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Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat

Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat

Titel: Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. A. Stone
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Wertschätzung. Ein Scherz. »Aber ein Sanftes«, fügt sie hinzu.
    Ich nickte. Ja, ich bin sanft gewesen. Vorsichtig. Fast zurückhaltend. Meine Krallen haben nur zwei kleine Kratzer auf ihrer linken Schulter hinterlassen. Sie bluten nicht mehr und ich habe das Gefühl, dass mir Anninka deswegen nicht böse ist.
    »Skriek, bleibst du über Nacht?«, fragt sie.
    Ich würde gerne bleiben. Zumindest ein Teil von mir; aber ich kann nicht. Ich will zurück ins Kastell und allein sein. Ist es eine böse Ironie, dass gerade ich, der sich so oft einsam und verlassen fühlt, nicht einmal eine ganze Nacht bei einer Frau bleiben kann? Vermutlich. Ich weiß es nicht. Und es spielt wohl auch keine Rolle. Ich spüre nur, dass ich gehen will. Ich finde aber keine Worte.
    Anninka versteht mich auch so. Sie rollt sich aus meinen Armen und setzt sich auf. »Geh!« Sie streicht ihre Haare aus der Stirn. »Und morgen Abend komm wieder.«
    Ich richte mich auf. »Darf ich wirklich wiederkommen?«
    Sie lacht. »Ja, mein großer Skriek. Ich habe noch nicht alle Schuppen erforscht.«
    Ich lache mit ihr und fühle mich frei. Lebendig. Fast glücklich. Die Traurigkeit ist verschwunden. Es ist schön mit Anninka.
    Wenig später verabschiede ich mich und gehe zurück ins Kastell. Der schwindende Mond ist am Himmel ein Stück gewandert, doch es wird noch dauern, bis die Morgendämmerung einsetzt. Vielleicht bekomme ich noch ein paar Stunden Schlaf. Die Wächterinnen am Tor grüßen mich knapp, stellen aber keine Fragen. Ich gehe über weite Flure und steige die Treppen zu meinem Zimmer empor. Gelegentlich sehe ich Wächterinnen, auch zwei, drei Bedienstete. Ontron ist stets geschäftig, selbst in der Nacht. Ich erreiche unseren Gang. Das erste Zimmer auf der rechten Seite gehört Romaldo und Knut. Ihre Tür ist fest verschlossen. Ich spitze meine Ohren, höre aber keine Atemgeräusche. Auf Zehenspitzen schleiche ich näher heran und lege mein Ohr an die Tür. Im Zimmer ist es still. Zu still. Wo sind Knut und Romaldo? Sind sie ebenfalls auf amouröse Abenteuer aus? Wahrscheinlich. Ich gehe weiter. Da höre ich verhaltenes, grimmiges Schluchzen. Es sind Tränen tiefer Trauer und sie kommen aus Kathinkas Zimmer. Ich verharre und lausche neugierig. Kathinka weint so leise, dass sie fast nicht zu hören ist, aber meine Ohren sind zu fein, um es zu überhören. Was ist mit der Zauberschülerin los? Ihr Schluchzen kommt tief aus ihrer Seele. Plötzlich stammelt sie Worte. Sie sind voller Hass und Verzweiflung. Ich kann nicht alles verstehen, was sie sagt, aber ich glaube, die Wörter »Familie« und »Verräter« zu hören. Dann weint sie wieder. Leise, verzweifelt, nicht enden wollend. Soll ich anklopfen und ihr meine Hilfe anbieten? Nein, das wäre äußerst unklug. Kathinka würde mich dafür verfluchen und verdammen. Sie will ganz offensichtlich, dass niemand von ihren Seelenschmerzen erfährt. Das werde ich respektieren.
    Ich gehe weiter und betrete mein Zimmer. Meine alte, schmutzige Bekleidung, die ich achtlos über einen Sessel geworfen habe, ist weggebracht worden. Frisches Obst steht auf einem kleinen Tisch neben meinem Bett. Ich blicke aus dem Fenster und spüre, dass ich innerlich seltsam aufgewühlt bin. Mehr, wie mir scheint, von Kathinkas Tränen als von Anninkas zärtlichen Berührungen. Warum weint die Zauberschülerin? Sie gibt sich doch immer so hart und unnahbar.
    Ich trete näher an das große, zweiflügelige Fenster in meinem Zimmer und betrachte den schmalen Mond durch die Glasscheiben. Viele Gedanken sind in meinem Kopf. Da spüre ich ein leichtes Ziehen in meiner Seele. Und dann ist es da: Mahamsanazu . Mein Blick schweift über den langgezogenen Innenhof. Was erregt um diese nachtschlafende Zeit bloß meine Aufmerksamkeit? Ich öffne das Fenster einen Spalt und höre Schritte. Wenig später sehe ich eine Amazone, die es anscheinend sehr eilig hat. Als sie unter einer Öllampe vorbeihuscht, sehe ich ihr staubiges, verschwitztes Gesicht. Wo will sie hin? Wer ist sie? Ich warte einen Moment und schon ist sie aus meinem Blickfeld verschwunden. Eilig öffne ich die Fensterflügel noch weiter und überlasse mich ganz meinem mahamsanazu . Es leitet mich. Stetig. Unbeirrbar. Ich steige durch den offenen Fensterrahmen ins Freie und klettere die Wände nach oben. Nach einigen Metern erreiche ich eine Terrasse und folge dem Geländer, das mich zu einem kleinen Turm führt. Ich klettere hinauf und schwinge mich über eine Brüstung. Mein

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