Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
warf Alanna immer wieder verstohlene Blicke zu, bis er schließlich die Flasche in die Hand nahm und an ihren Tisch kam: »Darf ich eine wunderschöne Frau auf ein Glas Wein einladen?«
Ein eiskalter Blick Alannas genügte, und der Mann entschuldigte sich sofort und trat den Rückzug an. Seine beiden Freunde bogen sich vor Lachen.
Alanna rang sich endlich dazu durch, etwas zu sagen: »Was machen wir jetzt?«
»Essen«, war Liams lakonische Antwort.
»Und danach?«
»Ich weiß nicht.«
»Also, dann müssen wir einen Ort finden, wo wir unterkommen«, insistierte sie.
Endlich hob er den Blick. »Ins Hotel können wir nicht. In Italien musst du sofort deinen Ausweis vorlegen.«
»Moltenis Wohnung können wir auch ausschließen. Wir haben die Schlüssel noch nicht.«
Die Kellnerin bediente sie, und sie fingen an, mit Appetit zu essen. Liam hielt mitten in einem Bissen inne und dachte nach: »In Moltenis Wohnung kommen wir schon irgendwie rein, wenn wir wollen. Ich bin der rechtmäßige Eigentümer, ich müsste nur einen Schlosser rufen. Und seine Sachen würde ich mir auch gerne einmal näher ansehen. Ich bin sicher, wir würden so manche Antwort auf unsere Fragen finden.«
»Worauf warten wir dann?«
»Das wäre der erste Ort, an dem sie uns suchen würden.«
Alanna gab ihm widerwillig recht. »Also was machen wir? Rufen wir Goonan an?«
»Ich weiß nicht«, überlegte er.
»Wir könnten die italienische Polizei um Hilfe bitten. Oder den Notar«, schlug sie vor.
Liam schüttelte den Kopf. »Wer sagt uns, dass wir denen trauen können?«
»Zu Alione hatte Molteni Vertrauen.«
»Molteni ist tot. Vielleicht setzte er sein Vertrauen in die falsche Person.«
»Kennst du niemanden in Turin?«
Liam dachte nach. »Es gäbe da jemanden …«
Alanna wartete schweigend, dass er weiterredete.
»Ein ehemaliger Studenten von mir, Giuseppe … Giuseppe Russo, mit dem ich immer in Kontakt geblieben bin. Er lebt hier und schreibt an seiner Doktorarbeit.«
»Hast du eine Telefonnummer?«
»Ja, im Adressbuch meines Handys«, schnaubte er mit einem Achselzucken. Dann wischte er sich den Mund mit der Serviette ab und ging in das Lokal. Kurz darauf kam er mit dem Telefonbuch wieder. Er fing an, die Seiten durchzublättern, und gleich darauf entfuhr ihm ein Fluch: »Verdammt, es gibt rund vierzig Giuseppe Russos hier.«
»Dann versuch ihn über die Universität zu finden«, schlug sie vor. »An welcher Fakultät ist er eingeschrieben?«
»Geschichte, glaube ich.«
Liam fand die Nummer des Instituts im Telefonbuch und schrieb sie auf eine tabakbraune Papierserviette. Dann wollte er aufstehen. Rund zehn Meter entfernt hatte er, halb hinter einem Kiosk versteckt, drei Telefonzellen ausgemacht.
»Warte!«, hielt Alanna ihn auf, »überlass das mir.« Sie ging zielstrebig auf den Nachbartisch zu, lieh sich mit einem strahlenden Lächeln das Handy ihres weißhaarigen Verehrers, und im Handumdrehen hatte sie das Telefonat erledigt und eine Adresse auf die Serviette geschrieben. Schließlich gab sie das Handy seinem Besitzer zurück und ließ sich das Glas Wein einschenken, das er ihr angeboten hatte.
Eine halbe Stunde später waren Liam und Alanna in der parallel zum Po verlaufenden Via Napione, in der Gegend der eleganten Piazza Vittorio. Sie standen vor einer Klingelleiste mit mindestens dreißig Namen – ein Giuseppe Russo war nicht dabei.
»Bist du sicher, dass es hier ist?«, fragte Liam nervös.
»Klar«, versicherte Alanna erstaunt, »das ist die Adresse, die er mir selbst gegeben hat. Er hat mir gesagt, er würde sofort nach Hause fahren und dort auf dich warten.«
»Hat er dich nicht gefragt, warum ich ihn nicht selbst angerufen habe?«
»Ich habe mich als deine Assistentin ausgegeben.«
Er lächelte. »Und was machen wir jetzt, Frau Assistentin? Probieren wir alle Klingeln durch?«
Da kam ein Mädchen mit kurzen, violett gefärbten Haaren auf die Haustür zu, in der Hand ein Schlüsselbund.
»Entschuldigen Sie«, fragte Liam sie, »wohnt hier Giuseppe Russo?«
»Wer sind Sie?«, fragte sie misstrauisch.
»Freunde«, antwortete Alanna höflich.
Das Mädchen musterte sie von Kopf bis Fuß und steckte dann den Schlüssel ins Schloss. »Kommt mit, ich wohne mit ihm zusammen.«
Sie gingen durch das Vorderhaus und kamen in einen geräumigen Innenhof. Das Mädchen steuerte eine Glastür an, die ein Schild mit der Aufschrift »Treppe B« zierte. Sie stiegen drei Stockwerke hoch und blieben vor einer massiven
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