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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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gezogen wurde. Der Elf lehnte sich an sein Pferd und wartete, bis seine Beine wieder stark genug waren, um ihn zu tragen. Selik musste ihm widerwillig Respekt zollen. Trotz aller Drohungen, trotz der häufigen Schläge und der zerquetschten Finger und Zehen hatte der Magier ihnen nicht einmal seinen Namen verraten.
    Normalerweise hätte Selik einen gefangenen Magier längst gebrochen und so weit eingeschüchtert und verängstigt, dass er tat, was immer Selik wollte. Doch dieser Elf besaß eine enorme innere Stärke. So konnte das natürlich nicht weitergehen. Selik wollte eine Botschaft verkünden, und er wollte nicht warten, bis sie von Blackthorne zurück waren, ehe er sie abschickte. In diesem Augenblick war er jedenfalls sicher, dass dieser Magier ihm nicht gehorchen würde. Er drehte sich um und sah den Garnisonskommandanten kommen.
Der eingeschüchterte Posten ging neben ihm, und der Kommandant überlegte wohl noch, wie er sich verhalten sollte.
    »Hauptmann Selik«, sagte der Kommandant schroff, ohne dem Besucher die Hand zu geben. Er war ein schlanker Mann, was aber, wie Selik vermutete, eher auf Hunger als auf Ertüchtigung zurückzuführen war, mit sehr kurzem grauem Haar und sauber getrimmtem Bart von der gleichen Farbe. Seine Rüstung war offenbar gut in Schuss, wenngleich ein wenig alt, und er hielt sich stolz und aufrecht. »Ich bin Anders, der Kommandant der Garnison. Mein Soldat hier sagte mir, Ihr wollt nach Süden reisen?«
    »Morgen früh, Kommandant Anders. Ich hatte gehofft, Ihr würdet meinen Männern erlauben, bis dahin in der Stadt zu rasten.«
    Anders zog die Augenbrauen hoch. »Sie steht Euch zur Verfügung. Nahrungsmittel oder Nachtlager kann ich Euch nicht anbieten, doch wir haben wir auf dem Gelände einen Brunnen, den Ihr benutzen dürft.«
    Selik lächelte. »Vielen Dank, das ist sehr freundlich.«
    Anders’ Gesicht war versteinert. »Das Angebot wurde nicht aus Freundlichkeit gemacht. Mir geht es eher um Eure Pferde als um die Bande von Mördern, die auf ihnen reitet.«
    Selik war an scharfe Reaktionen gewöhnt und ließ sich nichts anmerken.
    »Jeder mag glauben, was er will, Kommandant. Ich fürchte allerdings, ein großer Teil der Bevölkerung Balaias würde Euch nicht zustimmen.«
    »Ich habe die Berichte gehört, Selik. Ihr versucht, Balaia genau die Leute zu nehmen, die es braucht, um sich aus diesem Elend zu erheben.«

    »Ein Elend, das durch die Magie erst geschaffen wurde«, fauchte Selik.
    »Ich werde darüber nicht mit Euch diskutieren«, sagte Anders. Er hob eine Hand. »Ihr irrt Euch und seid hier nicht willkommen, und wenn Eure Pferde nicht wären, dürftet Ihr nicht einmal hier übernachten.«
    »Genau das, was ich von einem Lakaien der Kollegien erwartet habe.«
    Anders lachte. »Versucht nur nicht, mich zu ärgern, Selik. Ich bin stolz auf mein Kolleg. Und ich bin stolz darauf, hier das Kommando zu führen, so klein es auch ist. Im Augenblick mag es Konflikte zwischen den Kollegien geben, doch das betrifft uns nicht. Wir sind uns der von den Wesmen ausgehenden Gefahr bewusst, und so wird es auch bleiben. Wir überwachen auch die Wege, die von hier aus nach Norden und Süden führen.«
    »Ein Konflikt? Was redet Ihr da, Anders? Lasst mich raten – die Abteilungen aus Xetesk und Dordover wurden abgezogen, doch man hat Euch den Grund dafür nicht genannt, nicht wahr? Es wäre besser, Ihr würdet Euch im Augenblick nicht zu sehr darauf verlassen, dass die Kollegien durchweg friedliche Absichten hegen.«
    Anders trat vor und drängte Selik vom Zugang weg.
    »Ich will Euch einige Dinge erklären, Selik. Zunächst einmal sind alle vier Kollegien entschlossen, an diesem Ort hier eine Streitmacht stationiert zu lassen, um mögliche Eindringlinge abzuwehren. Ich habe mit meinen fünfzig Soldaten den Auftrag, die Verteidigungsanlagen zu sichern, die Schutzeinrichtungen zu unterhalten, die Wege frei zu halten und die Versorgung mit Nahrung und Wasser sicherzustellen.
    Zweitens befinden sich auf dem Gelände Magier, die ich zu meinen Freunden zähle. Sie werden sehr unglücklich
sein, wenn sie hören, dass Ihr auch nur eine Nacht hier verbringt, und sehr glücklich, wenn Ihr morgen nach Süden reitet. Ich weiß nicht, was Ihr dort wollt, und es ist mir auch egal, solange Ihr beim ersten Tageslicht aufbrecht«, sagte er. Er hielt kurz inne und überlegte. »Falls Ihr aber nach Blackthorne wollt, dann werdet Ihr den Ort noch weniger gastfreundlich als diesen hier finden.

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