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Die Leiche im rosa Nachthemd

Die Leiche im rosa Nachthemd

Titel: Die Leiche im rosa Nachthemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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eben notiert, daß Sie
sagten, die Stadt sei originell und malerisch wie eh und je.«
    »Sie sind ein Muster an Takt«,
meinte sie.
    »Das muß ein Reporter sein.
Haben Sie noch Kontakt zu Dr. Lintig?«
    »Leider nein. Er soll ja
inzwischen einen Haufen Geld verdient haben. Nachdem er mich damals so schäbig
behandelt hat, könnte er wenigstens jetzt etwas für mich tun.«
    »Er hat sich also inzwischen
nicht mehr bei Ihnen gemeldet?«
    »Nein.«
    Mit möglichst großem Mitgefühl
sagte ich: »Die ganze Sache muß für Sie ein großer Schock gewesen sein.«
    »Das kann man wohl sagen. Der
Mann hat mein ganzes Leben ruiniert. Wahrscheinlich habe ich es zu schwer
genommen. Ich hing eben doch sehr an ihm. Deshalb hat mich auch seine Untreue
so sehr getroffen. Vor meiner Nase hat er mich mit diesem Flittchen betrogen.«
    »Er hat Ihnen doch aber sein
ganzes Vermögen überlassen!«
    »Was bedeutet das schon — wenn
man einer Frau das Herz bricht und ihr ganzes Leben zerstört.«
    »Ja, ja, da haben Sie schon
recht. Soviel ich weiß, ist der Fall nie offiziell abgeschlossen worden.«
    »Jetzt ist er abgeschlossen«,
sagte sie.
    »Tatsächlich?«
    »Wozu wäre ich denn sonst nach
Oakview gekommen?«
    »Ich dachte, Sie wollten alte
Bekannte besuchen?«
    »Ich habe keine Freunde mehr in
Oakview. Die wenigen, die damals noch zu mir hielten, wohnen nicht mehr hier.
Alles, was gesellschaftlich etwas galt, ist fort. Was ist bloß aus der Stadt
geworden!«
    »Sie hat ein bißchen Pech
gehabt. Die Eisenbahnreparaturwerkstätten wurden verlegt. Damit hat es wohl
angefangen.«
    »Hm.«
    »Wenn ich Sie recht verstehe,
haben Sie also die Klage zurückgezogen und sind demnach noch immer mit Dr.
Lintig verheiratet«, sagte ich.
    »Natürlich.«
    »Aber Sie haben in diesen
einundzwanzig Jahren nie wieder von ihm gehört?«
    »Hören Sie mal, junger Mann —
Sie haben versprochen, mein Privatleben in Ruhe zu lassen.«
    »Das ist nicht zur Veröffentlichung
bestimmt«, sagte ich. »Es interessiert mich nur...«
    »Dann mäßigen Sie gefälligst
Ihr Interesse!«
    »Ich suche noch einen
menschlichen Aufhänger für meinen Artikel. Die Tragik der Scheidung und so
weiter. Sie und Dr. Lintig waren hier in Oakview geachtete Bürger. Sie hatten
viele Freunde. Wie aus heiterem Himmel ereilt Sie dann das bittere Schicksal
einer betrogenen Ehefrau, und Sie müssen Ihr Leben noch einmal ganz von vorn
anfangen.«
    »Ich freue mich, daß Sie sich
so gut in meine Lage versetzen können«, sagte sie.
    »Ich versuche es jedenfalls.
Ich würde gern noch mehr von Ihnen hören. So etwas gibt einem Artikel erst
richtig Pfiff.«
    »Sie haben Takt, junger Mann —
und Sie sind Journalist. Von diesen Feinheiten verstehe ich nichts.«
    »Sie haben also nichts dagegen,
wenn ich das Interview so aufzäume, wie ich es für richtig halte?«
    »Ja — nein. Moment — nein,
lieber nicht. Ich halte es doch für besser, daß Sie das ganz rauslassen. Sie
können sagen, daß die Scheidungsklage zurückgezogen ist. Das genügt. Ich
schätze es nicht, wenn meine intimsten Gefühle in die Weltgeschichte
hinausposaunt werden, nur damit ein paar gierige Klatschbasen wieder was haben,
worüber sie sich die Mäuler zerreißen können.«
    »Aber Sie können doch nichts
dafür. Es war alles Dr. Lintigs Schuld.«
    »Ich war eben damals eine
kleine Gans. Eine erfahrenere Frau als ich hätte wahrscheinlich beide Augen
zugedrückt und weiter mit ihm zusammengelebt.«
    »Hier in Oakview?«
    Sie schüttelte sich. »Dieses
Kaff ist wirklich das allerletzte. Pardon — es ist originell und hat sich seine
Individualität bewahrt. Wer das mag — bitte sehr...«
    »Durch Ihre Reisen hat sich Ihr
Horizont erweitert. Sie haben sich geändert — und Oakview ist geblieben, was es
war...«
    »Vielleicht.«
    »Wo wohnen Sie jetzt, Mrs. Lintig?«
    »Hier im Hotel.«
    »Ich meine Ihre ständige
Adresse.«
    »Wollen Sie die
veröffentlichen?«
    »Warum nicht?«
    Sie lachte. »Damit meine
geliebten früheren Mitbürger mich mit dämlichen Briefen überschütten können?
Nein. Ich bin fertig mit Oakview. Es war ein bitteres Kapitel in meinem Leben,
das ich endlich abschließen und vergessen will!«
    »Eigentlich hätte es dann doch
nahegelegen, endlich die Scheidung durchzuziehen, damit Sie Ihre Freiheit
haben.«
    »Mir liegt nichts mehr an
meiner Freiheit.«
    »Und warum nicht, wenn ich
fragen darf?«
    »Das geht Sie gar nichts an.
Man kann hier nicht einmal seine Geschäfte abwickeln, ohne daß

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