Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
nur schlucken.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie. »Ich habe behauptet, Valle zu beschützen, aber ich glaube, das habe ich gar nicht getan. Nicht in dem Augenblick. Ich stand unter Schock. Alles brannte, und Viv …«
Ihr versagte die Stimme. Chris konnte die schützende Mauer zwischen ihnen nicht länger aufrechterhalten. Er zog sie an seine Brust, während sie von gequältem Schluchzen geschüttelt wurde. Dass sie vor Kummer zitterte, drang ihm bis ins Herz. Er schlang die Arme um sie und genoss es, sie zu spüren, obwohl sie trauerte.
Salz brannte ihm in den Augen. Auch sein Schmerz war Trauer – die Trauer des Abschiednehmens. Wenn das alles war, was er bekommen sollte, alles, was von Rosa und ihm noch übrig war, dann würde er sich jedes kostbare Detail einprägen.
Ihr letztes Schluchzen verklang. Sie hob langsam das Gesicht und wischte sich verstohlen die Tränen ab. Ihre Augenlider waren rot gerändert. Sie zog die Nase hoch, aber sie wich nicht vor ihm zurück.
Chris wusste, dass es nicht von Dauer sein würde. Bald würde ihr klar werden, wen sie im Arm hielt – was sie im Arm hielt.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie noch einmal. »Ich habe nicht mehr geweint, seit …«
»Schon gut.«
Er nahm all seine Kraft zusammen und tat, was er tun musste, machte den Schritt, damit sie nicht dazu gezwungen war. Er schob sie sanft von seinem Oberkörper weg und milderte sein unverblümtes Vorgehen dadurch ab, dass er ihr die Oberarme streichelte, bevor er sie ganz losließ.
»Steht die Planung?«, fragte sie. »Wissen die Bravos, was sie zu tun haben?«
Da war sie wieder. Chris freute sich. Wenigstens wusste er, wo er mit la jefa stand.
»Ja, sie sind zum Aufbruch bereit. Munition und Benzin sind knapp, aber wenn wir zu Fuß hingehen, ist das kein Problem. Es wird schlimm werden. Messerkämpfe. Handgemenge. Aber um ehrlich zu sein: Ich glaube, dass die meisten Jungs es nicht anders wollen. Es ist nicht allein eine Befreiungsaktion, sondern zugleich erbitterte Rache.«
»Wie lange dauert der Weg zu Fuß?«
»Wir können mit dem Pick-up bis zur Grenze des Territoriums von Valle fahren. Von da aus sind es noch etwa fünf Kilometer. Vielleicht eine Stunde?« Er zuckte mit den Schultern. »Wenn sie so dumm und betrunken sind, wie wir hoffen, können wir sie wohl überrumpeln. Es sei denn …«
»Es sei denn?«
»Es sei denn, sie haben auch einen Gestaltwandler. Wenn sich in dem Lager irgendjemand aufhält, dessen Sinne mit meinen mithalten können, sind wir erledigt.«
Rosa hob das Kinn und sah ihm in die Augen. »Du willst etwas von mir. Was?«
»Zweierlei. Aber du musst wissen, dass ich nicht für mich selbst darum bitte.«
»¿ Qué? «
»Sobald wir in der Nähe sind, möchte ich vorausgehen, die Umgebung auskundschaften und sicherstellen, dass wir ohne Vorwarnung angreifen können.«
»Gut. Was noch?«
»Du musst dabei hinter mir stehen. Bei allem.« Er rieb sich den Nacken, als ob alle Augen von Valle ihn bohrend anstarrten. Er hatte sich nie ausgelieferter gefühlt als in dem Augenblick, als die Bravos über ihn abgestimmt hatten, aber er wusste, dass er für Rosa auch nicht einfacher gewesen sein konnte. »Bei der Abstimmung gab es nur drei Stimmen Mehrheit dafür, mich mitzunehmen. Aber zusammen müssen wir allen die richtige Einstellung für den Kampf vermitteln: als Team zu arbeiten.«
Sie schwieg lange Zeit und starrte einfach sein Brustbein an. Pläne, Kämpfe und Unausgesprochenes huschten über ein Gesicht, das sanft und hart zugleich war. Dann straffte sie die Schultern und nickte. »Eigentlich gab es vier Stimmen Mehrheit dafür, dich mitzunehmen. Es hat sich nur niemand die Mühe gemacht, mich zu fragen, wofür ich stimme.«
Chris runzelte die Stirn. Ich höre wohl nicht recht.
»Vielleicht ist es meine eigene Schuld«, sagte sie. »Da ich so lange la jefa war, sind sie wohl davon ausgegangen, dass ich gegen jedes Ergebnis, mit dem ich nicht einverstanden war, mein Veto einlegen würde.«
Sie hatte ihren Dank abstatten und ihre Entschuldigung vortragen müssen. Sie hatte eine Schulter gebraucht, an der sie sich ausweinen konnte. Und nun benötigte sie das beste Werkzeug für den Job. Das alles war mehr, als er zu hoffen gewagt hatte, aber unabhängig davon, wie sehr ihm angesichts ihrer widerstrebenden Billigung leichter ums Herz wurde, wusste Chris doch, dass noch nichts wieder so war wie zuvor.
Er atmete schwer aus. »Gut. Danke.«
»Aber ich bestehe darauf, dass du Ex
Weitere Kostenlose Bücher