Armen wiegen.
    Da trat ein Mann mit unheilvoller roter Maske heran, ging in die Hocke und sprach mit der verzweifelten Mutter. Marysa blieb stehen und beobachtete die beiden, obwohl ihr das unangenehm war. Derweil zogen Leute mit Karren und Gepäck links und rechts von ihnen weiter.
    Ob er ihr wehtun wird?
    »Was ist passiert?«, erkundigte sich der Mann.
    Die Frau wollte nicht antworten. In ihren Augen stand Angst, als würde sie ihn erkennen. Nachdem er erneut gefragt hatte, erwiderte sie: »Mein Junge ist krank geworden, und wir haben nichts zu essen, und jetzt … ist er tot.«
    »Wie alt ist er?«, fragte die rote Maske leise.
    »Nächste Woche wäre er zwei geworden. Wir wollten uns ein schönes Leben machen, er und ich. Sein Vater hat uns verlassen … « Sie schluchzte wieder, drückte den Jungen an die Brust und schaukelte vor und zurück, als wollte sie den Toten in einen noch tieferen Schlaf wiegen.
    Der Mann erhob sich und warf Marysa und den anderen, die stehen geblieben waren, einen kurzen Blick zu. Hinter ihnen brummte jemand, sie sollten Platz machen.
    Inzwischen hatte sich die Bande des rot Maskierten versammelt – eine beträchtliche Schar Gesetzloser, die nur auf einen Befehl ihres Anführers warteten. Sie trugen brutale Masken. Metall schimmerte unter ihren bestens geschneiderten Umhängen hervor. Viele waren jung, jedenfalls unter zwanzig.
    »Wir kehren um«, entschied er.
    »Was?«
    Der Mann sprach entschlossen und ohne die Stimme zu heben. »Wir kehren um.« Er schob die Maske in die Stirn, und zu Marysas Erstaunen kam ein schönes Gesicht zum Vorschein. »Gebt der armen Frau da Geld und einen anständigen Karren. Und einer von euch soll sie nach draußen in Sicherheit bringen.«
    »Warum gehen wir wieder in die Stadt hoch?«, fragte ein Rothaariger. »Dort werden wir alle getötet.«
    Der Anführer packte ihn am Kragen und zog ihn auf die Zehenspitzen. »Siehst du das tote Kind? Was meinst du, wie viel mehr es gibt, wenn Leute wie wir nichts unternehmen? Ich habe meine Meinung geändert. Trommele die befreundeten Gangs zusammen und sag ihnen, wenn einer untergeht, gehen alle unter – das ist ein für alle Banden geltendes Prinzip.« Er ließ ihn los und schob sich durch die Männer, die sich achselzuckend ansahen. Keiner wusste, was von dieser Änderung des Plans zu halten war.
    »Welchen Unterschied macht es schon, ob wir uns an der Verteidigung der Stadt beteiligen?«, rief der Rotschopf ihm nach, doch das nutzte nichts.
    Der Mann in der roten Maske war verschwunden.
    Um es zu schaffen, müssten sie es auf seine Weise tun.
    Aus etwa fünfzig Bloods wurden rasch Hunderte maskierte Kämpfer aus verschiedenen Gangs, die nicht länger allein an sich dachten. Oder vielleicht war vielen auch aufgegangen, was es bedeutete, kein Zuhause mehr zu

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