Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
Schreibtisch und lehnte sich zu seinem Sekretär vor.
»Sag mir eins, Hussayn«, bat er in neutralem Ton. »Glaubst du an das, was ich tue?«
»Natürlich, Hoheit«, nickte der Sekretär ohne Zögern.Aber die Entschiedenheit seiner Antwort passte nicht zu dem Beben in seiner Stimme. Hussayn konnte nämlich nicht verhehlen, dass diese merkwürdige Frage ihn beunruhigte: War Saalima es gewesen, die einen heimlichen Zweifel in den Gedanken des Prinzen gesät hatte?
»Was gibt es Neues von unserem Gefangenen?«, wechselte Amir Khan das Thema.
»Die Überführung ist erfolgreich abgeschlossen. Und Bandar geht weiter vor wie besprochen«, antwortete Hussayn unbeschwert, er war erleichtert, dass das Gespräch sich wieder um praktische Fragen drehte.
»Zu viele Fehler«, der Prinz schüttelte den Kopf.
»Verzeiht, Euer Hoheit, aber es handelte sich um einen einzigen, nicht vorhersehbaren Zwischenfall.«
Amir Khan schlug mit der Faust auf den Tisch. »Die Operation ›Leeres Viertel‹ kann keinen einzigen Zwischenfall tolerieren«, donnerte er los.
Hussayn neigte das Haupt. »Absolut, Hoheit. Und mein Leben steht im Dienst des ›Leeren Viertels‹.«
Der Prinz nickte und wählte seine Worte mit Bedacht. Dann öffnete er, als wäre ihm durch das Gespräch wieder etwas eingefallen, eine Schublade und holte eine Visitenkarte heraus, die er Hussayn hinwarf. »Was hast du herausgefunden?«
Der Sekretär brauchte die Visitenkarte nicht anzuschauen, um zu verstehen, was der Prinz wollte. Er fing zu reden an, als würde er von einem Blatt ablesen, wobei er sein phänomenales Gedächtnis zur Schau stellte, das der Prinz mehr als jede andere Qualität an ihm schätzte.
»Mr. Diadem Kerr«, fing er an, »1948 in London geboren, Mutter Engländerin, Vater Libanese, maronitischer Christ, betreibt seine politische Karriere in der Labourpartei. Sehr wohlhabende Familie mit weitverzweigten politischen Verbindungen. Studium in den USA, zwei Abschlüsse: einer inWirtschaft, der andere in Theologie. An der Columbia ist er Vorzugsschüler des Investment-Gurus Benjamin Graham. Mit fünfunddreißig verwaltet er bereits ein Vermögen, das vor allem im Versicherungs- und Bankensektor konzentriert ist. Von da an wächst sein Reichtum – man munkelt, auch dank der exzellenten Beziehungen zum Vatikan – in schwindelerregendem Tempo.«
Hussayn unterbrach sich, um Luft zu schöpfen. Dann fuhr er fort: »1999 gibt Diadem Kerr jede offizielle Funktion auf und verschwindet aus der internationalen Wirtschaftsszene. Niemand kann sich den Grund erklären. Erst fünf Jahre später taucht er wieder auf. Nun sind seine Interessen ausschließlich philanthropischer und religiöser Natur. Die Stiftung, die nach ihm benannt ist, hat ein geschätztes Vermögen von knapp einer halben Milliarde Pfund. Diadem Kerr ist ein glühender Verfechter des interreligiösen Dialogs, auch wenn er in einigen Kreisen als katholischer Integralist gilt.«
»Ruf ihn an«, befahl Amir Khan trocken und zeigte auf das Telefon auf dem Schreibtisch.
Hussayn nahm die Visitenkarte, wählte die Nummer und schaltete die Freisprechanlage an. Als man ihm antwortete, stellte er sich höflich vor.
»Ich habe auf Ihren Anruf gewartet«, erwiderte Kerr sofort.
32
Ort: Turin
Weltzeit: Freitag, 26. Juni, 9.53 Uhr (GMT)
Ortszeit: 11.53 Uhr
Die Wände im Wartezimmer des Notars Alione waren mit rund zwanzig historischen Stichen gepflastert, die alle einem einzigen Sujet galten: Giuseppe Garibaldi. Da war Garibaldi in rotem Hemd, Garibaldi mit gezücktem Schwert in der rechten und der italienischen Flagge in der linken Hand, Garibaldi in der Uniform eines Generals, Garibaldi in Teano mit dem König, Garibaldi in Waffenrock und Schärpe, Garibaldi zu Pferd und so weiter. Unter all diesen Garibaldis standen zwei Sofas und ein Ledersessel um einen Couchtisch, auf dessen Glasplatte Wirtschaftsmagazine und -zeitungen lagen. Eine elegant gekleidete Dame um die fünfzig blätterte gelangweilt in
Il Sole 24 Ore
, dessen fette Schlagzeile auf der ersten Seite den starken Kursverlusten an den europäischen Börsen vom Vortag gewidmet war.
Jedes Mal wenn sie eine Seite umblätterte, warf die Dame einen verstohlenen Blick auf das Pärchen, das ihr gegenüber auf dem Sofa saß, leicht angewidert von deren zerknitterter Kleidung und ungepflegtem Äußeren. Die beiden sahen aus, als hätten sie sich am Morgen nicht gewaschen. Und dem war auch so.
In Paris waren Liam und Alanna, kaum
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