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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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einer bekannten Liebesballade. Er blickte zu mir auf, seufzte schmachtend, befeuchtete sich die Lippen und fuhr lagrimoso fort:
     
    Weshalb ist ein Weitseher für die Weite blind,
    weshalb sieht er die Dinge nur, wie sie sind?
    O Bastardprinzlein, Fitz, mein Schatz,
    ich mahne und warne, doch für die Katz’:
    Von Feinden bedrängt, das Volk in Not,
    während du zauderst, schlägt man uns tot!
     
    Eine Dienstmagd, die vorbeikam, blieb stehen und hörte zu. Eine Tür ging auf, ein Page steckte den Kopf hinaus, sah zu uns her und grinste. Meine Ohren brannten vor Verlegenheit, denn der Narr gebärdete sich wie ein liebeskranker Troubadour unter dem Söller seiner Angebeteten.
    Ich versuchte weiterzugehen, als hätte ich damit nichts zu tun, doch er rutschte auf den Knien hinter mir her und hielt mich am Ärmel fest. Wenn ich mich nicht erst recht lächerlich machen wollte, indem ich mich aufführte wie Jungfer Rührmichnichtan, mußte ich stehenbleiben und das Unvermeidliche mit Fassung ertragen. Der Narr verdrehte die Augen, der Page kicherte, und weiter hinten im Gang kommentierten zwei Stimmen gutgelaunt meine Bredouille. Ich weigerte mich, den Blick zu heben, um zu sehen, wer sich da auf meine Kosten amüsierte. Der Narr spitzte die Lippen zu einem Kuß und fuhr mit vertraulich gesenkter Stimme fort:
     
    Will seine Wege das Schicksal dich zwingen?
    Mit allen Gaben mußt du dagegen ringen!
    Auf! Nach Helfern im Streit die alten Schriften befragt,
    lerne, was du dir zu lernen versagt;
    noch liegt es bei dir, die Zukunft zu prägen,
    du kannst Gestalt und Gesicht ihr geben;
    brauchst du die Macht gegen die dunklen Gewalten,
    wirst du den Deinen die Heimat erhalten.
    So bitt’ ich zu deinem und unserem Frommen,
    laß nicht die Dunkelheit über uns kommen.
    Behüte unser Wohl und Leben,
    die wir in deine Hand gegeben.
     
    Nach einer wohlbemessenen Kunstpause sang er laut und lustig die letzte Strophe:
     
    Und sollt’s dich eitles Schwatzen deuchen,
    wie Fürze, die dem Arsch entfleuchen,
    will ich doch zur Reverenz mich bücken,
    was kaum ein Auge sah, soll deins entzücken!
     
    Und behende schlug er einen Purzelbaum, der kunstreich damit endete, daß er mir seine nackten Hinterbacken präsentierte. Sie waren erschreckend weiß, und ich vermochte weder meine Verblüffung noch meine Gekränktheit zu verhehlen. Der Narr sprang auf die Füße, wieder dem Anstand gemäß bedeckt, und Rätzel auf seinem Zepter verbeugte sich artig vor allen, die stehengeblieben waren, um das Publikum für meine Demütigung zu sein. Es wurde gelacht und Beifall geklatscht.
    Mir hatten seine Possen die Sprache verschlagen. So würdevoll wie möglich wollte ich an ihm vorbeigehen, doch mit einem Satz sprang er mir wieder in den Weg, richtete sich gebieterisch auf und wandte sich an alle, die immer noch grinsten.
    »Ein Pfui auf euch, daß ihr so lustig seid! Über eines Knaben Herzeleid zu spotten! Wißt ihr nicht, daß Fitz einen schweren Verlust erlitten hat? Oh, er verbirgt den Gram hinter seinem Erröten, doch sie ist ins Grab gesunken und ließ seine Leidenschaft ungestillt. Diese unerbittlich keusche und lebensbedrohlich flatulente Maid, unsere verehrte Lady Quendel, ist verschieden. Dahingerafft von ihrem eigenen Gestank, möchte’ ich wetten, auch wenn manche sagen, es lag an verdorbenem Fleisch. Doch verdorbenes Fleisch, weiß man, besitzt ein äußerst strenges Odeur, um vom Verzehr abzuschrecken. Dasselbe konnte man auch von Lady Quendel behaupten, und deshalb hat sie es vielleicht nicht gerochen oder hielt es für das Parfüm ihrer eigenen Finger. Wehklage nicht, armer Fitz, man wird ein anderes Feinslieb für dich finden. Dieser Aufgabe will ich mich weihen, von diesem selben Tage an. Ich schwöre es, bei Meister Rätzels Kopf. Und nun bitte ich euch, kehrt zu euren Pflichten zurück, denn wahrhaftig habe ich meine zu lange versäumt. Leb wohl, armer Fitz. Tapferes, trauriges Herz! So gefaßt deinen Verlust zu tragen und der Welt ein heiteres Gesicht zu zeigen. Ach Fitz, armer, armer Fitz…«
    Und der Narr wanderte den Gang hinunter, schüttelte kummervoll den Kopf und beratschlagte mit Rätzel, um welche begüterte Wittfrau er in meinem Namen anhalten sollte. Ich starrte ihm hinterher und konnte immer noch nicht glauben, daß er mich so bloßgestellt hatte. Er war scharfzüngig und flatterhaft, doch ich hatte nie damit gerechnet, einmal die öffentliche Zielscheibe eines seiner derben Spaße zu sein. Ich wartete darauf,

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