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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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wirkender Bau. Zwei Männer standen hinter der Tür zu seinem Ziel, große Kerle, den Dolch in Reichweite. Hinter ihnen lag ein dunkler Flur. Diskret wurden einige Worte gewechselt, zögernde, forschende Sätze, dann ließen sie ihn ein.
    Bloß zwei Fackeln an den Wänden links und rechts beleuchteten das erste Zimmer, und dazu standen auf jedem Tisch einige Teelichter. Diese Orte sind doch immer gleich. Dunkel genug, damit die Heuchler in ihre Fantasien flüchten konnten, ohne geschnappt zu werden. Brynd ärgerte das, denn es handelte sich dabei womöglich um dieselben Männer, die anderen so gern das Etikett »Perverser« verpassten.
    Schwuchtel, Homo, warmer Bruder.
    Diese Worte waren mit einem Schmerz befrachtet, der in seinem Kopf brannte. In seinen dunkleren Momenten konnte er den Leuten kaum Vorwürfe machen, denn mitunter vermochte er sich selbst fast nicht zu ertragen. Doch diese Worte wurden täglich gedankenlos hingesagt, oft von Menschen, mit denen er vertrauensvoll zusammenarbeitete.
    Wie konnte die Welt ein so natürliches Gefühl derart ausdauernd verabscheuen, nur weil es in einem uralten Text mit einem Bannstrahl belegt war? Andere Kulturen, dessen war Brynd sich gewiss, würden diese Bedürfnisse nicht verbieten.
    Pimmeltrine, Schwuli, Tunte.
    War er ein Schwächling? War er schwach, weil er Sex begehrte und dafür zahlen wollte? Nein. So war es sicherer, ein Tauschgeschäft, bei dem er die Anonymität wahrte.
    Durch eine Türöffnung drang Musik in die große Bar. Er steckte kurz den Kopf hinein, sah einen Geiger und einen Mann mit einer kleinen Trommel, der Folklore-Rhythmen schlug. Er roch das intensive Aroma von Aronkraut und verschüttetem Wodka. Am anderen Ende des Raums standen ein paar Kerzen, und davor bewegten sich Schatten im Dunkeln. Sein Puls beschleunigte sich, schlug jetzt so rasch wie der Trommler. Plötzliche Nervosität überkam ihn, und er überlegte kurz, zur Kaserne zurückzukehren und diese Seite seiner selbst wie so oft zu ignorieren.
    Mit falschem Akzent fragte er jemanden, wo er zahlen könne. Man wies ihm mit im Halbdunkel kaum wahrnehmbaren Gesten den Weg. Er tastete sich durch die Flure, bis er den Ort erreichte, nach dem er sich gesehnt hatte. Im nächsten Moment hatte er seinen Mann schon gewählt, einen dezent Parfümierten mit ölschimmernder Haut, dessen Patschuliduft ihn entspannen sollte.
    »Mach dir keine Sorgen, falls es dein erstes Mal ist.«
    »Ist es nicht.« Brynd musste sich beherrschen, um nicht loszulachen. Wie viele Schwänze hatte er schon gelutscht? Schwer zu sagen. Er warf dem Mann ein paar Sota-Münzen hin und achtete nicht mal darauf, wie viele es waren.
    Sie fanden ein tiefdunkles Zimmer mit einem anständigen Bett, und alles lief über Berührungen. Brynd mochte das, denn nichts zu sehen bedeutete, dass die anderen Sinne desto wacher waren. Es gefiel ihm, keine Entscheidungen treffen zu müssen, sondern die Befehle eines anderen zu befolgen. Der Mann versuchte, Brynd die Maske abzuziehen, doch ein fester Griff um sein kräftiges Handgelenk ließ ihn dieses Vorhaben aufgeben. Stattdessen schob Brynd sie ein wenig beiseite und küsste ihn … und seine Instinkte vertrieben das bleierne, leere Gefühl, es mit einem Fremden zu treiben, denn das war immerhin endlich ein Leib, ein anderer Mann. Wie lange hatte er kein anderes Fleisch, keine andere Zunge, keinen anderen Schwanz mehr gespürt! Dieser Kerl war aggressiv und direkt, und Brynd erkundete zärtlich die prallen Muskeln, die sich gegen ihn drängten, und die kräftigen Arme um seine Taille. Arschgeil ist das … Brynd langte hinter sich, zog dem Mann die Latte aus der Kniehose und knetete sie ihm beinhart.
    »Du hast doch was zum Drüberrollen?«, fragte er. Nach einigen Bewegungen war der Prostituierte geschützt. Immerhin ein vertrauenswürdiges Etablissement. Er vergewisserte sich, dass der Mann das Öl, mit dem er sich den Oberkörper eingerieben hatte, auch als Gleitmittel verwendete, beugte sich auf die Fingerknöchel vor und reinigte seinen Kopf von Gedanken.
    Ohne einen Gesprächsversuch gemacht oder sich verabschiedet zu haben, verließ Brynd das Bett, begab sich durch die verwirrend dunklen Flure zum Ausgang und tauchte wieder in die kalte Nachtluft von Villiren und in sein normales Leben ein. Ein Quickie, um den angestauten Stress loszuwerden – oder ihn durch Schuldgefühle zu ersetzen. Wie auch immer.
    Kaum hatte er den Laden verlassen, überkam ihn das Gefühl, verfolgt zu werden.

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