Die letzte Zeugin
wäre nichts lieber, als wenn eine Bande von Desperados in die Stadt gestürmt käme, dachte Brooks. Dann würde er ihm nur zu gerne Rückendeckung geben.
»Nein, ich will nur etwas überprüfen. Es dauert nicht lange. Wenn irgendetwas sein sollte, bin ich über Funk zu erreichen. Sag Boyd, er soll versuchen, Missy zu Verstand zu bringen, wenn sie ihm wieder vorheult, dass Ty sie nie anrühren würde. Es wird zwar nicht funktionieren, aber versuchen sollte er es wenigstens.«
»Ich glaube, Brooks, eigentlich gefällt es ihr.«
»Niemandem gefällt es, wenn er eine Faust im Gesicht hat, Ash. Aber es kann zur Gewohnheit werden. Auf beiden Seiten. Du erreichst mich über Funk«, wiederholte er und ging.
Abigail zitterte vor Nervosität. Zorn und Irritation stiegen in ihr auf, weil dieser neugierige Polizeichef nichts Besseres zu tun gehabt hatte, als sie bei einer Aufgabe zu stören, die sie immer besonders genoss.
Sie war ja genau deshalb in diese hübsche Ecke der Ozarks gezogen, weil sie keine Nachbarn wollte, keine Menschen um sich herum, keine Unterbrechungen ihrer Routine.
Sie fuhr die gewundene Privatstraße zu ihrem Haus im Wald entlang. Es hatte Wochen gedauert, Bewegungsmelder zu entwickeln, die nicht sofort reagierten, wenn ein Kaninchen oder ein Eichhörnchen am Haus vorbeilief. Noch länger hatte es gedauert, sie und die Kameras zu installieren und zu testen.
Aber es hatte sich gelohnt. Sie liebte dieses Haus mit seinen groben Holzbalken und den überdachten Veranden. Als sie es zum ersten Mal gesehen hatte, war es ihr vorgekommen wie aus einem Märchen. Sie hatte sich sofort zu Hause gefühlt.
Ein Fehler, das wusste sie. Eigentlich hatte sie es sich abgewöhnt, sich an etwas zu binden, aber in dieses Fleckchen Erde hatte sie sich verliebt. Es war so wundervoll ruhig hier, dass sie den Bach plätschern hören konnte. So privat und abgelegen, mitten im tiefen Wald. Und sicher.
Sie hatte sich selbst um die Sicherheit gekümmert, denn sie vertraute sonst keinem.
Na ja, dachte sie, als sie das Auto anhielt. Außer Bert.
Der große Hund saß auf der überdachten Veranda des zweistöckigen Hauses. Aufmerksam und angespannt. Als sie aus dem Auto stieg, gab sie ihm das Zeichen, sich zu entspannen. Er sprang auf sie zu, und sein hundertdreißig Pfund schwerer Körper wackelte vor Freude.
»Da ist mein guter Junge. Der beste Hund auf der Welt. So klug. So klug ist er!« Sie streichelte ihn und holte dann ihre Einkaufstasche aus dem Wagen. »Du glaubst es nicht, was ich für einen Morgen hatte!«
Sie nahm ihre Schlüssel heraus, und sie gingen zusammen zum Haus. »Ich denke an nichts Böses, kaufe Vorräte ein, und da kommt doch wahrhaftig der Polizeichef in den Supermarkt, um mich zu verhören. Na, wie findest du das?«
Sie entriegelte die Tür. Dann betrat sie das Haus und deaktivierte den Alarm mit einem Code, den sie alle drei bis fünf Tage änderte.
»Ja, das habe ich auch gedacht.« Sie verschloss die Tür, aktivierte den Code wieder und legte den Riegel vor. »Er war taktlos.«
Sie durchquerte den Wohnraum, den sie sich zur Entspannung eingerichtet hatte. Sie liebte es, sich dort bei einem prasselnden Kaminfeuer auf die Couch zu kuscheln, Bert zu ihren Füßen, und zu lesen oder eine DVD anzuschauen. Und sie brauchte nur umzuschalten, um das Bild von einer ihrer Sicherheitskameras auf dem großen Flachbildfernseher zu kontrollieren.
Sie ging nach hinten in die Küche, vor der sie statt eines Esszimmers einen zweiten Bürobereich eingerichtet hatte. Aus Gewohnheit überprüfte sie die Schlösser an der Hintertür, die Sicherungen an den Fenstern. Aber eigentlich hatte sie hier keine Angst. Trotzdem konnte es nicht schaden, wachsam zu sein. Sie schaltete den Küchenmonitor ein, damit sie die Sicherheitskameras überblicken konnte, während sie ihre Lebensmittel – was sie hatte kaufen können, bevor sie gestört worden war – wegpackte.
Sie gab Bert eines der Gourmet-Leckerchen, die sie in einer Blechdose aufbewahrte. Er merkte bestimmt den Unterschied zwischen ihnen und den billigeren Hundekuchen.
Als ihr Bodyguard hatte er nur das Beste verdient.
»Zuerst muss ich ein wenig arbeiten, um Geld zu verdienen. Und dann gehen wir raus und bewegen uns ein bisschen. Lass mir eine Stunde Zeit, und dann …«
Sie brach ab, und Bert spitzte die Ohren, als der Alarm piepste.
»Wir erwarten doch heute gar keine Sendung.« Sie legte die Hand auf die Pistole, die im Halfter an ihrem Gürtel steckte.
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