Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
ihm«, befahl sie. »Ich kann sehen, dass er das hier nicht ernst nimmt.«
»Was? Ich war müde.«
Rio und der andere Mann rissen ihn auf die Beine. Das Blut schoss Chris in den Kopf, und ihm tanzten Pünktchen vor den Augen, die so schnell blinkten, wie er blinzelte – Nahrungsmangel, Wassermangel. Was sie ihm gegeben hatten, war nicht genug gewesen, um die Nachwirkungen langer, entbehrungsreicher Monate auszugleichen. Aber er konnte seinem Schwindelgefühl nicht nachgeben. Er hatte zu viel zu beweisen, obwohl er keine Ahnung hatte, warum er diese Frau beeindrucken wollte.
Rosa stand nun direkt vor ihm. Sie reichte ihm kaum bis ans Kinn, aber ihr Selbstbewusstsein ließ sie wie eine Göttin wirken. Ungeachtet ihrer Körpergröße würde sie es jedem zeigen. Chris ertappte sich dabei, schon wieder grinsen zu wollen.
»Du wirst dich dem Test noch einmal unterziehen müssen. Schlaf bedeutet keinen Stress, deshalb können wir auch nicht feststellen, was zur Hölle du bist.«
»Nun sei nicht so dumm.« Er schüttelte die Hände seiner Bewacher ab. »Wenn du tatsächlich auf diese Weise überprüfst, wer Bürger deiner Stadt werden darf, dann garantiere ich dir, dass ungefähr zehn Prozent der Einwohner Gestaltwandler sind.«
Ihre reifen, vollen Lippen öffneten sich. Sie nickte ihren Wachen zu und sagte: »Raus mit euch.«
» Jefa …«, begann Brick.
»Wartet draußen auf uns.«
Brick und Rio stiegen aus dem Keller. Ein Streichholz flammte auf, und Rosa zündete eine Kerze an. Chris setzte sich wieder hin, die Finger im Schoß verschränkt.
Sie richtete die Pistole auf seine Brust – eine verdammt große Pistole, die besser zu Mason als zu ihren kleinen Händen gepasst hätte. Chris war sich sicher, dass er sich nicht auf Rosa hätte stürzen können, ohne dass sie ihm ein Loch in den Oberkörper gepustet hätte.
»Rede.«
»Ich trage seit verdammt langer Zeit dieselben Kleider und würde es zu schätzen wissen, mich erst einmal waschen und rasieren zu können und etwas zu essen zu bekommen.«
»Sicher.« Ihre Worte waren tödlich sanft.
»Ich erzähle dir auch alles, was du wissen willst.« Er riskierte einen weiteren Blick auf ihren sehnigen Körper. »Nicht dass es eine Rolle spielt.«
Ihre Finger schlossen sich enger um den Pistolenknauf. »Was zur Hölle soll das heißen?«
»Du sperrst Leute in einen Keller, in der Hoffnung, dass sie sich dort verwandeln werden. Das ist, als ob man eine Frau ins Wasser wirft, um festzustellen, ob sie eine Hexe ist. Du gehst vom bloßen Hörensagen aus, und mir ist meine Zeit zu schade dafür, so viele Fehlinformationen zu korrigieren.« Er streckte die Beine aus. »Also werde ich vielleicht nur ein paar Sachen eintauschen und dann weiterziehen.«
»Du täuschst dich, wenn du annimmst, hier das Kommando zu führen.«
»Ich täusche mich nicht, Jefa . Du führst das Kommando.«
Er konnte sehen, wie ihr Verstand arbeitete und abwägte, ob seine Worte Sarkasmus oder Respektlosigkeit enthielten. Sie würde beides nicht darin finden. Das verdau mal schön, Chefin. Der Zorn auf ihrem Gesicht wich Unlust, und sie verlagerte ihren Griff, was bei jemandem, der so kühl und ruhig war, schon einem nervösen Zappeln gleichkam.
»Du hast Nerven, pendejo !«
»Ich dachte, eine Frau wie du würde Offenheit zu schätzen wissen.«
Sie sah finster drein. »Eine Frau wie ich?«
Chris breitete die Hände mit erhobenen Handflächen unterwürfig aus. Aber so fühlte er sich nicht. Er fühlte sich wie aufgeladen. Sich ein Wortgefecht mit Rosa zu liefern war … lebensnotwendig . Ein Grund, morgens aufzuwachen – und das war etwas, das er seit Langem nicht mehr hatte.
»Deine Entscheidung betrifft jeden in der Stadt. Ich habe nicht vor, dir den Job noch zu erschweren.«
» Jefa !«, ertönte Bricks Stimme. Dann begann eine Glocke zu läuten.
»Ein Alarm?«, fragte Chris.
Rosa zögerte und ließ rasch den Blick von Chris zu der Luke über ihnen schweifen. »Wir nennen sie Höllenhunde. Dios , wir haben sie seit mindestens sechs Monaten nicht mehr gesehen. Ich weiß nicht genau, was sie sind.«
Ich weiß, was sie einmal waren. Die Dämonenhunde waren einst Menschen gewesen, aber unter dem Einfluss der Magie des Wandels zu Ungeheuern geworden. Schlimmer noch, sie waren einst Kriminelle gewesen – der übelste Teil der Menschheit, der eine wilde Form angenommen hatte, die seiner bestialischen Natur entsprach.
Aber Rosa war vielleicht nicht bereit, das zu hören, und vielleicht
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