Die Leopardin
Besinnung.
Das Pferd kam auf die Beine und watete aus dem FluÃ. Blutend und
zitternd blieb es stehen. Ein Waliser schulterte seinen Bogen, rannte
zu dem Hengst und zerrte ihn zur Seite. Renard stürmte mit dem Mann,
dessen Bogen er sich ausgeliehen hatte, ins knietiefe Wasser. Mit
vereinten Kräften zogen sie William an Land, ehe er ertrinken konnte.
Seine Rüstung wog fast dreiÃig Pfund.
Am anderen Ufer
ritten die ersten Verfolger in den FluÃ. »SchieÃt, um Himmels willen!«
schrie Renard die Waliser an, die den Rittern wie gebannt
entgegenstarrten. Er hatte sich an Williams Rüstung die Finger blutig
gescheuert, achtete aber nicht weiter darauf und legte einen Pfeil auf
seinen Bogen. Ein Auge zusammengekniffen, zielte er auf einen
graubraunen Hengst. Dessen Reiter schwenkte ein schimmerndes Schwert,
in den Steigbügeln aufgerichtet. Mit der Kraft eines Seeungeheuers
durchpflügte das Schlachtroà die Wellen. Schräg hinter ihm wurde ein
Pferd von einem Pfeil getroffen. Mit schmerzlichem Wiehern bäumte es
sich auf und brach zusammen. Der Reiter wurde ins Wasser geworfen und
vom Gewicht seiner Rüstung in die Tiefe gezogen.
Der
Graubraune trabte an Land. Renard schoà seinen Pfeil ab und sah, wie
sich die Spitze in den Hals des Tieres bohrte. Die Knie knickten ein,
es fiel zur Seite, begrub seinen Reiter unter sich und versperrte allen
anderen Pferden den Weg, weil es nicht tödlich getroffen war und heftig
mit allen vieren ausschlug.
Die Ritter sahen sich als
Zielscheiben wackerer Waliser, die gleichsam mit Pfeil und Bogen
geboren worden waren, und konnten den Fluà nicht verlassen, um zum
Angriff überzugehen. Der Mann unmittelbar hinter dem Graubraunen
zögerte die Entscheidung, was er tun sollte, um einen verhängnisvollen
Moment hinaus. Drei Schäfte des gefiederten Tods streckten das Pferd
unter ihm nieder. Gerade noch rechtzeitig konnte er aus dem Sattel
springen und sich ans Halteseil klammern. Aber ohne seinen Schild war
er so verletzlich wie eine Schnecke, halb aus ihrem Häuschen gekrochen.
Der Tapferste seiner Gefährten reichte ihm die Hand und zog ihn zu sich
in den Sattel. Dann folgte er den Reitern, die bereits umgekehrt waren,
aus der Reichweite der Pfeile, zum Dorf am anderen Ufer.
»Wo ist die nächste Furt?« Renard senkte den Bogen, den das Blut seiner Finger beschmiert hatte.
»Ich glaube, bei Newark. Lord William weià Bescheid.«
»Ja â
Newark.« Stöhnend setzte sich William auf. »Weit genug entfernt, so daÃ
sie uns nicht mehr einholen können. Und ich lasse ein paar von meinen
Bogenschützen hier, die sie dran hindern werden, es an dieser Stelle
noch einmal zu versuchen ⦠GroÃer Gott, ich fühlte mich, als wäre
ich zwischen die Rührstangen in Eleanors Wollmühle geraten ⦠Ist
mein Pferd in Ordnung?«
»Ein biÃchen angeschlagen, aber
du kannst es immer noch reiten.« Renard kauerte sich zu seinem Bruder.
»Offenbar hat sich die Neuigkeit von meiner Flucht schon
herumgesprochen.«
»Scheint so â¦Â« Williams Zähne
klapperten. »In Thurgarton gibt's eine neue Augustinerpriorei, nur
einen Zweistundenritt entfernt. Dort können wir uns trocknen lassen und
für den Rest der Reise stärken ⦠Deine Hände bluten.«
»Hast
du jemals einen Mann in voller Rüstung aus dem Wasser gezogen?« Renards
Glieder begannen zu zittern, und er stand auf, ehe es ihm zu gut am
Boden gefiel.
Er zog William auf die Beine, holte den
Cleveland und ging zur Decke, wo Harry lag. Er schaute hinab, dann
bückte er sich und legte die blutigen Finger an den Hals seines
Bruders. Die feuchte Haut war noch warm, aber nicht mehr vom Puls des
Lebens erfüllt. Die halbgeöffneten Augen starrten in die Ewigkeit. »O
Gott, nein«, flüsterte Renard.
William, der gerade ein aufgeschürftes Bein seines Pferdes untersuchte, drehte sich um. »Was ist los?«
»Es
spielt keine Rolle mehr, wie schnell wir vorankommen.« Renard schloÃ
behutsam Harrys Lider und deckte ihm das Gesicht zu. Sie hatten nicht
den Fluà Trent überquert, sondern den Styx, auf dessen anderer Seite
die Unterwelt lag.
Krampfhaft schluckte William und
schüttelte den Kopf. Wenn man in der Nähe des Todes lebte, so bedeutete
das noch lange nicht, daà man auf den Augenblick der GewiÃheit gefaÃt
war.
»Legen wir ihn auf eins der überzähligen
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