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Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)

Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)

Titel: Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Höftmann
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verstorbene Kind aber bestimmt nichts änderte.
    Danach erhob sich auch Klara Chajbi. Sie umarmte kurz ihren Sohn und begann auf Hebräisch zu sprechen. Ihre Stimme zitterte, sie kämpfte mit den Tränen, weswegen sie zwischen den Sätzen manchmal lange Pausen machen musste. »Wenn jemand stirbt, denkt man, die Person müsse alt sein. Und man hat Zeit, sich vorzubereiten. Marina jedoch ist uns entrissen worden. Ohne Vorbereitung. Ohne Vorwarnung. Plötzlich war sie einfach nicht mehr da. Ich sitze zu Hause auf meinem Sofa und denke: Gleich kommt sie herein. Gleich klopft es. Ich öffne schon einmal die Tür, aber sie ist nicht da. Es klopft nicht, sie kommt nicht. Ich denke: Vielleicht kommt sie morgen. Bestimmt sogar. Doch dann fällt mir ein, dass sie nie wieder an meine Tür klopfen wird. Ich wünschte, ich hätte mein Leben für ihres geben können. Sie stand doch noch ganz am Anfang, sie hatte noch so viel vor und so viele Pläne. Ihr Leben hatte gerade erst begonnen, ihr neues Leben in Israel. Sie war das einzige Kind von meinem Victor. Sie hatte all sein Talent, seine Schönheit und seine Stärke geerbt. Man hat ihr die Chance genommen, aus diesem Erbe etwas zu machen. Und uns nahm man die Chance, sie auf diesem Weg zu begleiten. Zu beobachten, wie sie wächst und schöner wird und klüger. Möge Gott sich ihrer erbarmen und ihre Seele bei sich aufnehmen. Möge er ihr ewiges Leben geben und ihr den Aufenthalt im Paradies erlauben. Wenn schon nicht im diesseitigen Leben, dann wenigstens im Jenseits. Amen.«
    Nach dieser Rede ließ man die Tote ins Grab hinab. Jeder der Anwesenden schüttete etwas Erde hinein.
    Als Assaf an der Reihe war, sagte er dreimal den vorgeschriebenen Vers: »Denn er erzwingt die Strafe für das Blut seiner Söhne und entsühnt das Land seines Volkes.« In keinem Bereich des jüdischen Lebens kannte der Kommissar sich so gut aus wie in den Traditionen der Trauerfeier. Zu viele seiner Kameraden hatte er auf ihrem letzten Weg begleitet. Als ihr Kommandeur hatte er auf vielen Beerdigungen gesprochen. Der einzige Unterschied war, dass Soldaten meist in Särgen beerdigt wurden und nicht in den traditionellen Tüchern. Denn nicht selten waren nur noch Teile von ihnen übrig.
    Nach dem Verlassen des Friedhofs und nachdem er der Familie Marinas seine Anteilnahme ausgesprochen hatte, wusch sich Assaf jede Hand dreimal. Er trocknete sie nicht, erinnerten ihn doch die nassen Hände länger an die Verstorbene.
    Vom Friedhof aus fuhr die Familie Marinas gemeinsam zur Schiwa in der Wohnung der Verstorbenen. Dort würden sie nun sieben Tage lang sitzen. In den ersten drei Tagen sollten dabei nur Familienmitglieder anwesend sein. Danach waren auch andere Besucher erlaubt, um ihre Anteilnahme auszudrücken.
    Vor dem Friedhof begrüßte Assaf Olla und deren Freund sowie die Sekretärin Ruth Silberman aus dem Ulpan. Und dann erst entdeckte der Kommissar, dass auch Moses gekommen war. Er ging auf den jungen Afrikaner zu und klopfte ihm tröstend auf die Schultern. Moses sah elend aus, die Verzweiflung und Trauer über Marinas Tod standen ihm ins Gesicht geschrieben. Assaf vermutete, dass KlaraChajbi ihn eingeladen hatte. Sie hatte sicher mittlerweile auch das Foto von Marina und Moses am Strand gefunden, das der Kommissar in Marinas Wohnung entdeckt hatte. Klara war eine kluge Frau, sie wusste, dass es richtig war, Moses zur Trauerfeier einzuladen.
    Nach dem Mittagessen, das er mit Moses, Olla und ein paar anderen eingenommen hatte, kehrte Assaf erschöpft an seinen Arbeitsplatz zurück. Er bat Yossi, Itzik und Zipi, sich kurz in seinem Büro zu versammeln. Sie mussten dringend Joy finden.
    »Ich habe alle Krankenhäuser abtelefoniert. Nirgendwo wurde jemand eingeliefert, auf den die Beschreibung der Asiatin passt. Die gute Nachricht ist jedoch: Die beiden Schlägertypen von Dudu wurden gefasst«, berichtete Zipi. »Wie vermutet, sind sie in Dudus Bordell aufgetaucht und konnten sofort festgenommen werden.«
    »Gut, dann können wir bei ihnen mit den Verhören beginnen, vielleicht wissen sie, wo Joy ist. Yossi, das übernimmst du«, ordnete der Kommissar an. »Aber vorher musst du mit Batito sprechen. Ich fürchte, wir können ihn nicht lange auf dem Revier festhalten. Wir haben bisher keine Beweise dafür, dass er mir die Schläger auf den Hals gehetzt hat.«
    Yossi nickte.
    »Zipi«, sagte Assaf, an die Sekretärin gewandt, »kannst du die anderen Kolleginnen von Joy und Marina überprüfen? Vielleicht

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