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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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Tresen Dutzende Phiolen und Flaschen im Regal standen – lauter Glas, das im Lampenlicht funkelte. Dutzende Messer hingen wie Reihen unterschiedlich langer Zähne an einer Wand, reich geschmückte Masken an einer anderen. Juwelen lagen in Schachteln unterm Tresen, dazu Bernstein, Jade, Topaz und hundert weitere, die er nicht kannte.
    Nelum sah den Mann an und warf mehrere Sota-Münzen auf die Theke. Sein Gegenüber war dünn und bleich, und das spitze Kinn ließ ihn bei diesem Licht wie einen Mischling aus Mensch und Ratte wirken.
    Erneut drang Lachen aus dem anderen Zimmer.
    »Ich bin auf einige Eurer Stoffe aus – auf Giftstoffe, um genau zu sein.«
    »Ist alles da«, sagte der Mann. »Was soll’s denn sein?«
    »Etwas, das die Atmung lähmt«, erwiderte Nelum zögernd und erinnerte sich an ein Lehrbuch aus seiner Schulzeit. »Vielleicht Zyanid?«
    Der Mann lächelte, musterte Nelums Kleidung, bemerkte offenkundig, dass sein Kunde Soldat war, sagte aber nichts dazu. Dieser unausgesprochene Pakt war beruhigend. »Zyanid ist alte Schule«, erwiderte er. »Etwas für Amateure. Ihr seid also Traditionalist.«
    »Also habt Ihr was Besseres?«
    »Natürlich, Junge. Die Leute kommen zu mir, wenn es eine Sache zu erledigen gilt.«
    »Nun, mir liegt daran, etwas tadellos zu erledigen. Das Zeug soll in den Blutkreislauf gespritzt werden, stark sein und sofort wirken. Ich will etwas Hochkonzentriertes, mit dem ich viele Menschen töten kann.«
    »In den Blutkreislauf … Vielleicht Hämotoxine? Nein, da nehmt Ihr besser Schwermetalle. Aber das kann lange dauern, und meist werden sie mit der Nahrung aufgenommen. Ihr wollt die Sache aber schnell über die Bühne bringen, ja?«
    »Allerdings.«
    »Hmm! Warum nehmt Ihr nicht lieber ein Messer?«
    »Das könnte unschön enden … ich möchte nicht in einen Kampf hineingezogen werden, wenn ich es irgend vermeiden kann.«
    Der alte Mann drehte sich um und musterte die Regale, als suchte er etwas Bestimmtes. » Clostridium botulinum «, flüsterte er, wandte sich seinem Besucher mit einem kleinen Messer zu und legte es ehrerbietig vor ihm auf den Tresen.
    Nelum war von der Filigranarbeit beeindruckt: Es war das kunstvollste und unheimlichste Messer, das er je gesehen hatte, mit marmorähnlichem Heft und Goldfassung. Dunkle Substanzen waberten unter der durchsichtigen Oberfläche – nein, das Messer selbst schien aus einer Flüssigkeit zu bestehen, dabei aber seine Form bewahren zu können.
    »Diese Waffe einzusetzen, ist alles andere als hübsch, denn Botulinum bewirkt starke Lähmungen und Verrenkungen. Es ist einer der giftigsten Stoffe, mit denen ich handle. Angeblich haben die Leute diese Substanz verwendet, um nicht zu altern – unsinnig, das zu glauben, aber ich habe schon Seltsameres aus der Vergangenheit gehört … Diese Waffe heißt Botulinum-Klinge und ist aus dem Gift selbst gefertigt.«
    »Wie kann ich sicher sein, dass sie wirkt?«
    »Was die Leute früher auch angestellt haben mögen – sie waren finsterer als wir heute. Und jetzt wartet!« Der Alte verschwand in einem Hinterzimmer, und Nelum war mit dem Lachen allein, das unheimlich durchs Haus klang. Schließlich kehrte der Händler mit einem Stahlkäfig zurück, in dem eine fette Ratte ziellos herumhetzte, winkte Nelum heran, setzte den Käfig ab und stieß das seltsame Messer zwischen die Stäbe. Die Ratte streifte die Klinge nur, begann aber sofort zu zittern, dann zu krampfen, und unter ihrem Fell bildeten sich Blasen. Schließlich blieb sie auf der Seite liegen, und Nelum begriff, dass sie gestorben war, ihr Körper aber noch immer heftig auf das Gift reagierte.
    »Ich nehme das Messer«, erklärte er.
    Da der Alte einen ungemein hohen Preis forderte, musste der Gardist einen zweiten Beutel Münzen aus der Tasche ziehen. Das Messer wurde verpackt in eine Schachtel gelegt und verschwand unter Nelums Umhang, ehe der Soldat das heruntergekommene Gebäude verließ und davonritt.
    Es klopfte. Brynd schrak hoch und stellte fest, dass er über seinen Sendschreiben eingeschlafen war. Das viele Kämpfen hatte Schulterpartie und Hals ganz steif werden lassen.
    Ein Bote schlurfte ins Zimmer und brachte weitere schlechte Nachrichten. Kundschafter hatten bestätigt, dass die Feinde tatsächlich Gefangene machten. Über tausend Bewohner Villirens waren inzwischen in einem Lagerhaus im Stadtwesten eingeschlossen, und Schiffe machten sich bereit, sie gen Norden zu transportieren.
    Am Abend bestellte der Kommandeur Nelum

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