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Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Titel: Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Mack
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sich für den heutigen Tag ausgesucht hatte. Gestern noch hatte er sich anders genannt, doch diesen Namen hatte Angelica auf seinen Wunsch hin höflicherweise vergessen. Schließlich handelte es sich bei ihm um den Bruder ihrer Vermieterin. Verdammt, irgendjemandem musste sie ja trauen. Und bisher hatte der junge Mann sich dieses Vertrauens auch würdig erwiesen.
    Er war stark, wenn auch ein wenig grob. Aber das waren beides Eigenschaften, die beim Aufpassen auf Victor durchaus gelegen kamen. Sie selbst hatte jetzt ein paar Besorgungen zu erledigen.
    Auch wenn der Gerechtigkeit in gewisser Weise Genüge getan war, lag der schwierigste Teil doch immer noch vor ihr.
    Angelica hatte keine Ahnung, ob Sin überhaupt Wert darauf legte, seinen Komplizen wiederzusehen, aber irgendwie bezweifelte sie es. Doch wenn Victor Teil irgendeines Teufelspakts sein könnte, dann war er für sie immer noch wertvoll.
    St. Sin schien ein Geisteskranker zu sein. Aber selbst ein Geisteskranker hatte dann und wann seine rationalen Momente. Und es gab nichts, was sie davon abhalten würde, an Semjons Seite zu eilen.
    Sie brauchte unbedingt Verstärkung. Old Harry sagte, er würde die richtigen Kerle dafür kennen – wenn das Geld stimmte. Also ging Angelica erneut zur Bank, tauschte einen weiteren der Geldscheine um und kehrte über einen Umweg in das Haus am Fluss zurück. Niemand schien ihr gefolgt zu sein.
    Ihr Gefangener brauchte zwar ebenso Nahrung und etwas zu trinken wie sie, doch Angelica brachte lediglich Brot, Käse und Ale mit. Im Gefängnis war die Verpflegung weitaus schlimmer, und er sollte dankbar für seine einfache Unterkunft sein.
    Auf dem Nachhauseweg sah sie einen Teestand. Sie blieb stehen, um sich einen Schluck zu gönnen, und wählte dabei die sauberste Tasse, die zu bekommen war. Um anspruchsvoll zu sein, dazu fehlte ihr die Zeit. Außerdem war man in Harrys Viertel gar nicht auf feine Gepflogenheiten eingerichtet.
    Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass das heruntergekommene Haus vielleicht gar nicht ihm gehörte. Aber das ließ sich auch nicht ändern. Sie würden es sowieso sehr bald verlassen und nie wieder dorthin zurückkehren.
    Nachdem Victors Bewacher ihm eine Hand losgebunden hatte, servierte Angelica ihm das Essen in großen Happen auf einfachen Holzbrettern. Gierig und hungrig verschlang er sein Mahl und machte sich dann über die Flasche mit dem Ale her.
    Als er fertig war, betastete der Gefangene die Beule auf seiner Stirn. Sie wurde langsam violett, aber die Schwellung war bereits deutlich zurückgegangen.
    «Au», stieß er klagend aus.
    «Halt die Klappe», ranzte Harry ihn an. «Das ist doch gar nüscht. Und wenn de jetzte nicht stille bist, gibt’s noch Nachschlach.»
    Victor schwieg, aber Angelica sah, dass sein Gesicht knallrot wurde. Wenigstens wusste ihr Stiefbruder, wann er besser nicht widersprechen sollte.

    Eine Stunde später waren die drei bereits mit einem ratternden Karren auf dem Weg zu Sins Haus. Angelica hatte Harry angewiesen, eine dicke Schicht Stroh für Victor auszulegen. Aber nicht etwa, um seine wertlosen Knochen zu schonen, sondern allein aus dem Grund, damit er nicht bei jeder Unebenheit brüllte.
    Immerhin war Old Harry so freundlich gewesen, ihren Stiefbruder atmen zu lassen. Der Knebel war mit großem Geschick um Victors Kopf befestigt worden, und auch seine Hände waren bestens fixiert. Ohne die Hilfe des stiernackigen Kerls wäre es Angelica niemals gelungen, einen Mann zu entführen und ihn dann so zu fesseln. Als würde Victor nichts wiegen, hatte Harry ihren Stiefbruder einfach in einen Leinensack gesteckt, ihn sich über die Schulter geworfen und den Sack dann an vier Stellen des Karrens festgebunden.
    «Das wäre erledigt, Missus», erklärte der grobe Mann und zog wie zum Beweis an einem der Stricke. Victor stöhnte durch den Knebel hindurch. «Halt bloß die Klappe, du …»
    «Gut. Dann lass uns losfahren. Hast du deine Freunde verständigt?»
    «Aye. Meine Kumpel nehmen aber einen anderen Weg. Nicht, dass Annie hier besonders schnell laufen würde.» Er drehte sich zu seiner Stute um und strich ihr über die dicke Mähne. «Eine schöne Schlägerei mögen wir alle.» Als er sie anlächelte, sah Angelica, dass dem Mann mehrere Zähne fehlten. Doch sie verzog keine Miene und ließ sich von ihm auf das primitive Brett heben, das dem Fahrer und seinem Gast als Sitz diente.
    Dann rief er dem Pferd mit tiefer Stimme ein «Hü!» zu, und sie verließen die Gegend am

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