Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
einen Moment. »Vielleicht wollte Molteni nur sagen, dass das in der Prophezeiung niedergeschriebene Wortin der Gegenwart war … in dem Sinne, dass die Prophezeiung kurz vor der Erfüllung steht!«
»Oder es ist Gottes Hand, die Molteni geleitet hat«, sagte er überzeugt.
Alanna war betroffen. Liam hatte an eine verborgene und vergessene Saite gerührt. Einen Moment lang erfüllte sie dieses merkwürdige Gefühl der Unkenntnis und Ohnmacht, das sie immer überkommen hatte, wenn sie als Kind ihren Vater beten sah: Das vage Gefühl des Göttlichen, das die Schicksale leitet, das aber dem verborgen und fremd bleibt, dem die Erleuchtung des Glaubens fehlt.
In diesem Augenblick öffnete sich geräuschvoll die in der Bücherwand verstecke Tür.
Auf der Schwelle erschienen zwei Männer mit arabischer Physiognomie und in westlicher Kleidung. Der erste war der Hüne, den sie schon in Dublin gesehen hatten, der zweite war bewaffnet. »Bitte folgen Sie uns.«
59
Ort: Abu Dhabi
Weltzeit: Samstag, 27. Juni, 20.22 Uhr (GMT)
Ortszeit: Sonntag, 28. Juni, 00.22 Uhr
Das Apartment, das Hussayn in Prinz Amir Khans Residenz bewohnte, konnte sich an einer Suite in einem Fünfsternehotel messen lassen. Dem Sekretär standen außer einem geräumigen Schlafzimmer mit dazugehörigem Bad drei weitere Zimmer zur Verfügung: Ein Wohnzimmer mit riesiger hufeisenförmiger Couchgarnitur, der gegenüber zwei hochauflösende Fernsehbildschirme von jeweils fünfzig Zoll hingen, ein Konferenzraum, in dem bis zu zwölf Personen Platz fanden, und schließlich ein Arbeitszimmer, das mit Hochtechnologie der jüngsten Generation ausgestattet war: Glasfaserverkabelung, Wire-fire, Videokonferenzverbindung und sechs Computerarbeitsplätze mit Internetanschluss.
Dort saß Hussayn gebannt vor einem Zwanzig-Zoll-Flüssigkristallbildschirm.
Die nächtliche Stille wurde nur vom Brummen der Geräte unterbrochen. Der Sekretär hatte seinen persönlichen Identifizierungscode eingegeben und sich mit der Suchmaske von Q.X.P.D.-System verbunden, der bestqualifizierten und am schwersten zugänglichen Datenbank der Welt. Dank der extrem potenten Suchmaschine des Systems konnte Hussayn live detailgenaue Informationen aus der Beletage der Weltwirtschaft abfragen. Gelistet waren fast drei Millionen Unternehmen inachtzig Ländern und über acht Millionen Entscheidungsträger wie Eigentümer, Manager und leitende Angestellte von Firmen.
Doch die Informationen, die er suchte, waren nicht verfügbar. Er gab zum wiederholten Mal »Diadem Kerr« ein und erhielt über fünfzigtausend Verweise. Er schränkte die Suchkriterien ein und filterte ein paar hundert heraus. Aber auch diesmal gab es nichts nennenswert Neues. Kein bemerkenswerter Geldtransfer, keine Transaktion von Firmenbeteiligungen, kein Eintrag in der Presseschau, keine einzige relevante Meldung in den letzten sieben Tagen. Nicht eine Spur davon. Mr. Kerr schien eine regelrechte Schimäre in der Finanzwelt zu sein. Zu sauber, als dass er nicht irgendetwas verbergen würde, dachte Hussayn. Und doch hatte der Prinz sich einseifen lassen.
Das Handy, das auf dem Schreibtisch lag, begann bläulich zu leuchten und zu vibrieren. Hussayn griff es sich und las den Namen auf dem Display: Horacio Lozano.
Er nahm den Anruf an.
»Hier spricht Lozano, aus Buenos Aires, entschuldigen Sie die späte Stunde«, sagte sofort eine raue Stimme mit spanischem Akzent am anderen Ende der Leitung.
»Guten Abend, Herr Rechtsanwalt, gibt es Neuigkeiten?«
»Ja«, war die lakonische Antwort.
»Wie gehen die Bauarbeiten an der Mauer voran?«
»Es hat ein paar Probleme gegeben.«
»Das ist keine Neuigkeit.«
»Es geht nicht um Regen oder Arbeitsunfälle.«
»Die Eingeborenen also?«
»Ja. Es ist ein wahres Inferno losgebrochen.«
»Sie haben alle Mittel, um einzugreifen.«
»Diesmal ist es anders. Es hat sich eine kleine Widerstandsbewegung gebildet. Sie sind in Baustelle Sechs eingedrungenund haben drei LKW in die Luft gesprengt. Zwei davon waren gerade erst eingetroffen, die mit den
Eisen
.«
Hussayn schwoll der Kamm: »Wie ist das möglich? Und unsere Wachposten?«
»Ausgetrickst. Die haben sie nicht einmal gesehen.«
»Um wen handelt es sich?«
»Die Mapuche, die wir umsiedeln mussten. Sie kennen hier jeden Grashalm und machen sich genau das zunutze. Und sie sind nicht allein: Ein weißer Fahrer war auch involviert, der uns jedoch nicht mehr auf die Nerven gehen wird. Die anderen konnten allerdings
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